"Nach den starken Schwankungen der vergangenen Tage sind die Börsen wieder einmal auf Richtungssuche", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Es fehlen die Käufer, die den Markt weiter nach oben treiben. Gleichzeitig gibt es aber auch nicht viele Verkäufer, die stärkere Verluste auslösen könnten."

Die Europäische Zentralbank (EZB) habe den Börsen den erhofften Rückenwind auch nicht geliefert, sagte Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "EZB-Präsidentin Christine Lagarde zeigte sich zurückhaltend und stellte keine neuen geldpolitischen Maßnahmen in Aussicht." Dies gab dem Euro weiter Auftrieb, der sich auf 1,1851 Dollar verteuerte.

BREXIT-VERHANDLUNGEN STEHEN AUF DER KIPPE


Nervös machte Investoren die harte Haltung der britischen Regierung, die den Brexit-Vertrag in Teilen aushebeln will. Wegen der verfahrenen Situation seien Prognosen über den Ausgang der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU schwierig, sagte LBBW-Analyst Andreas Heinemann. "Lediglich das Risiko eines 'Hard Brexit' nach Ende der bis Jahresende gehenden Übergangsphase zeichnet sich immer deutlicher ab."

Ohne eine Einigung bis zum Jahresende droht ein ungeordneter Ausstieg Großbritanniens aus der EU, der Experten zufolge die Wirtschaft beiderseits des Ärmelkanals belasten würde. Das Pfund Sterling stabilisierte sich nach dem Ausverkauf vom Donnerstag und kostete 1,2830 Dollar.

Erneut abwärts ging es dagegen für den Ölpreis. Die Sorte Brent aus der Nordsee büßte 0,3 Prozent auf 39,92 Dollar je Barrel (159 Liter) ein. Der überraschende Anstieg der US-Lagerbestände schüre die Furcht vor einer wieder fallenden Nachfrage durch die Coronavirus-Pandemie, sagte Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda.

GROSSAKTIONÄR THIELE VERSILBERT KNORR-BREMSE-ANTEILE


Bei den deutschen Aktienwerten rückte Knorr-Bremse ins Rampenlicht. Die Aktien des Auto- und Bahn-Zulieferers fielen zeitweise um fast neun Prozent auf 99,58 Euro, nachdem Mehrheitsaktionär Heinz Herrmann Thiele zehn Millionen Anteilsscheine zu je 100 Euro verkauft hatte.

In Amsterdam stiegen die Titel von Altice dagegen um bis zu 27 Prozent auf 4,22 Euro und steuerten auf den größten Tagesgewinn seit zweieinhalb Jahren zu. Firmengründer Patrick Drahi bietet den übrigen Eignern der Kabelfirma 4,11 Euro je Aktie und will das Unternehmen von der Börse nehmen.

Für Kursfantasie sorgte das Buhlen um den italienischen Börsenbetreiber durch den pan-europäischen Konkurrenten Euronext. "Die Borsa Italiana bietet Euronext die dringend benötigte Größenordnung und strategisch wichtige Produktmöglichkeiten, einschließlich Clearing und elektronischem Handel mit festverzinslichen Wertpapieren", urteilten die Analysten von Jefferies. Euronext-Papiere gewannen 1,8 Prozent.

rtr