Seinem Kollegen Heinz-Gerd Sonnenschein von der Postbank zufolge müssen sich Investoren aber noch etwas gedulden. "Die Märkte haben seit dem Sieg von Emmanuel Macron bei der ersten Wahlrunde im April schon einiges eingepreist." Außerdem müsse sich der europafreundliche Politiker für seine geplanten Reformen noch eine parlamentarische Mehrheit organisieren, betont Axel Angermann, Chef-Volkswirt des Vermögensverwalters Feri. Daher richteten Investoren ihre Aufmerksamkeit bereits auf die Wahlen zur Nationalversammlung im Juni.

HOFFNUNG AUF WACHSTUMSSCHUB NACH MACRON-SIEG



Am Markt gilt als sicher, dass Macron bei der Stichwahl am Sonntag über Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National triumphiert. Der Optimismus der Investoren verhalf dem Dax in der alten Woche zu einem Kursplus von etwa 1,5 Prozent und trieb ihn zeitweise auf einen Rekord von 12.648,22 Punkten. Der Pariser Auswahlindex CAC40 notierte mit 5372,42 Zählern zeitweise so hoch wie zuletzt vor knapp neuneinhalb Jahren. Der Euro markierte ein Sechs-Monats-Hoch von 1,0989 Dollar.

Mit einem Wahlsieg Macrons stiegen die Chancen auf Wirtschaftsreformen, betont Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. "Es muss dabei auch nicht unbedingt der große Wurf sein. Gezielte Liberalisierungsschritte am Arbeitsmarkt könnten am Ende große Wirkung zeigen und für neue Dynamik der zuletzt lahmen französischen Volkswirtschaft sorgen." Davon würde die gesamte Euro-Zone profitieren.

BILANZSAISON LÄUFT WEITER AUF VOLLEN TOUREN



Im Fokus der Anleger stehen erneut jede Menge Firmenbilanzen: So legt rund ein Dutzend Dax-Werte in der neuen Woche Zahlen vor. Dazu gehören unter anderem die Commerzbank, Münchener Rück und E.ON(jeweils Dienstag), sowie Deutsche Telekom (Donnerstag) und Allianz (Freitag). Im Ausland öffnen noch einige Nachzügler ihre Bücher wie Walt Disney am Dienstag. Am Freitag gibt außerdem der weltgrößte Stahlkocher ArcelorMittal seine Quartalsergebnisse bekannt.

Bislang hat rund die Hälfte der europäischen Großkonzerne Zahlen vorgelegt. Reuters-Daten zufolge übertrafen rund 80 Prozent von ihnen beim Umsatz die Markterwartungen. Unter den Industrie-Unternehmen liegt die Quote sogar bei über 95 Prozent. Experten rechnen für das erste Quartal mit einem Gewinnplus von durchschnittlich knapp 14 Prozent. Damit bewegen sich heimische Konzerne auf Augenhöhe mit der US-Konkurrenz.

KONJUNKTURDATEN SPIELEN NUR DIE ZWEITE GEIGE



Angesichts dieser Zahlenflut treten die anstehenden Konjunkturdaten etwas in den Hintergrund. Auf dem Terminplan stehen am Montag die Auftragseingänge der deutschen Industrie. Am Tag darauf folgen die Zahlen zur Industrieproduktion. "Die bis zuletzt sehr positiven Stimmungsindikatoren sprechen dafür, dass die deutsche Wirtschaft auch im Frühjahr spürbar zulegen wird", sagt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen.

Am Freitag sind die entsprechenden Daten aus der Euro-Zone an der Reihe. Dieser Tag steht außerdem ganz im Zeichen der Inflation: Sowohl Deutschland als auch die USA veröffentlichen Daten zur Teuerung. Dies könnte Spekulationen um die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Fed neue Nahrung geben. Zum Wochenschluss stehen zudem die US-Einzelhandelsumsätze auf der Agenda. Der private Konsum gilt als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft.