Die Bilanz für das erste Quartal wird Ingenieursdienstleister Bilfinger am 11. Mai präsentieren. Die Eigentümer des während der vergangenen Jahre arg gebeutelten Firma werden schon in wenigen Tagen, auf der virtuellen Hauptversammlung am 15. April, ihr Votum abgeben: über das von Corona geprägte Geschäftsjahr 2020 und den überraschenden Rückzug von Chef Tom Blades. Der erfolgreiche Sanierer hatte im Januar erklärt, seinen im Sommer auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen und den Aufsichtsrat gebeten, ihn mit sofortiger Wirkung vom Chefposten zu entbinden. Bilfinger-Finanzvorständin Christina Johannson ist seitdem zusätzlich Chefin des Mannheimer Konzerns. Auf eigenen Wunsch nur so lange, bis ein Nachfolger für Blades gefunden ist. Blades und Johannson haben das Geschäftsmodell des Ingenieursdienstleisters, der in verschiedene Branchen aktiv ist, stabilisiert.
Aus dem Pipelineprojekt Nordstream 2 stieg Bilfinger zusammen mit 17 weiteren Firmen im Februar aus. Wegen ihrer Beteiligung am Bau der russischen Gaspipeline werden viele Unternehmen von der US-Regierung mit Sanktionen belegt. Bilfinger fährt knapp ein Fünftel von 3,5 Milliarden Euro Umsatz auf dem US-Markt ein. Eine weitere Mitarbeit an Nordstream 2 erschien den Mannheimern daher zu riskant.
Endlich wieder Wachstum
Freuen dürfte die Aktionäre, dass Bilfinger für das laufende Geschäftsjahr erstmals seit Langem wieder ein deutliches Umsatzwachstum in Aussicht stellt. Im vergangenen Jahr waren die Erlöse noch um ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr geschrumpft. Allerdings werden die freien Mittelzuflüsse, der sogenannte Free Cashflow, im Vergleich zu 2020 wieder sinken. Johannson bestätigte jedoch die Ziele für 2024: mehr als fünf Milliarden Euro Umsatz, mindestens fünf Prozent operative Rendite (Ebitda), acht bis zehn Prozent Kapitalrendite (ROI) sowie mehr als 200 Millionen Euro freie Mittelzuflüsse. Zudem will Bilfinger bei der Kreditbonität ein Investment-Grade-Rating.
Um zu wachsen, muss 2021 allerdings mehr investiert und das Betriebskapital erhöht werden. Im vergangenen Jahr wurde hier geknausert, um die freien Mittelzuflüsse von 57 auf 93 Millionen zu erhöhen. Auch der Verkauf von Bilfingers ehemaliger Gebäudemanagementsparte Apleona stärkte die Bilanz. Die Sparte wurde 2016 an Finanzinvestor EQT veräußert, Bilfinger blieb jedoch zu 50 Prozent beteiligt. Nun verkaufte EQT Apleona an PAI Partners. Der Deal brachte Bilfinger 210 Millionen Euro Buchgewinn ein.
Für die Hauptversammlung ist Chefin Johannson gut gerüstet. 2020 blieben 99 Millionen Euro Nettogewinn in der Kasse. Das meiste davon sollen die Aktionäre erhalten. Mit 1,88 Euro pro Aktie ist die Ausschüttung im Vergleich zu den zwölf Cent für 2019 viel höher. So erhalten die Eigentümer, wie vom Vorstand in Aussicht gestellt, für beide Jahre jeweils mindestens einen Euro Dividende pro Aktie, auch ein Signal für mehr Stabilität, vor allem an die Adresse der Finanzinvestoren Cevian und Ena Capital, die 26,8 und zwölf Prozent der Anteile halten.
Potenzielles Übernahmeziel
Bilfingers Sanierung soll das Interesse des Rivalen Altrad und verschiedener Finanzinvestoren geweckt haben. Chef Blades lehnte einen Verkauf klar ab, seine Nachfolgerin legt sich nicht fest. Großaktionär Cevian hatte am Investment bisher wenig Freude und könnte bei einer attraktiven Offerte einem Verkauf zustimmen.
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Kursziel: 39,00 Euro
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