Das einzig Beständige im Leben ist der Wandel. Diese Binsenweisheit gilt auch für die Fondsbranche. Immer wieder schaffen es Portfolios, über mehrere Jahre mit toller Wertentwicklung zu glänzen und damit das Interesse der Anleger auf sich zu ziehen. Macht die Fondsgesellschaft marketingtechnisch nicht alles falsch, können dann schnell große Anlagesummen in den Fonds fließen. Ist aus dem Portfolio schließlich ein veritables Dickschiff geworden, wird es spannend.
Denn laut einer weitverbreiteten Ansicht schadet die Größe eines Fonds seiner Wertentwicklung. Je mehr Anlegermilliarden in ein Portfolio fließen, desto stärker ist der Fondsmanager unter Druck, dieses Geld auch sinnvoll anzulegen. Häufig muss er dann auf Titel mit hoher Marktkapitalisierung zurückgreifen, auch wenn er aktuell vielleicht gar nicht investieren will oder chancenreichere, kleine Werte bevorzugt.
Wenn ein Portfolio auf den Erfolgspfad eingeschwenkt ist und zunehmend Kapital anzieht, schauen erfahrene Fondsanalysten deshalb gern darauf, ob die Strategie auch mit höheren Anlagevolumina erfolgreich umgesetzt werden kann. "Problematisch wird es, wenn sich der Fonds in einem relativ engen Anlagesegment bewegt oder sich auf kleinere Unternehmen ausgerichtet hat", sagt Jan Richter, Analyst beim Beratungshaus Fondsconsult, das für €uro am Sonntag die FondsNote berechnet. "In diesem Fall empfehlen wir unseren Kunden, wachsam zu sein."
Legt ein Portfolio dagegen in weltweite Konzerne mit hoher Marktkapitalisierung oder hochliquide Staats- und Unternehmensanleihen an, bringt ihn auch ein milliardenschweres Fondsvermögen nicht aus dem Tritt. Die Fondsklassiker, die €uro am Sonntag unter die Lupe nimmt, sollten keine volumenbedingten Probleme haben. Dieser Meinung ist auch Fondsanalyst Richter: "Die Portfolios bewegen sich allesamt in großen und liquiden Märkten."
Vielmehr kommt es bei ihnen auf die Person des Fondsmanagers, die Investmentstrategie und das Marktumfeld an. Teilweise häufige Fondslenkerwechsel offenbaren die Bemühungen von Gesellschaften, eine volumenstarke, aber vielleicht nicht mehr so erfolgreiche Strategie wiederzubeleben.
Fonds für wichtige Anlagesegmente
Im Folgenden hat die Redaktion sechs milliardenschwere Portfolios ausgesucht, die im Anlegerinteresse stehen oder bis vor wenigen Jahren noch standen und die in vielen deutschen Depots zu finden sind. Gemeinsam ist ihnen, dass sie jeweils den Einstieg in ein wichtiges Anlagesegment ermöglichen.
So lässt sich der heimische Aktienmarkt mit dem DWS Deutschland abdecken. Europäische Anteilscheine holen sich Anleger mit dem Fidelity European Growth ins Depot, weltweite Aktien mit dem M & G Global Themes. Auf Titel aus den Schwellenländern setzt seit mehr als 25 Jahren der Comgest Magellan. Als Klassiker im Bereich der Mischfonds gilt der Carmignac Patrimoine. Bei den weltweiten Anleihen nimmt diese Rolle der Templeton Global Bond ein.
Wer auf die langfristige Wertentwicklung dieser Fonds blickt, stellt schnell fest, dass deren Beliebtheit nicht von ungefähr kommt. So konnten ausdauernde Anleger zum Beispiel mit dem Fidelity European Growth seit Auflage 1990 mehr als 1.000 Prozent Plus erzielen - nach Gebühren wohlgemerkt.
Freilich nützt die Performance der Vergangenheit jenen nichts, die sich aktuell für den Fonds interessieren. Für sie ist wichtiger, wie sich das Portfolio in jüngerer Vergangenheit geschlagen hat. Eine Lupengrafik zeigt deshalb gesondert die Wertentwicklung des Fonds gegenüber einem Vergleichsindex in den vergangenen drei Jahren.
Bei der Einschätzung des jeweiligen Portfolios konnten wir auf Kurzanalysen von Fondsconsult-Mann Richter zurückgreifen. Fällt das aktuelle Fazit weniger gut aus, nennt die Redaktion eine empfehlenswerte Fondsalternative.
DWS DEUTSCHLAND:
Grenzen ausgereizt
Wer mittels Fonds auf deutsche Aktien setzen will, hat bei der DWS die Qual der Wahl. Denn gleich mehrere Portfolios zielen auf die heimischen Börsen: das Urgestein Investa (nach "grüner" Umwidmung: DWS ESG Investa), der DWS Aktien Strategie Deutschland oder der DWS Deutschland nebst seiner Luxemburger Variante DWS Invest German Equities.
Der wesentliche Unterschied liegt in der Beimischung von Neben- werten zu den Aktien der großen DAX-Konzerne. Hier liegt der DWS Deutschland in der Mitte zwischen Investa (stark DAX-lastig) und Aktien Strategie Deutschland (höhere Nebenwerte-Quote). Er soll eine ausgewogene Charakteristik bieten.
Mehr als 100 Prozent investiert
Fondsmanager Tim Albrecht unternimmt trotzdem alles, um den breiten deutschen Markt zu schlagen. Dazu gehört, die Investitionsquote mit dem Einsatz von Derivaten auf über 100 Prozent anzuheben und mögliche Gewinne zu hebeln. Im jüngsten Factsheet etwa ist ein Investitionsgrad von 109 Prozent ausgewiesen. Albrecht gelang es mit seinem aktiven Management, "über viele Jahre hinweg eine überdurchschnittliche risikoadjustierte Performance zu erzielen", lobt Jan Richter vom Analysehaus Fondsconsult.
Doch in den vergangenen zwei Jahren waren die Ergebnisse nicht mehr ganz so überzeugend. Richter datiert den Beginn der Performanceschwäche auf das vierte Quartal 2018. Zu dieser Zeit entschied sich Albrecht, doch bei der DWS zu bleiben, nachdem vorher bereits verkündet worden war, dass er zur Privatbank Berenberg wechselt.
Hinzu kommt, dass der DWS Deutschland in das Skandalunternehmen Wirecard investiert war und dabei die "regulatorischen Grenzen stark ausgereizt wurden", so Richter. Im Januar betrug der Anteil von Wirecard kurzfristig mehr als zehn Prozent im Fonds. "Auch wenn der daraus resultierende negative Beitrag auf die Wertentwicklung des Fonds einigermaßen moderat ausfiel, sehen wir das eingegangene spezifische Risiko als deutlich zu hoch an", kritisiert Richter.
Wer eine Alternative zu dem aktuell mit FondsNote 4 bewerteten DWS-Fonds sucht, könnte zum Fidelity Germany greifen.
FIDELITY EUROPEAN GROWTH:
Fokus auf Qualität und günstiger Bewertung
Mit 6,2 Milliarden Euro Anlagevermögen zählt der Fidelity European Growth noch immer zu den größten Europa- Aktienfonds. Auch in Beliebtheitsrankings taucht er regelmäßig auf, wenn auch nicht mehr auf den vordersten Plätzen. Es ist ruhiger geworden um den einstigen Topseller.
Vor genau 30 Jahren - am 1. Oktober 1990 - aufgelegt, verdankt der Fonds sein Renommee Starmanager Anthony Bolton, der das Portfolio nach Gründung zwölf Jahre lang lenkte. Aktuell ist mit Matthew Siddle der vierte Fondsmanager am Ruder. Er ist seit 2012 für die Strategie verantwortlich. Zuvor leitete er den Fidelity European Larger Companies, der in die großen Unternehmen des Kontinents investiert.
Entsprechend seiner Expertise stellte Siddle beim European Growth den Investmentansatz um: "Im Anlagefokus stehen nun fast ausschließlich großkapitalisierte Qualitätsunternehmen mit attraktiver Bewertung", erklärt Jan Richter von Fondsconsult. Dabei schaut Siddle auf qualitative Kriterien einer Firma wie die Eigenkapitalrendite oder nachhaltiges strukturelles Wachstum. Da er zudem auf eine günstige Bewertung achtet, verfolgt er eher einen Value- als einen Growth-Ansatz, wie ihn der Portfolioname suggeriert.
"Grundsätzlich eignet sich der Fonds als europäisches Basisinvestment für Large Caps", urteilt Richter. "In den letzten Jahren erhielt er jedoch Gegenwind durch die Underperformance von Value." Das Ergebnis: Aktuell trägt der European Growth FondsNote 3, was einer befriedigenden Leistung entspricht.
Eine in den vergangenen Jahren überzeugendere Alternative im Bereich der Europa-Aktienfonds bietet der Comgest Growth Europe Opportunities (ISIN: IE 00B 4ZJ 418 8; aktuelle FondsNote 1). ah
M & G GLOBAL THEMES:
Solide Neuausrichtung
Dass der M & G Global Themes als Fondsklassiker auftaucht, mag einige Leser verwundern. Denn das Produkt, das derzeit mit FondsNote 3 bewertet wird, ist nicht jedem bekannt. Doch dahinter steckt eine der größten Erfolgsgeschichten der Fondsbranche der vergangenen 20 Jahre.
Bis November 2017 firmierte der Fonds unter dem Namen M & G Global Basics. Dieser investierte weltweit in Unternehmen, die Produkte des täglichen Bedarfs und die dafür benötigten Rohstoffe produzieren. Das funktionierte bis zur globalen Finanzkrise blendend: Von Anfang 2003 bis Mitte 2007 verdreifachte der Fonds seinen Wert.
Doch danach wollte sich der Erfolg einfach nicht mehr einstellen. Von 2011 bis 2015 stagnierte der Anteilswert, der einstige Starmanager Graham French hatte bereits 2013 das Ruder abgegeben. Der Fokus auf Basisindustrien und die relative Schwäche der Schwellenländer, die die Nachfrage nach Grundstoffen zuvor angetrieben hatten, wurden für den Fonds zur Last.
Vor drei Jahren entschied sich M & G zu einem Kurswechsel. Der Name wurde geändert, das Konzept angepasst. Die Beschränkung auf bestimmte Wirtschaftszweige entfällt, stattdessen sollen die Investments langfristigen Trends folgen. Dazu zählen Alterung der Gesellschaft und Urbanisierung, Umwelt, Infrastruktur sowie Innovationen wie digitale Vernetzung und E-Mobilität.
Mit der mittelfristigen Rendite des Portfolios können Anleger zufrieden sein. Sie liegt auf drei und fünf Jahre oberhalb des Durchschnitts aller globalen Aktienfonds. Auch an der thematischen Ausrichtung gibt es nichts auszusetzen.
Auffällig ist die aktuelle Untergewichtung des Technologiesektors im Vergleich zum MSCI All Country World Index. Wer dort die größten Chancen erkennt, sollte sich einen anderen Weltfonds suchen, etwa den Morgan Stanley Global Opportunity (ISIN: LU 055 238 529 5). Alle anderen erhalten mit dem M & G Global Themes ein solides ausgewogenes Produkt für Zukunftstrends.
COMGEST MAGELLAN:
Suche nach strukturellem Wachstum
Der Magellan gilt als Urgestein unter den Schwellenländerfonds. Gut 25 Jahre ist es her, dass die französische Investmentboutique Comgest das Portfolio übernahm. Damals wie heute gilt derselbe Anlageansatz: Die Fondsmanager investieren in sogenannte Quality-Growth-Aktien. Das sind Anteilscheine von Unternehmen, die von strukturellen Trends profitieren und deren Gewinne dauerhaft mit zweistelligen Raten wachsen können. Dieses Wachstum soll von externen Faktoren wie Rohstoffpreisen und staatlichen Eingriffen möglichst unabhängig sein.
"Grundsätzlich mögen wir den langfristig orientierten Investmentansatz, der auf einer detaillierten Unternehmensanalyse und -bewertung beruht", äußert sich Fondsconsult-Analyst Jan Richter zu dem Portfolio. "In den letzten Jahren tat sich der Fonds aber schwer, mit der Indexentwicklung mitzuhalten."
Diese sei durch wenige hoch gewichtete Technologie- und Konsumunternehmen aus China getrieben worden, etwa Tencent oder Alibaba. "Im Fonds sind solche Titel aufgrund ihrer Bewertung und/oder Qualität nicht oder nur deutlich untergewichtet berücksichtigt", sagt Richter. Und noch einen Vorbehalt hat er: Wojciech Stanislawski, der seit dem Jahr 2000 im Management der Strategie involviert ist, zieht sich im Januar 2021 aus dem aktiven Portfoliomanagement zurück. Für Richter ist der Fonds deshalb aktuell nur eine "Halten"-Empfehlung.
Keine Scheu, in Titel wie Alibaba zu investieren, hat der erfolgreiche Vontobel mtx Sustainable Emerging Markets Leaders (ISIN: LU 057 108 541 3; FondsNote 1). Ihn empfiehlt die Redaktion als Alternative.
CARMIGNAC PATRIMOINE:
Frischer Wind beim Mischfonds-Klassiker
Das Jahr 2008 war ein Meilenstein für den Carmignac Patrimoine. Der Mischfonds beendete es leicht im Plus - eine Ausnahmeerscheinung in dem Jahr, in dem die Finanzkrise ihren Höhepunkt erlebte. In der Folgezeit schwoll das Portfolio auf mehr als 30 Milliarden Euro an, die Anleger kamen in Scharen.
Doch die Herrlichkeit währte nicht lange. Seit 2010 konnte der Fonds unter der Leitung von Firmengründer Edouard Carmignac nicht mehr an die früheren Erfolge anknüpfen und das Vermögen schmolz dahin. Heute verwaltet das Produkt nur noch knapp zehn Milliarden Euro - zwar noch immer eine gewaltige Summe, doch weit entfernt von den Glanzzeiten.
Inzwischen hat die französische Vermögensverwaltung reagiert. Edouard Carmignac hat sich zurückgezogen, seit zwei Jahren ist David Older für die Aktienseite des Portfolios verantwortlich. Der Manager setzt auf Unternehmen, denen es gelingt, auch in Zeiten schwacher Konjunktur zu wachsen. Damit hat er dem Aktiensegment, das zuvor Hauptgrund für die schwache Performance war, neuen Schwung verliehen.
Darüber hinaus hat die Gesellschaft ein strategisches Investmentkomitee installiert. Das fünfköpfige Expertengremium soll den Fondsmanagern dabei helfen, volkswirtschaftliche Einschätzungen in konkrete Anlageideen umzumünzen.
"2020 war ein perfekter Lackmus-Test für diese Änderungen", sagt Didier Saint-Georges, Managing Director bei Carmignac. "In den ersten Wochen des Jahres haben wir das Marktrisiko reduziert", berichtet er. "Und als deutlich wurde, dass die Politik mit Konjunkturhilfen gegen den wirtschaftlichen Schaden vorgeht, sind wir wieder eingestiegen, weil mit einer Erholung der Märkte zu rechnen war." Im laufenden Jahr liegt der Carmignac deshalb fast fünf Prozent im Plus, während die Vergleichsgruppe der ausgewogenen Mischfonds rund drei Prozent an Wert verloren hat.
"Nach der Anpassung des Investmentprozesses empfehlen wir, sich jetzt vom Fonds nicht mehr zu verabschieden, sondern dabeizubleiben", kommentiert Jan Richter von Fondsconsult.
TEMPLETON GLOBAL BOND:
Viel Risiko und zuletzt wenig Fortune
In den Jahren nach der Finanzkrise nahm der Templeton Global Bond Fund richtig an Fahrt auf. Mit einem Volumen von bis zu 30 Milliarden Euro galt das Anleiheportfolio von 2011 bis Anfang 2014 als größter Fonds Europas. Heute sind noch knapp acht Milliarden Euro in der Strategie angelegt.
Zweifellos hat die lange Phase fallender Renditen und steigender Kurse bei Anleihen die Nachfrage nach Fonds wie dem Global Bond getrieben. Doch daneben schaffte es Portfoliolenker Michael Hasenstab, mit gezielten Wetten eine herausragende Langfrist-Performance zu erzielen. So war er in der Euro-Krise überzeugt, dass sich Irland schnell wieder erholen würde, und kaufte in großem Stil Staatsanleihen des Landes. Auch im Fall von Ungarn und der Ukraine positionierte sich Hasenstab konträr zum Markt.
Etliche seiner Makrowetten gingen auf und bescherten den Fondsanlegern gute Gewinne. 2019 jedoch erwischte es den Starfondsmanager kalt: Bei einem Kursrutsch argentinischer Anleihen verlor er an einem einzigen Tag im August 1,8 Milliarden Dollar in seinem Fonds. Den Templeton Global Bond will Hasenstab seit vergangenem Jahr defensiver positioniert haben.
Trotzdem musste das Portfolio auch während der Corona-Krise deutliche Kursverluste verkraften und nahm nicht an der anschließenden Erholung teil. "Abermals haben hierzu falsche Positionierungen auf der Zins- und Währungsseite beigetragen", urteilt Fondsconsult-Anlyst Jan Richter. Aus seiner Sicht sprechen aktuell keine Gründe für ein Investment in den Fonds.
Eine Alternative zu dem derzeitigen Note-5-Fonds bietet der M & G Global Macro Bond (ISIN: LU 167 071 961 3, FondsNote 3), der mit stetigerer Wertentwicklung überzeugt.