BÖRSE ONLINE: Bechtle hat gerade sehr ansehnliche Eckzahlen für 2015 vorgelegt. Für 2016 soll es erneut "deutlich" nach oben gehen. Was heißt das konkret?
Thomas Olemotz:
Unter "deutlich" verstehen wir einen Zuwachs von mindestens fünf Prozent. Das schließt aber ausdrücklich auch höhere Wachstumsraten mit ein.Aber es gibt ja durchaus ein paar Risiken. Sie haben im Vorjahr einen Großauftrag mit Volkswagen gemeldet. Wegen des Abgasskandals steckt der Konzern aber inzwischen in einer tiefen Krise. Beobachter erwarten Kürzungen überall. Wie besorgt sind Sie, dass die Krise auch auf Sie durchschlägt?
Zunächst: Wir sprechen hier über einen Rahmenvertrag für die Marken Volkswagen, Audi und MAN mit einer Vertragslaufzeit von vier Jahren. Die Vereinbarung sieht IT-Service-leistungen für rund 100 000 PC-Arbeitsplätze vor, die inzwischen allesamt in die Betreuung durch Bechtle übergegangen sind.
Das heißt …?
… dass wir das Risiko als sehr eingeschränkt ansehen, denn der Service rund um die PC-Arbeitsplätze ist kaum verzichtbar. Im Übrigen sehen wir unverändert weiteres Potenzial, das bestehende Geschäft auszuweiten.
Bechtle ist in den vergangenen Jahren auch über Zukäufe stark gewachsen. Sie haben in der Vergangenheit mehrfach deutlich gemacht, dass Sie weiter zukaufen wollen. Doch abgesehen von einer kleineren Übernahme im zweiten Halbjahr ist es hier zuletzt deutlich ruhiger geworden?
Stimmt. Aber das liegt nicht daran, dass wir unsere Strategie geändert haben. Wir schauen uns kontinuierlich mögliche Kandidaten an. Alleine im vergangenen Jahr dürften es rund 30 Firmen gewesen sein. Und da spreche ich nicht von einem anonymisierten Kurzprofil, sondern von einer intensiveren Beschäftigung. Insofern sind Zukäufe für uns Teil des Tagesgeschäfts.
Allerdings sind die Kaufpreise zuletzt durch die Decke gegangen. Sie dürfen ja nicht vergessen: Es gab eine lange Aufwärtsphase an den Börsen, die Unternehmen verdienen gut und es ist viel billiges Geld im Markt. Das schlägt sich in historisch hohen Bewertungsrelationen wider. Die Versuchung, in einem solchen Umfeld Unsinn zu machen, ist relativ groß. Daher würde ich es positiv sehen und sagen: Wir haben uns bislang erfolgreich diesem Umfeld entzogen.
Wo würden Sie sich gerne verstärken?
Wir werden im Systemhaus-Umfeld bei Unternehmenskäufen auch weiterhin den Fokus auf Deutschland, Österreich und die Schweiz legen.
Was könnten Sie sich denn da leisten?
Ohne unser Rating zu verschlechtern, könnten wir im aktuellen Zinsumfeld 250 bis 350 Millionen Euro problemlos stemmen. Wenn man zusätzlich über Eigenkapital oder eigenkapital-nahe Finanzierungsformen nachdenkt, wäre unser Spielraum noch viel größer.
Die Familie von Bechtle-Mitgründer Gerhard Schick hat zwischenzeitlich rund zehn Prozent der Anteile an Cancom gehalten. Das hat die Spekulation um ein mögliches Zusammengehen mit Ihrem Wettbewerber entfacht. Ist da was dran?
Von außen betrachtet, würden beide Unternehmen durchaus zusammenpassen. Aber wie Sie richtig gesagt haben, ist diese Beteiligung inzwischen wieder abgebaut. Daher entbehren entsprechende Spekulationen jeder Grundlage.
Sie peilen bis 2020 fünf Milliarden Euro Umsatz an, eine nachhaltige Vorsteuermarge von fünf Prozent und 10.000 Mitarbeiter. Davon liegen Sie aktuell noch deutlich entfernt. Wie wollen Sie diese Ziele erreichen?
Wir werden auch weiterhin schneller wachsen als der Markt. Dazu kommen Akquisitionen. Wenn wir die Wachstumsraten der vergangenen Jahre als Grundlage nehmen, sind wir von der Fünf-Milliarden-Marke gar nicht mehr so weit weg.
Insgesamt bräuchten Sie dazu 13 bis 14 Prozent Umsatzplus pro Jahr. Das ist ziemlich sportlich.
Ja. Aber in den vergangenen Jahren sind wir im Schnitt um rund 10,5 Prozent gewachsen - und zwar ohne nennenswerte Akquisitionen. Wenn wir entsprechende Zukäufe einrechnen, bleibt unser Langfristziel immer noch sportlich - aber absolut machbar.