Zugleich räumte die Kanzlerin Fehler bei der Bewältigung der Krise ein, was als Signal der Annäherung an die CSU gilt. Der Forderung der Schwesterpartei nach einer Obergrenze erteilte Merkel aber erneut eine Absage.

CSU-Chef Horst Seehofer forderte seinerseits von der Regierung weitere Präzisierungen in der Flüchtlingspolitik und zeigte sich zuversichtlich, dass beide Parteien bis Mitte Oktober in etlichen Politikbereichen gemeinsame Positionen finden könnten. Die Vorsitzende der rechtspopulistischen AfD, Frauke Petry, sagte der Union dagegen den Untergang voraus.

DRUCK IN CDU AUF MERKEL



Die CDU hatte in Berlin mit 17,6 Prozent am Sonntag ihr historisch schlechtestes Ergebnis erzielt. CDU-Vize Julia Klöckner kritisierte bereits vor den Gremiensitzungen der CDU-Bundespartei am Montagmorgen, dass es der Regierung nicht gelinge, ihre Politik in der Flüchtlingskrise überzeugend zu erklären. Zugleich kündigte sie eine deutlichere Sprache Merkels an. Die Kanzlerin räumte kurz danach in einer längeren Erklärung ein, dass ihre Regierung vor 2015 Fehler gemacht habe. "Wenn ich könnte, würde ich die Zeit um viele, viele Jahre zurückspulen", sagte sie. Die hohe Anzahl an Flüchtlingen habe die Regierung "eher unvorbereitet" getroffen, es habe eine Phase des "in Teilen zunächst unkontrollierten und unregistrierten Zuzugs gegeben".

Sie nehme sehr wohl ernst, dass eine Mehrheit in Umfragen eine Änderung der Flüchtlingspolitik wolle, betonte Merkel. Die CDU-Chefin relativierte zudem erneut ihren vor allem von der CSU kritisierten Satz "Wir schaffen das", der mittlerweile eine "Leerformel" geworden sei.

Seehofer forderte vor einer Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz erneut Veränderungen bei der Schwesterpartei. "Es wird nicht ausreichen, den Menschen zu sagen, wir haben alles richtig gemacht, wir müssen es euch nur besser erklären", sagte er. Die richtige Antwort darauf sei, dass sich die Union vor der Bundestagswahl in einem Jahr Inhalten zuwende: "Es ist ja nicht nur die Zuwanderungsfrage, es geht von Steuern, Finanzen, Rente, Sicherheit bis hin zu Europa und Wirtschaft." Im CDU-Präsidium wurde allerdings der CSU und vor allem Seehofer persönlich wegen der monatelangen Dauerkritik an Merkel eine Mitschuld an den schlechten Wahlergebnissen gegeben. Auch der Berliner CDU-Spitzenkandidat, Frank Henkel sagt: "Der öffentlich ausgetragene Streit, der von der CSU angezettelt wurde, war nicht hilfreich."

"GEMEINSAM SIND WIR EINDEUTIG STÄRKER"



Allerdings machte Merkel auch deutlich, dass sie von ihrer grundsätzlichen Linie in der Flüchtlingspolitik nicht abrücken werde. Die von der CSU mit Zahlen "statische" Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen lehne die CDU deshalb weiter ab. Die CDU-Chefin betonte, dass sie auch bei AfD-Wählern werben wolle, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und punktuelle Kursänderungen zu prüfen. Wer gar keine Fremden, vor allem keine Muslime aufnehmen wolle, dem stünden aber das Grundgesetz, völkerrechtliche Bindungen, "auch das ethische Fundament der CDU und meine persönlichen Überzeugungen entgegen. Den Kurs kann ich und die CDU nicht mitgehen". Wer immer nur rufe "Merkel muss weg", sei für Argumente nicht mehr zugänglich. Sie sei aber sicher, dass Deutschland besser aus der Lage herauskomme, als es hineingegangen sei.

Ob sie bei der Bundestagswahl 2017 wieder kandidieren will, ließ Merkel erneut offen. Ihre Koalitionspartner CSU und SPD mahnte sie zu mehr Geschlossenheit. Die große Koalition auf Berliner Landesebene sei auch daran gescheitert, dass die SPD die Zusammenarbeit mit der CDU stets schlechtgeredet habe. "Gemeinsam sind wir eindeutig stärker." Personelle Konsequenzen auf Bundesebene lehnte Merkel ab und bescheinigte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) eine "herausragende" Arbeit, die auch in der CSU geschätzt werde.

Scharf kritisiert wurde die CDU von der AfD-Vorsitzenden Petry. Die Partei "bröckele" auf Landesebene. "Das Einzige, was vielleicht noch übrig bleibt, ist Frau Merkel. Und wenn Frau Merkel geht, bricht es ganz zusammen", sagte Petry in Berlin. "Wenn sich das fortsetzt, dann wird in einigen Jahren die CDU nicht mehr die bürgerliche Kraft sein."