Privatisierung ist das Zauberwort des neuen Präsidenten Brasiliens, Jair Bolsonaro. Seit seiner Amtseinführung Anfang Januar legt der mit rechtsradikalen und frauenfeindlichen Sprüchen auffallende neue Amtsinhaber ein hohes Tempo vor, um das Land umzukrempeln. Er stützt sich dabei vor allem auf seinen Superminister für Finanzen und Handel, Paulo Guedes, der als Befürworter von freiem Handel und groß angelegten Privatisierungen gilt.
Die Regierung kündigte an, den Versorger Centrais Eletricas und den Ölkonzern Petrobras ganz oder teilweise in die Hände privater Investoren zu geben. Geplant ist zudem, mit etwa 100 staatseigenen Unternehmen das Gleiche zu tun. Der zuständige Minister für Infrastruktur, Tarcisio Gomes de Freitas, will durch die Versteigerung von Flughäfen, Banken und Energiefirmen 1,5 Milliarden Euro einnehmen. Bereits in den kommenden Monaten soll damit begonnen werden.
Jedoch ist nicht sicher, ob das funktioniert wie geplant. Denn 60 Prozent der Bevölkerung sprechen sich gegen den Verkauf von Staatsfirmen aus. Noch mehr zählt aber, dass auch die Armee Vorbehalte hat. Da im Kabinett acht Ex-Militärs sitzen, ist deren Einfluss groß. Vor allem ausländische Kapitalgeber sind der Armee suspekt. Auch im Kongress verfügt Bolsonaro nicht über eine Mehrheit. Er kann aber auf viele mächtige Gouverneure zählen.
Machtkampf mit ungewissem Ende
"Guedes würde am liebsten alles privatisieren, um die hohen Staatsschulden zu verringern", sagt Alfredo Saad-Filho, Professor für Ökonomie an der Londoner SOAS-Universität. Allerdings findet hinter den Kulissen offenbar ein heftiger Machtkampf zwischen Unterstützern und Gegnern der Pläne von Guedes statt. Wer ihn gewinnt, ist völlig offen.
Bei den großen Staatsbanken ruderte sein Vorgesetzter Bolsonaro jedenfalls schon zurück und sagte, diese sollen doch nicht verkauft werden.
Unabhängig von der Durchsetzung ideologischer Interessen braucht das Land am Zuckerhut dringend Veränderungen. Das Haushaltsdefizit beträgt acht Prozent, die Staatsverschuldung 90 Prozent des BIP. Neben der Streichung von Sozialprogrammen steht vor allem die Reform der teuren Rentenversicherung im Fokus von Guedes. Im öffentlichen Dienst gehen Männer mit 55 und Frauen mit 50 Jahren in Rente. Das belastet den Staatshaushalt enorm.
Guedes will das Rentenalter anheben und statt des bisherigen Umlageverfahrens private Rentenfonds einführen, die das Geld der Beitragszahler verwalten. Das dürfte auf massiven Widerstand vor allem der öffentlich Bediensteten stoßen, die eine mächtige Lobby haben.
Die Börse hat die Vorhaben von Bolsonaro und Guedes mit einer Hausse auf ein Allzeithoch begrüßt. Das könnte verfrüht sein. Bisher sind es nur Pläne, von denen unsicher ist, welche durchsetzbar sind. Aber auch falls nur ein Teil in Kraft tritt, dürfte die Wirtschaft sich unter der marktliberalen Ägide weiter erholen. Gepaart mit Einsparungen und einigen Privatisierungen sollte dies zur Verbesserung der Staatsfinanzen führen. Davon profitieren die Landesdevise Real und Staatsanleihen.
Mit der Real-Anleihe der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) partizipieren Anleger (ISIN: XS1836421542). Der Ende 2021 fällige Bond bietet mit einem Kupon von 7,5 Prozent eine Rendite von 6,3 Prozent per annum. Der Mindestanlagebetrag beträgt 5.000 Real (ca. 1.190 Euro).