Die Unterversorgung mit Halbleitern in der gesamten Industrie werde im zweiten Quartal "deutlichere Auswirkungen haben als bisher" und den Gewinn belasten, sagte Finanzvorstand Arno Antlitz am Donnerstag bei der Präsentation der Zwischenbilanz. Die Produktion von E-Autos sei von dem Mangel bisher weitgehend verschont, ergänzte Konzernchef Herbert Diess bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Er könne aber nicht ausschließen, dass es auch dort zu Engpässen komme.
Die gewaltigen Investitionen zum Bau der angekündigten sechs Gigafabriken für Batteriezellen in Europa will Volkswagen mit Partnern stemmen und zieht dabei Börsengänge in Betracht. Es gebe starkes Interesse von Industriegruppen aus anderen Branchen an den Plänen, sagte Diess bei einer Telefonkonferenz mit Analysten. Er hoffe, schon in den kommenden Monaten weitere Standorte und Partnerschaften bekanntgeben zu können.
Wegen fehlender Chips und anderen elektronischen Teilen hatte Volkswagen in den vergangenen Wochen wiederholt die Produktion drosseln und Kurzarbeit anmelden müssen. Weltweit haben die Autobauer damit zu kämpfen, weil die Lieferanten seit Ausbruch der Corona-Krise vorrangig Computerhersteller und Anbieter von Unterhaltungselektronik bedienen. Als sich die Pkw-Nachfrage Ende 2020 schneller als erwartet erholte und die Autoindustrie dringend Chips benötigte, waren die Kapazitäten bereits vergeben. Auch der Autozulieferer Continental, von dem Volkswagen viele Teile bezieht, rechnet erst für das zweite Halbjahr mit einem Nachlassen der Lieferengpässe: "Wir sehen, dass das zweite Quartal wahrscheinlich der Höhepunkt der Knappheit ist und es dann besser werden wird", sagte Finanzchef Wolfgang Schäfer.
Diess erklärte den akuten Mangel damit, dass während des Wintersturms in den USA mehrere Halbleiterfabriken ausfielen und ein Brand beim japanischen Hersteller Renesas die Lage verschärfte. Volkswagen führe mit Lieferanten Gespräche, um die Versorgung abzusichern. Außerdem sei der Konzern mit großen Halbleiterkonzernen wie Infineon und Intel in Kontakt, um für die kommenden Jahre mehr Kapazitäten zu bekommen. Dafür seien Investitionen erforderlich, man arbeite an einem Plan. Bis die Versorgungsprobleme behoben seien, werde noch einige Zeit vergehen. In der Branche gehen viele davon aus, dass die Lieferung von Computerbauteilen erst im nächsten Jahr wieder reibungslos läuft.
EINEN TICK OPTIMISTISCHER
Der Wolfsburger Autoriese schöpft wegen der gestiegenen Pkw-Nachfrage denn auch nur vorsichtig Hoffnung. Obwohl sich das operative Ergebnis im ersten Quartal auf 4,8 Milliarden Euro verfünffachte und die Orderbücher voll sind, traut sich Volkswagen nur eine kleine Anhebung des Ausblicks zu. Statt einer operativen Rendite am oberen Ende der Spanne zwischen fünf und 6,5 Prozent werden nun bis zu sieben Prozent in Aussicht gestellt. Im Zeitraum Januar bis März lag die Gewinnmarge des Konzerns mit 7,7 Prozent oberhalb dieses Korridors, nach mageren 1,6 Prozent vor einem Jahr.
Diess gab sich zuversichtlich: "Wir sind mit viel Momentum ins Jahr gestartet und operativ stark unterwegs", erklärte er. Die Offensive bei E-Autos nehme weiter Fahrt auf und bei der Transformation komme Volkswagen gut voran. "Im weiteren Jahresverlauf ist noch viel von uns zu erwarten." An der Börse konnte er damit nur zeitweise punkten. Nach anfänglichen Kursgewinnen drehte die VW-Aktie ins Minus.
LUXUSAUTOS GEFRAGT
Zu dem starken Jahresstart trug vor allem die rasante Erholung in China bei, wo die Auslieferungen nach dem Stillstand zu Beginn des vergangenen Jahres um 61 Prozent kletterten. Weltweit schlug Volkswagen im ersten Quartal mit 2,4 Millionen Fahrzeugen ein Fünftel mehr Fahrzeuge los als vor Jahresfrist. Vor allem die Ertragsstützen Porsche und Audi und die Luxusmarken Bentley, Lamborghini und Bugatti steigerten ihre Auslieferungen teils deutlich. Das robuste Geschäft ließ auch den Mittelzufluss anschwellen. Der Netto-Cash-Flow im Autogeschäft übertraf mit 4,7 Milliarden Euro das erste Quartal des Vorkrisenjahres 2019 um mehr als das Doppelte. Die Liquidität verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr um zwei Drittel auf rund 29,7 Milliarden Euro.
Damit dürften die ehrgeizigen Investitionspläne für den Umbau zu einem Mobilitäts- und Technologieunternehmen, das neben Elektroautos auch selbstfahrende Fahrzeuge und damit verbundene Dienste anbietet, fürs Erste gesichert sein. Diess sagte, er sei sicher, dass Volkswagen die Transformation aus dem Cash-Flow bestreiten könne. Der Frage nach einem möglichen Börsengang der Ertragsperle Porsche, die im ersten Quartal mit einer Rendite von 16,7 Prozent glänzte, wich er aus. Diess hat mehrfach erklärt, dass er diesbezüglich keinen akuten Handlungsbedarf sieht
rtr