Für den 21. Dezember ist nun eine außerordentliche Sitzung des Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA geplant, wie die Behörde mitteilte. Bei dem ursprünglich am 29. Dezember geplanten Treffen bleibe es bei Bedarf. Die Empfehlungen des CHMP müssen von der EU-Kommission abgesegnet werden, bei dem Impfstoff gilt dies aber als sicher.
Zuvor hatte es bereits in Kreisen der Bundesregierung geheißen, dass eine Entscheidung schon früher fallen könnte. Als Datum wurde der 23. Dezember genannt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach daraufhin von einer guten Nachricht. "Jeder Tag früher, den wir einen zugelassenen Impfstoff haben, hilft Leid zu mindern und auch Todesfälle zu vermeiden." Er verteidigte erneut das Vorgehen der Bundesregierung, bei der Zulassung des Impfstoffs keinen Sonderweg zu gehen. "Wir wollen eine gründliche Prüfung, eine ordentliche Zulassung", sagte er mit Blick auf die per Notfallgenehmigung in Großbritannien und den USA bereits begonnenen Impfungen. Er halte die zeitliche Diskrepanz von zwei Wochen für "absolut verantwortbar", sagte er zu Vorwürfen, die Bundesregierung riskiere mit dem späteren Impfstart Menschenleben. Es gehe hier auch um das Vertrauen der Bevölkerung in einen Impfstoff.
Biontech wollte sich zum Zeitplan der Behörden nicht äußern. Der Impfstoffentwickler bekräftigte, zusammen mit seinem Partner Pfizer bis Ende des Jahres bis zu 50 Millionen Impfdosen zur Verfügung stellen zu wollen. Dabei sei man auf Kurs.
Die EMA stand zuletzt unter wachsendem Druck von EU-Regierungen, die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech und Pfizer zu beschleunigen. Der Druck sei seit den Notfallzulassungen in Großbritannien und den USA gewachsen, erfuhr Reuters am Montag von mehreren Insidern. Biontech und Pfizer hatten vor zwei Wochen bei der EMA einen Antrag auf eine bedingte Markzulassung ihres Covid-19-Impfstoffs eingereicht.
"AUCH VOLLBREMSUNG WIRD LANGE BREMSSPUR HABEN"
Mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen in Deutschland äußerte sich der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn sehr besorgt: "Die Lage ist so ernst wie sie noch nie war in dieser Pandemie." Die Zahl der Infektionen und Toten sei zu hoch. "Im Moment infizieren sich viel zu viele Menschen", sagte der RKI-Chef und fügte hinzu: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich die Situation über Weihnachten nochmal zuspitzen wird." Laut Wieler ist Deutschland mit seiner vergleichsweise alten Bevölkerungsstruktur in der zweiten Welle besonders gefährdet. Es gebe hierzulande rund 23 Millionen Menschen über 60 Jahre. Das Alter sei das entscheidende Kriterium. Je älter ein Corona-Patient sei, desto höher das Sterberisiko.
Wieler appellierte an die Bevölkerung, die Einschränkung der Kontakte auch über die Feiertage einzuhalten und nach Möglichkeit die erlaubten Obergrenzen nicht auszureizen. Auch Spahn betonte, die Zahlen der Neuinfektionen seien weiterhin zu hoch. Mit Blick auf den am Mittwoch in Deutschland eintretenden Lockdown und die weiteren Aussichten für mögliche Lockerungen im Januar sagte der CDU-Politiker: "Auch eine Vollbremsung wird eine lange Bremsspur haben." Die Entscheidung für den Lockdown sei hart gewesen, die Bundesregierung habe aber vor Weihnachten "ein klares Signal" setzen müssen.
Ab Mittwoch bleiben alle Geschäfte in Deutschland mit Ausnahme der Läden mit Produkten für den täglichen Bedarf bis mindestens zum 10. Januar geschlossen. Auch Schulen schließen. Die Gastronomie sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen bleiben weiterhin geschlossen. Wie es nach dem 10. Januar weitergeht, will Bundeskanzlerin Angela Merkel am 5. Januar mit den Ministerpräsidenten der Länder beraten.
rtr