Chemiewerte zählen eigentlich zu den Verlierern des Konjunkturabschwungs. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, wie gut sich Corbion geschlagen hat. Mit seinen sehr guten Quartalszahlen übertraf das Spezialchemieunternehmen die Erwartungen der Analysten. So stieg der Umsatz zum Vorjahresvergleich um 12 Prozent auf 256,3 Millionen Euro. Wachstumstreiber waren sowohl das Geschäft mit Milchsäure für PLA und andere Anwendungen, als auch das Geschäft mit Derivaten aus Algen. Der Gewinn vor Steuern legte um 24,1 Prozent auf 44,4 Millionen Euro. Für das Geschäftsjahr geht das Management von einer stabilen Marge auf Vorjahresniveau von rund 15 Prozent aus.

Das Kerngeschäft, rund 75 Prozent des Umsatzes der Niederländer, sind Zutaten für die Backwarenindustrie. Corbion ist Weltmarkführer bei der Herstellung von Milchsäure und deren Derivaten. Aus diesen Zutaten wird auch der Biokunststoff Polylactiden, kurz PLA hergestellt. Die Alternative zu erdölbasiertem Kunststoff entsteht sehr einfach ausgedrückt durch Fermentation und Polymerisation von Zucker und Milchsäure.

PLA wird vor allem im Verpackungsbereich eingesetzt, zunehmend aber auch in einer Vielzahl von dauerhaften Anwendungen wie Komponente für vom Touchscreen-Computer oder Automobilen. Nach dem Gebrauch kann PLA sowohl recycelt oder in Industrieanlagen kompostiert werden.

Zusammen mit dem französischen Ölkonzern Total hat Corbion in Thailand vergangenes Jahr ein Werk mit einer jährlichen Kapazität von 750 000 Tonnen für die Herstellung von PLA in Betrieb genommen. Bis 2023 soll es voll ausgelastet laufen. Wie ehrgeizig das Projekt ist zeigt die geschätzte weltweite Produktionsmenge von knapp 400 000 Tonnen für dieses Jahre. Rund 150 Tonnen steuert das US-Unternehmen NatureWorks, gefolgt von 74 Tonnen aus dem Joint-Venture zwischen Total und Corbion dazu bei. Das Wachstum für das "Polymer der Zukunft", den PLA-Markt schätzten Branchenexperten auf 20 Prozent pro Jahr.

PLA ist nur ein Werkstoff, der bei Corbion innerhalb der Sparte "Innovation Platform" bis zur Markreife entwickelt und vermarktet wird. Zusammen mit namhaften Firmen wie beispielsweise BASF arbeitet Corbion an weiteren neuen biobasierten abbaubaren Kunststoffen. Unter der "Innovation Platform" ist auch die Herstellung von Algen-Produkten angesiedelt. Wie Biokunststoffe sind auch Produkte aus Algen ein globaler Trend. Die Anlage in Brasilien produziert spezielle Öle, Fette und Proteine, die Nahrungsmitteln für Mensch und Tier zugesetzt werden.

Corbion hat mit dem einträglichen Backmittelgeschäft eine solide Basis. Der Trigger für den Aktienkurs ist das PLA Geschäft. Noch unterschätzt der Markt das Wachstumspotenzial der Niederländer im Bereich Verpackung. 2019 verabschiedete die Europäische Union eine Richtlinie, die ab 2021 Einwegplastik in den Staaten der Union verbietet, für die es grüne Alternativen gibt. Hier könnte PLA eine guter Ersatzstoff sein. Schon ab dem kommenden Jahr sollte die Sparte die Gewinnzone erreichen. Wesentlich spekulativer, dafür mit einem hohen Überraschungsfaktor ist das Geschäft mit den Algenprodukten. Auf lange Sicht sollten sich beide Nachhaltigkeitstrends auch beim Aktienkurs auszahlen.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 40 Euro
Stoppkurs: 23 Euro