Zuwachs für den DAX: Die Zahl der im deutschen Aktienindex vertretenen Unternehmen steigt am Montag, 20. September, zu Handelsbeginn von 30 auf 40. Die Aufsteiger entstammen dem MDAX, dessen Mitgliederzahl von 60 auf 50 Werte sinkt.

Die größte DAX-Reform seit dem Start vor 33 Jahren beinhaltet jedoch noch mehr: Entscheidend für die Mitgliedschaft im DAX ist künftig nur noch der Börsenwert der Aktien in Streubesitz und nicht mehr auch das Handelsvolumen. Noch weit mehr Einfluss könnten auf längere Sicht andere, eher bürokratisch anmutende Änderungen haben.

Die vielleicht wichtigste, aber auch umstrittenste Neuerung: Aufsteiger müssen mindestens zwei Jahre in Folge Gewinn erzielt haben. Allzu streng will die Börse an dieser Stelle aber nicht sein. Als Kennziffer wird das Ebitda herangezogen, also der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Das wird auch Unternehmen mit negativem Nettoergebnis den Sprung in den Index erlauben. Das Dilemma der Deutschen Börse: Einerseits sollen Qualitätsstandards durchgesetzt werden, zugleich will man auf schnelles Wachstum ausgelegte Unternehmen nicht ausschließen. Darum das Ebitda als Kompromiss.

Viele der neuen Regeln sind eine Reaktion auf den größten Skandal der DAX-Geschichte: die Pleite von Wirecard. Trotz jahrelanger Bilanzmanipulationen wurde die Techfirma in den DAX aufgenommen. Als der Skandal aufflog, dauerte es Wochen, bis die Aktie aus dem Index ausgeschlossen wurde. Mit dem neuen Regelwerk kann die Börse schneller reagieren: Unternehmen müssen Quartals- und Geschäftsberichte fristgerecht abgeben. Reguläre Überprüfungen gibt es nicht nur im September, sondern jetzt auch im März. Ein Prüfungsausschuss im Aufsichtsrat wird für alle Mitglieder Pflicht.

Zudem soll der DAX internationaler werden. Unternehmen müssen ihren Hauptsitz nicht mehr in Deutschland haben, was schon seit dem Umzug von Linde nach Irland Fakt ist. Das ebnet dem Flugzeughersteller Airbus den Weg in den Leitindex. Biontech hingegen stand gar nicht erst auf der Kandidatenliste: Die Mainzer Biotechfirma, die dank ihres Corona-Impfstoffs zum Börsenstar geworden ist, wäre mit einem Wert von zuletzt knapp 75 Milliarden Euro eines der zehn größten deutschen Unternehmen. Die Hauptnotierung aber ist in den USA, in Deutschland werden nur Hinterlegungsscheine (ADRs) gehandelt. Damit fällt Biontech für die deutschen Indizes durchs Raster.

Die für Anleger spektakulärste Veränderung bleibt die Zahl der Mitglieder. In alphabetischer Reihenfolge sind das: neben Airbus der Chemikalienhändler Brenntag, der Lebensmittellieferant Hellofresh, die Finanzholding Porsche, der Sportartikelhersteller Puma, das Diagnostikunternehmen Qiagen, der Laborausrüster Sartorius, der Medizintechniker Siemens Healthineers, der Duft- und Aromenhersteller Symrise und der Online-Modehändler Zalando. Die Redaktion nimmt die Aufsteiger auf den folgenden Seiten unter die Lupe.

Jünger, bunter, besser

Die Neuen werden den DAX verändern: Der Index wird frischer und bunter. Zalando wurde im Jahr 2008 gegründet, Hellofresh sogar erst 2011. Beide notieren künftig auf dem Kurszettel neben Urgesteinen wie Siemens und BASF, deren Geschichte bis weit ins 19. Jahrhundert hineinreicht.

Zugleich ändert sich der Branchenmix: Zalando und Hellofresh sind Internethändler, Siemens Healthineers und Sartorius gehören dem Gesundheitssektor an. Dank Airbus am meisten profitiert der bereits bislang im DAX stark vertretene Industriesektor. "Der DAX wird noch attraktiver, denn die neuen Spieler sind jünger und bringen andere Ideen aufs Spielfeld", sagte Christine Bortenlänger, Geschäftsführerin des Deutschen Aktieninstituts (DAI). Die Neuzugänge seien bereits im MDAX erfolgreich gewesen.

Anders als die USA oder Großbritannien hat Deutschland wenige Großkonzerne, dafür aber viele starke Mittelständler. Das spiegelt sich auf dem Börsenparkett wider: Die Schwergewichte Linde, SAP und Siemens werden mit mehr als 100 Milliarden Euro bewertet. Danach werden die Zahlen schnell kleiner. Schon Vonovia im Mittelfeld schafft nur noch 34 Milliarden Euro Marktkapitalisierung. Covestro als der kleinste der DAX-30-Titel kommt auf zehn Milliarden Euro. Das bedeutet: Auch im neuen DAX wird die Kursentwicklung stark von den Riesen bestimmt.

Mehr Aktien, mehr Rendite

Die zehn Neuen stellen nur 13 Prozent des Index, hat die DZ Bank errechnet. Mit 4,7 Prozent entfällt der größte Teil davon auf Airbus. Die anderen Aufsteiger werden zusammen weniger Einfluss haben als Linde oder SAP allein. Der neue DAX wird dem alten also sehr ähnlich sein, aber die Deutsche Börse erwartet positive Effekte auf die Wertentwicklung. In einer Rückrechnung hätte der DAX mit 40 Mitgliedern eine etwas bessere Rendite erzielt als die durchschnittlich gut acht Prozent pro Jahr, um die er seit 1988 zulegte.

Für die Unternehmen ist die Beförderung in den Leitindex vor allem ein Imagegewinn. Auswirkungen auf das Tagesgeschäft sind nicht zu erwarten. Die Mitgliedschaft in der ersten Börsenliga macht es aber leichter, bei Bedarf durch die Ausgabe neuer Papiere frisches Kapital hereinzuholen. Bei Symrise freue man sich über den Aufstieg, vor allen Dingen wolle man nachhaltig und gesund wachsen, heißt es aus dem Unternehmen.

Für Indexfonds ist die DAX-Aufstockung zunächst eine Herausforderung. Vermögensverwalter wie Blackrock bilden mit ETFs den Index so genau wie möglich nach. Das bedeutet, dass exakt zum Stichtag umgeschichtet wird: Aufsteiger werden gekauft, bei den bestehenden Mitgliedern wird reduziert. Um die Liquidität in den einzelnen Titeln am Tag der Umstellung zu sichern, arbeiten ETF-Anbieter mit Brokern und Investmentbanken zusammen. Da die Deutsche Börse die neuen Mitglieder lange vor der tatsächlichen Umstellung bekannt gab, sollte es keine Kurskapriolen geben.

Airbus-Aktie

Mit voller Schubkraft aus der Krise

Eigentlich hätte Airbus längst das Zeug zu einem DAX-Konzern. Doch seit dem Börsengang im Juli 2000 ist Paris die Hauptbörse des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns. Deshalb reichten die Handelsumsätze in Frankfurt für die Aufnahme in den deutschen Leitindex bislang nicht aus. Da fortan die Kapitalisierung zentrales Kriterium ist, schafft es Airbus nun jedoch spielend in den DAX 40 - im maßgeblichen August-Ranking belegte die Aktie Platz 5.

Über die vergangenen zwölf Monate hat der Börsenwert um zwei Drittel zugenommen. Der Steigflug - mittlerweile hat Airbus den Corona-Absturz zu mehr als drei Vierteln aufgeholt - geht mit einer deutlichen Geschäftserholung einher. Rund 600 Verkehrsflugzeuge plant Vorstandschef Guillaume Faury 2021 auszuliefern. Damit würden über 40 fertige Maschinen mehr die Werkstore passieren als im Krisenjahr 2020. Per Ende August hat Airbus bereits 384 Jets an 70 Kunden übergeben.

Bei knapp 80 Prozent der Auslieferungen handelt es sich um eine Maschine der A320-Familie. Das auf die Kurz- und Mittelstrecke ausgelegte Erfolgsmodell dominiert auch das Orderbuch: Obwohl noch immer viele Airlines und Leasingfirmen alte Aufträge stornieren, hat Airbus von Januar bis August unterm Strich mehr als 100 Stück aus der A320-Reihe verkauft. Passend dazu erhöht der Konzern die Produktion: Von zuletzt 40 soll die monatliche A320-Endmontage bis Mitte 2023 auf rekordhohe 64 Stück zunehmen. Bereits im kommenden Jahr dürfte der Gewinn neue Bestmarken erreichen. Zwar sind wegen der noch immer schwierigen Lage der Luftfahrtindustrie durchaus Turbulenzen möglich, gleichwohl bringt der Neuling jede Menge Schubkraft in den DAX mit.

Brenntag-Aktie

Am Puls der Weltwirtschaft

Für Laien ist die Lektüre des Brenntag-Katalogs nicht besonders erhellend. Darin finden sich chemische Formeln wie C7H8O, H3PO4 oder NaCl. Die damit bezeichneten Stoffe Benzylalkohol, Phosphorsäure und Natriumchlorid zählen zu den insgesamt mehr als 10 000 Produkten, die der Chemikalienhändler im Angebot hat. Mit seinen 670 auf 77 Ländern verteilten Standorten ist das Unternehmen weltweit führend.

Zur Kundschaft zählt die Automobilindustrie genauso wie Lebensmittelhersteller, Pharmaunternehmen oder Wasserwerke. Mit diesem breiten Sortiment greift Brenntag den laufenden Aufschwung der Weltwirtschaft voll ab. Im zweiten Quartal verbuchten die Essener ein Umsatzwachstum um 23 Prozent auf knapp 3,5 Milliarden Euro. Operativ verdiente Brenntag mit 355 Millionen Euro 29 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Vorstandschef Christian Kohlpaintner hatte die Prognose bereits im Juni erhöht. Da der promovierte Chemiker im zweiten Halbjahr mit einer Normalisierung des Geschäfts rechnet, ließ er den Ausblick bei der jüngsten Zahlenvorlage unverändert. Sofern die globale Konjunktur nicht übermäßig an Schwung verliert, könnte Kohlpaintner durchaus noch einmal nachlegen.

Der Analystenkonsens für 2021 bewegt sich schon jetzt über seiner Prognose. Natürlich geht mit dieser Diskrepanz das Risiko enttäuschter Erwartungen einher. Doch aus unserer Sicht überwiegen bei diesem Zykliker weiterhin die Chancen, weshalb wir mit der Fortsetzung des Aufwärtstrends rechnen. Neben der breiten Aufstellung sprechen eine moderate Bewertung sowie zuverlässige und stetig steigende Dividendenzahlungen für den DAX-Novizen. Wir passen Ziel- und Stoppkurs nach oben an.

Hellofresh-Aktie

Hier wird weiterhin groß aufgetischt

Das Timing hätte besser kaum sein können: Im November jährt sich die Gründung von Hellofresh zum zehnten Mal. Gut einen Monat vor dem runden Jubiläum steigt der Kochboxenlieferant in den DAX auf. Möglich macht dieses spezielle Geschenk neben der Indexreform eine imposante Börsenrally: Seit Anfang 2020 hat sich die Kapitalisierung des Unternehmens annähernd verfünffacht.

Auch operativ ist Hellofresh während der Pandemie in neue Sphären vorgestoßen. Als Kantinen und Restaurants schließen mussten, orderten immer mehr Verbraucher die mit sämtlichen Zutaten und dem Rezept bestückten Menükartons. Die Begeisterung für das Kochen ohne Planung und Einkauf hat sich über den Lockdown hinaus erhalten: Im zweiten Quartal gaben 7,7 Millionen Kunden knapp 31 Millionen Bestellungen auf. Gegenüber dem Vorjahresquartal hat sich die Hellofresh-Community damit um 84 Prozent erweitert, während die Orderzahl um 71 Prozent zunahm. Zwar dürfte der Boom im dritten Quartal schon allein wegen der Urlaubszeit abflauen, doch das Management denkt ohnehin schon viel weiter.

Während Unternehmenslenker Dominik Richter für das laufende Jahr ein Umsatzziel von 5,7 Milliarden Euro ausgibt, peilt er mittelfristig die Zehnmilliardenmarke an. Davon sollen mindestens eine Milliarde Euro im operativen Ergebnis hängen bleiben. Gegenüber 2020 würde sich der Profit damit in etwa verdoppeln. Natürlich gibt es bei dieser Prognose Unwägbarkeiten wie das Verhalten von Kundschaft und Konkurrenz. Doch wir sehen gute Chancen, dass der Wachstumskonzern seine Vormachtstellung erfolgreich nutzt und auch den Anlegern weiterhin ordentlich auftischt.

Porsche Vz.-Aktie

Erfolgsmodell mit Sonderausstattung

Bei Autofans genießt Porsche seit Jahrzehnten Kultstatus. Extravagantes Design, leistungsstarke Motoren und ein durchdringender Sound machen die teuren Sportwagen zum Statussymbol und Verkaufsschlager. So einfach wie die Luxuskarossen lässt sich die börsennotierte Porsche Automobil Holding nicht beschreiben. Das Kerninvestment dieser Beteiligungsgesellschaft ist ein 53,3-Prozent-Paket an Volkswagen-Stammaktien. Zum Automobilkonzern wiederum zählt seit 2012 das operative Porsche-Geschäft.

Insofern spielt der besonders profitable und seit Jahren wachsende Sportwagenabsatz für die demnächst zum DAX zählende Holding zwar durchaus eine Rolle, ausschlaggebend für ihre Drehzahl ist aber die Lage des VW-Konzerns als Ganzes. Bekanntlich haben sich die Wolfsburger inzwischen der Elektromobilität verschrieben. Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA Mobility) in München präsentierte das Unternehmen erstmals ausschließlich elektrische Modelle. Sein Geld verdient Volkswagen jedoch vor allem mit Verbrennern: Nach einem Rekordergebnis im ersten Halbjahr hat der Konzern die Prognose für 2021 erhöht. Porsche zog nach und peilt neuerdings für 2021 einen Gewinn von 3,4 bis 4,9 Milliarden Euro an. Zuvor erstreckte sich der Zielkorridor von 2,6 bis 4,1 Milliarden Euro.

Der DAX-Neuling verlässt sich übrigens nicht allein auf das VW-Imperium - das Portfolio umfasst darüber hinaus mehrere Technologiefirmen. Neuerdings greift Porsche nach den Sternen: Im Juli hat sich das Unternehmen eine kleine Beteiligung an Isar Aerospace, einem Start-up für Raketenantriebe, gesichert - in puncto Geschwindigkeit schaltet das Unternehmen damit mindestens einen Gang höher.

Puma-Aktie

Krönung eines erfolgreichen Sommers

Im Frühjahr ließ sich Puma noch nicht so recht von der Euphorie der Konkurrenten Nike und Adidas anstecken. Zwar erhöhte die Nummer 3 im globalen Sportartikelgeschäft nach einem starken ersten Quartal die Umsatzprognose für 2021, doch beim Gewinn wollte sich Vorstandschef Bjørn Gulden - unter Verweis auf das ungelöste Corona-Problem - nicht besonders weit aus dem Fenster lehnen. Das hat sich in der Zwischenzeit geändert. Mit den Halbjahreszahlen präsentierte der Norweger Ende Juli neue Ziele: Anstelle der zuvor angepeilten rund 15 Prozent soll Puma 2021 beim Umsatz währungsbereinigt um mindestens ein Fünftel wachsen. Gleichzeitig stellt Gulden ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 400 bis 500 Millionen Euro in Aussicht. Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2020 betrug das Ebit 209 Millionen Euro.

Neben der allgemeinen Fitnesswelle spielt Puma der Sportsommer 2021 in die Hände. Bei den Olympischen Spielen in Tokio konnten die Franken unter anderem mit den Sprinterinnen aus Jamaika jubeln. Sie gewannen über 100 Meter Gold, Silber und Bronze und bescherten dem Raubkatzenlogo damit eine globale Präsenz. Groß abgeräumt hat Puma auch bei der Fußballeuropameisterschaft. Drei der insgesamt vier vom Unternehmen ausgestatteten Mannschaften schafften es in das Viertelfinale. Mit Italien hat ein Puma-Team den Titel gewonnen. Gerade im Wettbewerb mit Fußballkrösus Adidas war das ein riesiger Triumph. Mit dem DAX-Aufstieg von Puma bekommt die Rivalität der Herzogenauracher Nachbarn eine neue Bühne. Fortan enthält der Leitindex zwei Sportartikelkonzerne, die sich sowohl auf als auch neben dem Platz noch nie etwas geschenkt haben.

Qiagen-Aktie

Diagnostikspezialist mit Übernahme-Appeal

Der Anbieter von Gendiagnostiklösungen ist eine Bereicherung für den DAX und bringt durchaus weiteres Potenzial für Wertsteigerungen mit. Qiagen stand im zurückliegenden Jahr im Fokus, als der große US-Wettbewerber Thermo Fisher eine Übernahmeofferte in Höhe von zuletzt 43 Euro pro Aktie lancierte. Doch die Übernahme platzte, weil die Investoren ihre Anteile nicht im erwarteten Umfang andienten. Heute notiert die Aktie etwas höher als damals. Das ist gerechtfertigt. Der innere Wert des Unternehmens ist dank guter Geschäftsentwicklung gestiegen.

Qiagen profitiert nämlich mit seinen Diagnosetests für SARS-CoV-2. Das Know-how wird auch bei der Entwicklung von Therapien eingesetzt. Umsatz und Gewinn sind in diesem Bereich deutlich gestiegen. Die aktuelle Entwicklung der Corona-Pandemie und die hohen Ansteckungsraten zeigen, dass dieses Geschäft nicht so schnell wegfallen wird, wie Analysten teilweise befürchten. Im Windschatten des Virus haben die Behörden erkannt, dass sie für solche Infektionserkrankungen schlecht gerüstet sind. Deshalb wurden die Budgets insbesondere von Forschungseinrichtungen erhöht.

Im ersten Halbjahr konnte Qiagen daher das sogenannte Nichtvirusgeschäft um mehr als ein Drittel steigern. Weitere Budgeterhöhungen deuten darauf hin, dass diese Entwicklung anhalten kann. Das Unternehmen plant, sein Wachstum auch durch Firmenkäufe zu beschleunigen. Der hohe Cashflow der vorigen Quartale dient als Finanzierungsquelle. Die guten operativen Aussichten werden durch die Übernahmefantasie aufgepeppt. Der Diagnostikmarkt konsolidiert, und unabhängige Unternehmen von der Größe von Qiagen sind selten geworden.

Sartorius Vz.-Aktie

Wachstum mit sehr hohem Momentum

Der Göttinger Pharma- und Laborzulieferer Sartorius ist eine der großen Erfolgsgeschichten auf dem deutschen Aktienmarkt. Eine Wertsteigerung um viele Tausend Prozent nach dem Börsengang 1990 krönt nun die Aufnahme der marktbreiten Vorzugsaktie in den DAX. Die Erfolgsgeschichte basiert in erster Linie auf der Entscheidung aus dem Jahr 2007. Damals wurde die eigene kleine Biotechnologiesparte mit der des französischen Biotechunternehmens Stedim zusammengelegt. Die Einheit firmiert seitdem unter Sartorius Stedim Biotech und ist an der Pariser Börse notiert.

Der Löwenanteil des Wertzuwachses des Konzerns beruht auf der Entwicklung dieser Tochter, die auch durch gezielte Akquisitionen gestärkt wurde. Sartorius Stedim Biotech profitiert mit der Palette rund um die Entwicklung und Erzeugung von biopharmazeutischen Wirkstoffen vom Branchenwachstum. Die meisten neuen Wirkstoffe kommen aus den Biotechlabors und sind aufwendig in der Herstellung. Hier hat sich Sartorius eine Alleinstellung aufgebaut. Auch in Prozesse rund um Covid-19 ist das Unternehmen involviert. Zuletzt hat sich aber auch der kleinere Bereich Labortechnik erfreulich entwickelt.

Im laufenden Jahr rechnet Sartorius mit einem Umsatzwachstum um 45 Prozent. Die operative Marge soll bei etwa 34 Prozent landen. Dieses Wachstumsmargenpaket kommt allerdings mit einem hohen Preis daher. Die Aktie handelt mit einem Gewinnmultiplikator von 72. Das heißt: Sollte sich das Wachstum verlangsamen, wird es gefährlich. In den kommenden Quartalen ist damit nicht zu rechnen. Die Wahrscheinlichkeit ist deshalb hoch, dass die Aktie den Erträgen folgen wird. Wir erhöhen Kursziel und Stoppkurs.

Siemens Healthineers-Aktie

Medizintechniker mit Steigerungspotenzial

Mit dem Aufstieg des Medizintechnikers Siemens Healthineers ist die Siemens-Familie im neuen DAX nun sogar dreifach vertreten: Neben dem Mutterkonzern zog im März bereits Siemens Energy ein. Die beiden Töchter sind noch immer eng mit der Mutter verbunden.

Siemens hält rund ein Drittel der Energy-Aktien und sogar drei Viertel an Healthineers. Eine ähnliche Konstruktion gibt es im DAX bereits mit Fresenius und Fresenius Medical Care. Dort beeinflusst die Geschäftsentwicklung der Tochter stets auch den Aktienkurs der Mutter. Solche Querverbindungen widersprechen eigentlich der Idee eines Aktienindex, wurden bei der DAX-Reform aber nicht thematisiert.

Siemens Healthineers erwirtschaftete 2020 einen Jahresumsatz von 14,5 Milliarden Euro. Die Diagnostiksparte profitierte während der Pandemie von den SARS-CoV-2-Schnelltests. Das Geschäft mit Laborstraßen und Computertomografen erholt sich von der pandemiebedingten Flaute. Die Übernahme des US-Krebstherapiespezialisten Varian soll das Wachstum kräftig ankurbeln. Zukunftsträchtig ist auch die Verknüpfung digitaler Kompetenzen bei bildgebenden Geräten mit künstlicher Intelligenz. Neues zur Strategie soll Mitte November auf einem Kapitalmarkttag verkündet werden. Die Medizintechniksparte ist seit März 2018 selbst an der Börse notiert, die Geschichte reicht allerdings mehr als 120 Jahre bis in die frühen Zeiten des Siemens-Konzerns zurück. Seit dem Börsengang hat sich der Kurs verdoppelt. Siemens Healthineers ist momentan die attraktivste Aktie der Siemens-Familie. Der Name Healthineers ist übrigens ein Akronym, dass sich aus den drei Worten "Healthcare", "Engineer" und "Pioneer" zusammensetzt.

Symrise-Aktie

Mit feinem Duft und gutem Geschmack ?

Ob frischer Minzgeschmack in der Zahnpasta, der Vanillegeschmack in der Kugel Eis oder ein faszinierendes Parfüm - in unzähligen Alltagsprodukten steckt eine Note Symrise. Mit mehr als 30 000 Produkten deckt der weltweit agierende Duft- und Aromenhersteller mit Sitz in Niedersachsen das ganze Spektrum der Duft- und Geschmacksstoffe ab. "Wussten Sie, dass Sie im Schnitt 20- bis 30-mal am Tag mit unseren Produkten in Berührung kommen?", fragt der DAX-Aufsteiger auf seiner Webseite.

In den vergangenen Jahren baute Symrise zudem das Geschäft mit Zusatzstoffen für Heimtierfutter deutlich aus und will dort auch künftig kräftig wachsen. "Mittelfristig ist das ein Geschäft, das über eine Milliarde Umsatz hat", sagte Vorstandschef Heinz-Jürgen Bertram kürzlich. Momentan liegt der Jahresumsatz in diesem Bereich bei über 500 Millionen Euro. 2014 stieg Symrise mit der 1,3 Milliarden Euro schweren Übernahme der französischen Diana-Gruppe in das Geschäft für Heimtierfutter ein. Seitdem wurde es stetig verstärkt, Ende 2019 zum Beispiel durch den 900 Millionen Dollar schweren Kauf von ADF/IDF, einem US-Hersteller proteinhaltiger Inhalts- und Geschmacksstoffe für Hunde- und Katzenfutter.

Symrise entstand 2003 aus der Fusion der Bayer-Tochter Haarmann & Reimer mit Dragoco und ist rund 15 Jahre nach dem Börsengang einer der vielversprechendsten DAX-Aufsteiger. Neben dem Grundbedürfnis nach Essen und Trinken dürften Megatrends wie Gesundheit und Wohlbefinden sowie Schönheit und Pflege die Nachfrage nach den Inhaltsstoffen weiter vorantreiben. Mit einem Umsatz von 3,52 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2020 gehört Symrise zu den global führenden Anbietern.

Zalando-Aktie

Modische Erfolgsstory im Internet

Der Werbeslogan "Schrei vor Glück" hat den DAX-Aufsteiger Zalando bekannt gemacht. Die Covid-Pandemie hat das Wachstum des Internethändlers beflügelt. Das 2008 in Berlin gegründete Start-up liefert heute rund 45 Millionen Kunden Schuhe, Kleidung und Kosmetikprodukte an die Haustür - in 23 Ländern und mittlerweile von mehr als 1500 Marken. Das Sortiment umfasst weltbekannte Hersteller sowie lokale Labels. Vor allem das Plattformgeschäft wächst. Dabei verkaufen andere Händler, Modemarken oder stationäre Läden ihre Waren über Zalando und zahlen dafür sowie für Logistikdienstleistungen. "Kunden und Partner nehmen unsere Plattform stark in Anspruch", sagte Finanzchef David Schröder kürzlich. Auch der durchschnittliche Warenkorb sei gewachsen.

Seit Sommer 2020 stieg die Zahl der aktiven Kunden um gut zehn Millionen auf 44,5 Millionen - aktiv heißt, dass jemand mindestens einmal im Jahr bestellt. In der Zeit von April bis Juni kauften die Kunden so häufig wie nie: Durchschnittlich gaben sie fünf Bestellungen auf. Nun dürfte sich das Geschäft bei Zalando wieder normalisieren und es für die Firma mit den rund 14 500 Mitarbeitern schwerer machen, die hohen Erwartungen zu erfüllen. Zuletzt erklärte Zalando, das Ebit werde in der oberen Hälfte der erwarteten Spanne von 400 Millionen bis 475 Millionen Euro liegen - und damit die Analysten enttäuscht, die mit 479 Millionen kalkuliert hatten. Der Umsatz soll weiter steigen, und zwar um 26 bis 31 Prozent auf 10,1 Milliarden bis 10,5 Milliarden Euro. Seit dem Rekord bei etwa 105 Euro hat die Aktie Wert eingebüßt, doch seit dem Börsengang im Herbst 2014 summiert sich das Kursplus auf satte 270 Prozent.