Der Speicherplatzanbieter und Cloud-Spezialist Box zielt mit seinem Angebot vor allem auf Großkunden ab. Unter den 100 000 Kunden finden sich prominente Namen wie Coca-Cola und Morgan Stanley. Mit immer mehr Zusatzdiensten wollen die Kalifornier ihren Service attraktiver machen.

Als Folge der Corona-Krise startete Anfang Mai die Fokussierung auf Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten. Eine neue Funktion heißt Annotations, mit der Box-Nutzer Kommentare zu über 100 verschiedenen Dateitypen hinzufügen können. Das hilft, wenn mehrere Mitarbeiter von verschiedenen Orten aus an derselben Datei arbeiten. Außerdem ist das beliebte Videokonferenztool Zoom integriert worden. 2019 kam das Sicherheitstool Box Shield dazu.

Der Umsatz legte im ersten Quartal um 13 Prozent auf 184 Millionen Dollar zu. Der Verlust reduzierte sich auf 26 nach vormals 37 Millionen Dollar. Der operative Cashflow hat sich auf 62 Millionen Dollar mehr als verdoppelt. Anleger begeistern sich für die Aktie, weil sie vom Homeoffice-Trend profitiert. BÖRSE ONLINE sprach mit Vorstandschef Aaron Levie.

BÖRSE ONLINE: Herr Levie, Ihnen werden ehrgeizige Langfristpläne nachgesagt. Aus Anlegersicht besonders interessant ist dabei die Frage: Wann wollen Sie die Profitabilität erreichen?
Aaron Levie: Im vergangenen Jahr waren wir profitabel, wenn auch nicht auf Basis der US-GAAP-Rechnungslegungsmethode. Dieses Jahr werden wir mehr Cashflow und Gewinn generieren. Wir planen, elf bis zwölf Prozent operative Marge zu erwirtschaften, das ist ein signifikanter Anstieg gegenüber dem Vorjahr.

Wo liegt aus Ihrer Sicht die Priorität: auf Wachstum oder auf Gewinnen?
Was wirklich interessant ist: Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir beides managen können, eben Wachstum und Profitabilität. Es gibt zurzeit keinen Zielkonflikt zwischen beidem. Das kann sich natürlich ändern. Aber im Moment können wir mehr Effizienz erreichen, während wir mehr skalieren. Wir wachsen weiter sehr stark.

Was hat sich durch die Corona-Krise geändert? Sie scheint für Cloud-Anbieter eher eine Chance zu sein.
Das Coronavirus hat offenkundig zu einer massiven Verlagerung zu Remote Work geführt, zum Arbeiten außerhalb der traditionellen Bürowelt. Das wiederum hat den Unternehmen vor Augen geführt, dass sie mehr Möglichkeiten brauchen, um Arbeit aufzuteilen und auszutauschen - und das von jedem Ort und von jedem denkbaren Gerät aus. Unsere auf Großkunden ausgerichtete Plattform hat hier einen signifikanten Vorteil: Wir sehen einen großen Nachfragetrend von großen Unternehmen. Kleine Unternehmen hingegen stehen unter enormem wirtschaftlichen Druck. Von kleinen Unternehmen sehen wir nicht diese Nachfrage wie von den großen Konzernen.

Sie fokussieren sich also auf die Bluechips?
Ja, wir machen den Großteil unserer Umsätze mit größeren Unternehmen aus den Bereichen Banken, Life Sciences und Healthcare, aber auch mit der öffentlichen Hand. Wir sehen momentan in allen diesen Sektoren ein sehr starkes Wachstum.

Analysten kritisieren aber, dass Ihr Umsatzwachstum von Quartal zu Quartal einen Tick zurückgeht, also weniger stark zulegt. Was entgegnen Sie?
Es ist gut, dass sie uns pushen wollen. Feedback ist sehr wichtig. Wir glauben, wir können durchaus noch schneller wachsen, als wir es derzeit tun. Wir entwickeln die richtige Produktstrategie und Kooperationen, um das zu schaffen.

Wenn es so gut läuft, warum erhöhen Sie nicht Ihren Ausblick für das laufende Jahr?
Wir wachsen - wie gesagt - sehr schnell mit Großkonzernen, etwas weniger stark mit kleineren Firmen. Wir sind sehr zufrieden mit unserem Umsatzwachstum im laufenden Jahr. In dem wirtschaftlich sehr kritischen Umfeld sind wir glücklich, so dynamisch zu wachsen, wie wir prognostiziert haben.

Ist der Cloud-Markt innerhalb der großen Unternehmen schon verteilt oder besteht noch Luft?
Wir glauben, es besteht sehr viel Luft, um zu wachsen. Viele Konzerne arbeiten noch auf alten, traditionellen Systemen. Aber sie werden auf die Cloud umstellen müssen, da sie alle auf Digitalisierung setzen - hier kommt Box ins Spiel. Das freut mich natürlich.

Die Großkonzerne müssten doch längst auf die Cloud umgestellt haben.
Die meisten unserer Kunden brauchen ein sehr sicheres Umfeld, um ihre Daten zu managen. Sie brauchen ein Compliance-System. Sie brauchen eine sehr fortschrittliche Sicherheitstechnik für ihren Content. Wir arbeiten mit unseren Kunden auf all diesen Gebieten zusammen. Unsere Plattform ist am besten dafür geeignet, um die gesamten Daten sicher über die Cloud zu verwalten, und das von jedem Ort der Welt, jeder Anwendung und jedem Endgerät aus.

Wie viele der Fortune-500-Firmen haben Sie als Kunden?
Fast 70 Prozent.

Und die übrigen 30 Prozent?
Wir werden definitiv versuchen, auch sie als Kunden zu gewinnen. Wir glauben, es gibt keine Firma auf diesem Planeten, der wir nicht helfen können. Manchmal ist es eine Frage der Zeit, bis wir sie als Kunde betreuen können. Wir arbeiten hart daran, allen Firmen weltweit zu helfen.

Können Sie ein aktuelles Beispiel für ein Großkundenprojekt nennen?
Im Moment arbeiten wie beispielsweise mit Konzernen wie AstraZeneca oder General Electric. Wir helfen ihnen, ihr Business effizienter in der Cloud zu erledigen. Sie können ihre Kunden zufriedener machen - entlang der gesamten Lieferkette.

Das Coronavirus führte zu einem abrupten Geschäftswandel hin zu mehr digitalem Business. Wie kamen Sie damit zurecht?
Wir laufen als Firma selbst vollständig über die Cloud. Wir nutzen Zoom, Slack, Boxed. Deshalb war es relativ einfach für uns, unsere Kunden schnell aus der Ferne zu erreichen.

Sie unterhalten weltweit Niederlassungen in etlichen Metropolen. Sind eigene Mitarbeiter von Ihnen an Covid-19 erkrankt?
Wir passen als Firma sehr auf die Gesundheit unserer Mitarbeiter auf. Unsere Belegschaft kann von zu Hause arbeiten. Wir machen Videokonferenzen. Generell sind unsere Mitarbeiter gesund geblieben.

Wie viel Kapazität haben Sie mit der vorhandenen Mannschaft noch?
Wir nutzen die Cloud, um weiter zu skalieren. Wir nutzen Cloud-Service-Provider und können so effektiv den Kunden dienen.

Die Frage zielte darauf ab, ob Sie weitere Mitarbeiter einstellen.
Wir stellen definitiv Mitarbeiter ein. Wir brauchen mehr Leute, die programmieren und innovieren. Wir haben im zurückliegenden Quartal mehr Software- und Programm-Updates gehabt, als wir normalerweise haben. Wir innovieren rapide zur Zeit. Es ist aufregend, so etwas zu erleben.

Könnten zu viele Neuerungen ihre Kunden nicht überfordern?
Wir bauen neue Features, damit unsere Kunden besser zusammenarbeiten können. Sie können ihre Arbeitsabläufe optimieren, ihre Geschäfte reibungsloser abwickeln. Das überfordert niemanden. Im Gegenteil: Die Kunden machen positive Erfahrungen mit unserer Plattform.

Wie wichtig ist Ihnen der Aktienkurs?
Mein Hauptaugenmerk liegt darauf, die Firma zu steuern und unseren Kunden zu dienen. Am Ende wird die Wall Street positiv oder negativ reagieren - basierend darauf, wie wir unsere Firma steuern. Wir denken langfristig. Wir wollen eine nachhaltig sehr erfolgreiche Firma aufbauen. Der kurzfristige Aktienkurs ist nicht so wichtig. Klar fühlt es sich gut an, wenn der Aktienkurs steigt. Aber wir konzentrieren uns auf die Kunden.

Starboard Value gilt als aktivistischer Investor und hat 7,6 Prozent Ihrer Aktien gekauft. Offenbar sieht der eine oder andere Institutionelle also noch Optimierungspotenzial.
Es gibt mehrere Investoren, die große Positionen aufgekauft haben. Wir arbeiten mit diesen Investoren zusammen. Wir sind dankbar für ihr Feedback. Wir wollen unsere Firma ja verbessern. Es läuft bislang extrem gut mit unseren Investoren.