Seit Mai hinkt Berkshire Hathaway dem S&P 500 deutlich hinterher. Doch für Charttechniker und Fundamentalisten ergibt sich daraus eine seltene Kaufchance.

Es war der Moment, den Anleger seit Jahren gefürchtet hatten: Anfang Mai kündigte Warren Buffett seinen Rückzug vom operativen Tagesgeschäft an. Das „Orakel von Omaha“, inzwischen 94 Jahre alt, tritt ab – und die Börse reagierte schockartig. Binnen weniger Wochen verlor Berkshire Hathaway bis zu 18 Prozent an Wert, während der S&P 500 weiter auf Rekordkurs blieb. In der Spitze klaffte eine Lücke von 23 Prozent zwischen dem Index und der Buffett-Holding – die deutlichste Underperformance seit Jahrzehnten.

Damit verschwand über Nacht eine Art unsichtbare Sicherheitsprämie, der „Buffett-Put“. Für viele Investoren galt die bloße Präsenz des Altmeisters als Garant für Stabilität. Mit dem Wechsel an der Spitze – Greg Abel übernimmt – scheint diese Aura nun verblasst.

Charttechnik sieht nur eine normale Korrektur

Während Anleger verunsichert sind, mahnen Chartanalysten zur Gelassenheit. Carter Worth von Worth Charting bezeichnet die aktuelle Schwächephase als „klassischen Rücksetzer“. Seit 2022 habe es neun Korrekturen im Bereich von 8 bis 15 Prozent bei Berkshire gegeben – die aktuelle mit rund 13 Prozent passe exakt in dieses Muster.

Wichtig: Der langfristige Aufwärtstrend sei ungebrochen. Auf den Charts bewege sich die Aktie am unteren Rand eines stabilen Aufwärtskanals, der seit dem Bärenmarkttief 2022 intakt ist. Für Worth ist das ein technischer Einstiegspunkt: „Das ist GARP in Reinform – Growth at a Reasonable Price.“

Fundamentales Argument: Cash und Stärke

Auch fundamental ist die Aktie schwer von der Hand zu weisen. Über fast sechs Jahrzehnte hatte Buffett aus einem Textilbetrieb ein globales Konglomerat geformt, das bis heute solide wächst. Rund 350 Milliarden Dollar Cash-Bestand verschaffen Berkshire enorme Flexibilität.

Analyst James Shanahan von Edward Jones, der die Aktie jüngst auf „Kaufen“ hochstufte, spricht von einer „außergewöhnlichen Kombination aus Finanzkraft und günstiger Bewertung“. Mit den Barreserven könne Berkshire in Zeiten volatiler Märkte opportunistisch agieren – sei es durch Beteiligungen, Aktienrückkäufe oder große Übernahmen.

Buffett bleibt – doch die Aura schwindet

Zwar bleibt Buffett Verwaltungsratsvorsitzender und prägt das Unternehmen weiter aus dem Hintergrund. Doch Greg Abel, sein designierter Nachfolger, muss nun beweisen, dass er die Kultur aus Disziplin, Freiheit und langfristigem Denken fortführen kann. 

Der Vergleich mit Apple drängt sich auf: Auch dort brauchte es nach dem Tod von Steve Jobs fast ein Jahr, bis sich die Börse mit Tim Cook als neuer Leitfigur arrangiert hatte.

Schnäppchenchance oder Zeitenwende?

Für Investoren bedeutet die aktuelle Schwäche zweierlei: Einerseits müssen sie akzeptieren, dass Berkshire Hathaway ohne Buffett ein anderes Unternehmen sein wird – vielleicht weniger mythisch, aber nicht zwangsläufig weniger erfolgreich. Andererseits eröffnet die Underperformance eine der seltenen Gelegenheiten, die Aktie unterhalb ihrer fairen Bewertung zu kaufen.

Charttechniker wie Carter Worth sehen nur eine Zwischenkorrektur im Aufwärtstrend. Fundamentalanalysten verweisen auf Cash-Berge und robuste Ertragskraft. Wer Geduld mitbringt und Buffett nicht allein als Heilsbringer begreift, könnte in dieser Phase tatsächlich einen seltenen Einstiegsmoment erleben.

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Berkshire Hathaway (WKN: A0YJQ2)

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