Was bei Daimler vor den finalen Zahlen zum ersten Quartal diesen Freitag (23. April) los ist, was die Experten sagen und wie die Aktie zuletzt lief.
SO LAUFEN DIE GESCHÄFTE:
Nach den schweren Einbrüchen in der Corona-Krise in den ersten beiden Quartalen 2020 bekommt die Autobranche insgesamt, aber vor allem auch Daimler derzeit ungeahnt starken Rückenwind von den weltweiten Automärkten. Das stärkt auch Källenius' Plan, die seit Jahren von Profiinvestoren erhoffte Abspaltung des Lkw- und Busgeschäfts von Daimler Truck noch dieses Jahr durchzuziehen.
Eckdaten für den Jahresstart 2021 haben die Stuttgarter bereits vorgelegt - und die konnten sich erneut sehen lassen. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) fuhr Daimler zwischen Januar und Ende März mit 5,75 Milliarden Euro soviel ein wie noch zuvor in einem ersten Quartal. Dazu trugen auch Bewertungserträge durch ein Brennstoffzellen-Gemeinschaftsunternehmen mit dem schwedischen Nutzfahrzeugrivalen Volvo bei.
Dennoch: Auch das bereinigte Ebit lag mit knapp 5 Milliarden Euro rund eine Milliarde höher als von Analysten geschätzt. In der Pkw- und Van-Sparte Mercedes-Benz lag die operative Marge bei außergewöhnlich starken 14,3 Prozent. Die Marge um Lkw- und Busgeschäft lag bei 6 Prozent - angesichts des Zusammenbruchs der Nutzfahrzeugmärkte im vergangenen Jahr ordentlich. Der finanzielle Mittelzufluss im Geschäft mit Autos und Nutzfahrzeugen überraschte ebenfalls positiv.
Dem Unternehmen spielen mehrere Dinge in die Karten. Zum einen: Das Geschäft von Mercedes in China brummt. Im Vergleich zum schwachen Vorjahresabsatz verkaufte Daimler 60 Prozent Pkw mehr in der Volksrepublik - ebenfalls Rekord für ein Startquartal. Weltweit kletterte der Absatz um ein gutes Fünftel.
Zudem profitieren die Autobauer derzeit noch von ihren in der Krise angestrengten Kostensenkungen beim Personal, den Investitionsausgaben und in der Lagerhaltung. Darüber hinaus sorgt die Nachfrage nach Autos bei teils geringem Angebot für vorteilhafte Preise am Markt, sprich: Rabattschlachten gibt es derzeit kaum. Insbesondere im Segment der teureren Premiummodelle greifen die Käufer schon seit längerem wieder beherzt zu, vor allem in China.
Källenius hat aber auch die mittlere und längere Frist der Unternehmensstrategie im Blick. Für Mercedes, wo er auch Spartenchef ist, hat er die Devise "Electric first" ausgerufen, Verbrennerversionen von neuen Modellen wird es künftig nur noch nachrangig geben. Der Manager will aber flexibel bleiben und da, wo es die Nachfrage erfordert, auch weiter Verbrenner anbieten.
Daimler peilt in seiner Pkw-Sparte bisher bis 2030 einen Absatzanteil elektrifizierter Autos von "mehr als 50 Prozent" an - in diese Kategorie fallen sowohl rein elektrische Autos als auch Hybride. Källenius deutete allerdings zuletzt an, dass alles womöglich auch schneller gehen könne, wenn sich die derzeit "starke Nachfrage" nach elektrischen Fahrzeugen fortsetze.
Zunächst einmal aber steht die Trennung der Auto- und Lkw-Sparte auf der Stuttgarter Agenda. Im Herbst soll eine außerordentliche Hauptversammlung über die Aufspaltung per reinem Spin-off entscheiden. Wie das Management mittlerweile unumwunden zugibt, haben die Geschäfte nur am Rande miteinander zu tun, und Profianleger investieren lieber in fokussierte Geschäftsmodelle statt in Konglomerate.
WAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Jose Asumendi von JPMorgan (JPMorgan ChaseCo) sieht Daimler auf gutem Weg zu einem "Superzyklus" bei den Gewinnen. Die Stuttgarter senkten die Fixkosten um 20 Prozent und führten gleichzeitig neue Modelle ein - diesen Schwung sieht der Experte auch durch das ganze Jahr hinweg anhalten. Wer stark auf Chinas Automarkt sei, profitiere auch einfach rechnerisch davon, dass die starken Margen dort aufgrund der höheren Gewichtung sich noch deutlicher auf Konzernebene niederschlügen.
Die Schwaben hätten einmal mehr überraschend gute Eckdaten vorgelegt, meinte Jefferies-Experte Philippe Houchois. Trotz des voraussichtlich herausfordernden Produktionsumfelds im zweiten Quartal dürfte das die Erwartungen an das Daimler-Abschneiden erhöhen.
Deutsche-Bank-Experte Tim Rokossa schrieb, Daimler habe trotz der zuletzt schon stark gestiegenen Erwartungen an Premiumanbieter diese noch um ein Viertel übertroffen. Mit der operativen Marge bei Pkw und Vans von 14,3 Prozent dürfte nun eine Diskussion um eine mögliche Prognoseerhöhung entstehen. Er gehe zumindest von einem selbstbewussteren Ton rund um die Ziele aus.
Von den 15 im dpa-AFX-Analyser erfassten Expertinnen und Experten stehen bei der Daimler-Aktie 13 auf Kaufen, lediglich zwei sind für Halten. Verkaufsempfehlungen gibt es keine. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei gut 86 Euro, rund 15 Prozent über dem aktuellen Kursniveau.
SO LIEF DIE AKTIE:
Bereits vor den Aufspaltungsplänen lief die Aktie von Daimler deutlich schwungvoller als lange Zeit davor. Zuerst musste das Papier den verlorenen Boden des Corona-Crashs aus dem Frühjahr 2020 wettmachen, was im August schließlich gelang - aber bei den zu der Zeit rund 42 Euro blieb es nicht. Vor allem seit November ging es noch einmal spürbar nach oben, und der Spin-off-Plan von Anfang Februar hob das Papier dann komfortabel über die 60 Euro, von wo aus es weiter bis auf aktuell 73,57 Euro ging. Zuvor war die Aktie auf ein Hoch von knapp 78 Euro gestiegen - soviel war sie zuletzt Ende 2015 wert.
Daimler hat damit den Kurs seit dem Tiefpunkt im Corona-Crash gut verdreifacht. Bevor Källenius vom langjährigen Chef im Frühjahr 2019 übernahm und zahlreiche kostspielige Probleme zutage traten, waren es auch nur knapp 60 Euro gewesen.
Mit einem Marktwert von rund 80 Milliarden Euro steht Daimler auch im Vergleich im Dax (DAX 30) wieder bedeutend besser da und muss sich in dieser Hinsicht derzeit nur SAP (SAP SE), Volkswagen (Volkswagen (VW) vz), Linde, Siemens und Allianz geschlagen geben.
Weit enteilt sind den traditionellen Autobauern aber weiter die Aktien des US-Elektroautopioniers Tesla - auch wenn der Abstand in jüngerer Zeit wieder etwas schmolz. Die Aktien der Kalifornier insgesamt sind umgerechnet rund 580 Milliarden Euro wert - mehr als doppelt so viel, wie Daimler und Volkswagen (135 Mrd Euro) und BMW (56 Mrd Euro) zusammengenommen.
dpa-FAX