Die Währungshüter könnten aber das Volumen ihrer Wertpapierankäufe von derzeit monatlich 20 Milliarden problemlos auf 80 Milliarden Euro aufstocken und dabei verstärkt Unternehmensanleihen einsammeln.
Eine Absenkung des Zinsen für Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB auf minus 0,6 von minus 0,5 Prozent gilt bei Investoren als ausgemacht. Die Notenbank könnte einen solchen Schritt schon vor den offiziellen Beratungen am Donnerstag bekanntgeben, prognostiziert Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Vor einigen Tagen hatten sich die Währungshüter auf einer Telefonkonferenz zunächst für eine Politik der ruhigen Hand entschieden.
Auch bei der Fed sei das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht, sagt Analystin Laura Pozzini vom Vermögensverwalter Eurizon. Sie halte weitere Zinssenkungen und zusätzliche Geldspritzen für wahrscheinlich. Investoren sehen die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Herabsetzung des Schlüsselsatzes um einen halben Prozentpunkt bei den regulären Fed-Beratungen Mitte März bei mehr als 80 Prozent.
MEHR SCHADEN ALS NUTZEN?
Rasche Zinssenkungen und milliardenschwere Hilfsprogramme von Regierungen hätten aber auch eine Kehrseite, warnt Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets. "Anleger fragen sich, wie schlimm die Lage wirklich ist. Ab einem bestimmten Punkt schüren Interventionen Nervosität."
Vor diesem Hintergrund rutschte der Dax in den vergangenen Tagen um insgesamt etwa drei Prozent ab und notierte mit knapp 11.600 Punkten zeitweise so niedrig wie zuletzt vor sechseinhalb Monaten. Außerdem steuerte er auf den dritten Wochenverlust in Folge zu. Das ist die längste Serie seit einem knappen halben Jahr.
Zinssenkungen hätten zudem keinen direkten Einfluss auf die Virus-Folgen, sagt Rupert Thompson, Chef-Analyst des Vermögensverwalters Kingswood. "Eine kurze weltweite Rezession ist alles andere als ausgeschlossen." In den Aktienkursen spiegele sich dieses Risiko bislang nicht angemessen wider.
Vor diesem Hintergrund werden Börsianer die anstehenden Konjunkturdaten auf Coronavirus-Symptome untersuchen. Auf dem Terminplan stehen unter anderem Zahlen zur deutschen (Montag) und zur europäischen (Donnerstag) Industrieproduktion. "Ob die Talfahrt in der Industrie zu Ende ist, bleibt abzuwarten", sagt Commerzbank-Analyst Christoph Weil. "In den USA werden die Verbraucherpreise für Februar zeigen, dass die Inflation einer weiteren Zinssenkung seitens der Fed nicht im Wege steht."
GROSSBRITANNIEN LEGT NACH-BREXIT-ETAT VOR
Mit einem Auge schielen Investoren zudem nach Großbritannien, wo der neue Finanzminister Rishi Sunak am Mittwoch seinen Haushalt vorlegen will. "Dieser wäre ohnehin schon expansiv gewesen", sagt Analyst Andreas Billmeier von Western Asset Management. "Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus bieten jetzt einen schönen Deckmantel, um noch mehr auszugeben." In Deutschland könnten die für 2021 geplanten Steuersenkungen vorgezogen werden. "Da diese vor allem Bezieher niedriger bis mittlerer Einkommen entlasten, sollten sie eine gute Wirkung zeigen."
Ferner legen in der neuen Woche einige Nachzügler Geschäftszahlen vor. Aus dem Dax öffnen die Deutsche Post, der Versorger RWE und der Sportartikel-Hersteller Adidas ihre Bücher. In den USA stehen die Ergebnisse des SAP-Rivalen Oracle auf dem Terminplan.
rtr