Der Tübinger Corona-Impfstoffentwickler Curevac hat den Startschuss für seinen Börsengang in den USA gegeben. Das Biotechunternehmen strebt bei seinem IPO an der US-Technologiebörse Nasdaq eine Bewertung von umgerechnet über zwei Milliarden Euro an. Damit würde Curevac nach Biontech, Qiagen, Morphosys und Evotec mit etwas Abstand zu den fünf größten deutschen Biotechfirmen zählen. An dem Unternehmen hatte sich kürzlich der deutsche Staat über die Förderbank KfW beteiligt. Großaktionär ist der SAP-Gründer Dietmar Hopp.
Doch die Transaktion erntet bereits Kritik. "Die erneute Wahl der Nasdaq durch ein junges deutsches Unternehmen legt die mangelnde Attraktivität von Börsengängen in Deutschland schonungslos offen", klagt Christine Bortenlänger. Die Geschäftsführerin des deutschen Aktieninstituts (DAI) sieht als Grund nicht nur die fehlende Präsenz von Pensionsfonds und anderen institutionellen Investoren hierzulande, die in junge Wachstumsunternehmen investieren könnten. "Es fehlt hier einfach auch der regulatorische Rahmen. In Deutschland hat sich kein funktionierendes Ökosystem mit Verständnis für innovative und kapitalintensive Branchen entwickelt", klagt Bortenlänger. "Curevac ist ein Warnzeichen."
Absage von Hopp
Der US-Börsengang des Impfstoffentwicklers ist demnach auch kein Einzelfall. Erst im Juli war mit Immatics ein weiteres deutsches Life-Science-Unternehmen an die Nasdaq gegangen. Im vergangenen Jahr stehen rund 130 Börsengängen an der Nasdaq etwa eine Handvoll in Frankfurt gegenüber. Selbst Schweden und Italien waren mit jeweils 30 Emissionen an ihren Heimatbörsen deutlich erfolgreicher. Curevac-Mehrheitseigner Dietmar Hopp wird in einer DAI-Pressemitteilung mit dem Satz zitiert: "Wir brauchen eine Modernisierung des Aktien- und Gesellschaftsrechts in Deutschland sowie bessere steuerliche Rahmenbedingungen." Curevac benötige für die nächsten Schritte weiteres Kapital. "Das bekommen wir über den Börsengang. Doch in Deutschland ist das nicht zu schaffen."
Curevac will mit der US-Emission 345 Millionen Dollar Kapital einsammeln. Dazu sollen neue Aktien in einer Preisspanne zwischen 14 und 16 Dollar ausgegeben werden. Bei einem mittleren Preis von 15 Dollar ergäbe sich eine geschätzte Börsenbewertung von rund 2,7 Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro). Mit dem Geld will Curevac die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs bis zum Abschluss der entscheidenden klinischen Phase-III-Studie sowie die Erweiterung seiner Produktionskapazitäten finanzieren. Laut WHO werden derzeit weltweit 28 potenzielle Impfstoffe bereits an Menschen getestet, sechs davon in der sogenannten Phase III, dem letzten Stadium der klinischen Entwicklung.