Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien am 20.12.2018 in Heftausgabe 51/2018

Turbulente Szenen spielten sich im Börsenjahr 2018 rund um den Globus ab. Die Chaosverbreiter sind schnell gefunden: Donald Trump, Xi Jinping, Theresa May und Giuseppe Conte. Bei dem Quartett handelt es sich um die Regierungschefs der USA, Chinas, Großbritanniens und Italiens. Mit ihren prägenden Themen Handelsstreit, Brexit und italienische Fiskalpolitik hielten die Protagonisten die Anleger in Atem. "Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der Einfluss der Politik je so groß war", bringt Vermögensverwalter Jens Ehrhardt die aktuelle Lage auf den Punkt.



Die Politik wird auch im neuen Jahr ein dominierendes Thema an den Kapitalmärkten bleiben. Noch zeichnet sich nämlich keine Einigung beim Kampf um die weltweite Vorherrschaft zwischen den USA und China ab. Auch der Brexit sowie die italienische Schuldenkrise bleiben ein offenes Problem. "2019 wird dominiert von egozentrischen Machthabern, denen das eigene Wohl oder der Schaden des Gegners wichtiger sind als das Wohl des Volkes", warnt Hendrik Leber von Acatis. Damit wächst für Anleger die Herausforderung, die Nachrichten zu politischen Turbulenzen und Handelskonflikten richtig einzuordnen.

Dass die vielen Krisenherde auch Einfluss auf die Konjunktur haben, ist selbstverständlich. So geht etwa der Internationale Währungsfonds (IWF) davon aus, dass im kommenden Jahr das Wachstum in den Industrieländern von 2,4 Prozent 2018 auf 2,1 Prozent zurückgehen wird. Der scheidende Chefvolkswirt des IWF, Maurice Obstfeld, warnt zugleich vor einer globalen Wachstumsverlangsamung. Er verweist dabei auf die bereits erfolgte wirtschaftliche Abschwächung in Deutschland und Japan im dritten Quartal 2018.

Vorsichtige Notenbanken



Folglich dürfte es der Europäischen Zentralbank (EZB) schwerfallen, die Zinszügel 2019 anzuziehen. Zwar vollzog Mario Draghi mit der Ankündigung, die milliardenschweren Anleihekäufe würden Ende des Jahres eingestellt, bereits einen ersten Schritt in Richtung straffere Gangart, doch ist fraglich, ob weitere Handlungen folgen. "Die EZB wird ihre Geldpolitik nur in homöopathischen Dosen anpassen können, wenn überhaupt. Anders ausgedrückt: Sie wird den Zins niedrig halten, weil sie es muss - nicht zuletzt wegen Italien und Frankreich", erklärt Kapitalmarktstratege Philipp Vorndran von Flossbach von Storch. In den USA könnte es derweil zu einer Zeitenwende kommen. Die Serie von acht Zinserhöhungen in den vergangenen drei Jahren droht abzureißen. "Ab 2019 könnte die Fed komplett auf Zinserhöhungen verzichten", mutmaßt Kapitalmarktstratege Robert Halver.

Trotz aller politischen Widrigkeiten ist es um die Aktienmärkte also womöglich gar nicht so schlecht bestellt. Eine weitere Nullzinspolitik der EZB gepaart mit einer Zinspause in den USA bilden dafür einen guten Nährboden. In dieses Horn stößt auch Ehrhardt. "Für 2019 muss man die Hoffnung nicht ganz aufgeben", sagt der Investmentstratege und fügt hinzu: "Zu Aktien gibt es wenig Alternativen."

Folglich werden sich auch im neuen Jahr wieder jede Menge Chancen eröffnen. Anleger sollten ihr Augenmerk allerdings stark auf die Fundamentaldaten richten und vorerst defensive Qualitätsaktien übergewichten oder sich auf Spezialsituationen konzentrieren. Ab Seite 3 stellen wir Ihnen wie gewohnt unsere jeweiligen Favoriten aus den verschiedenen Anlageregionen vor.



Auf Seite 2: Interview mit den Starinvestoren Jens Ehrhardt, Hendrik Leber, Philipp Vorndran, Robert Halver und Dirk Müller





"Theaterstück der Selbstzerstörer"


Interview: Die Politik wird auch weiterhin das Geschehen an den Börsen prägen. Davon sind fünf Starinvestoren überzeugt. Schwarz sehen die Experten für die Kapitalmärkte aber keineswegs.

Nach einem sehr durchwachsenen Börsenjahr 2018 nur Tristesse für 2019 zu verbreiten ist nicht angesagt. Trotz vieler Krisenherde gibt es auch positive Signale für steigende Märkte, meinen fünf deutsche Top-Experten.

BÖRSE ONLINE: Das Börsenjahr 2018 war stark politisch geprägt. Vor allem Donald Trump drückte den Aktienmärkten seinen Stempel auf. Wie ordnen Sie das ein?


Jens Ehrhardt: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der Einfluss der Politik je so groß war. Einst hieß es, politische Börsen haben kurze Beine. Selbst die größten Krisen haben sich früher lediglich kurzfristig ausgewirkt. Die politischen Beine sind wohl nicht zu Unrecht länger geworden. Die Handelspolitik von Trump kann tatsächlich nachhaltige Schäden anrichten.
Hendrik Leber: Naivität an der Spitze haben wir schon erlebt (Ronald Reagan, Jimmy Carter), Dilettantismus auch, aber so viel selbstverliebte Ignoranz ist neu. Es ist eigentlich ungeheuerlich: kriminelle Machenschaften, Lügen, Unzuverlässigkeit, Vertragsbruch, Missachtung demokratischer Instanzen, wirtschaftliche Inkompetenz und so weiter. Das hat es bisher in einem großen Industrieland noch nie gegeben.
Philipp Vorndran: Politik hat schon immer eine Rolle gespielt, zumindest kurzfristig. Von daher ist das nicht wirklich neu. Wobei der Eindruck sicherlich durch die Person und Lautstärke Donald Trumps verstärkt wird.
Robert Halver: Donald Trump ist so etwas wie die Abrissbirne in der westlichen Welt. Er ideologisiert, sendungsbewusst beseelt von seiner (Handels-)Mission kontra China, bei der es schon lange nicht mehr nur um pure Handelspolitik geht. Dazu bedient er sich auch unlauterer Mittel. An friedlicher Koexistenz ist Trump wenig interessiert. Er stellt sich klar gegen den Abgesang auf Amerikas Führungsrolle in der Welt, für den es tatsächlich noch viel zu früh ist.
Dirk Müller: Die Börsen unterliegen immer mal wieder den kurzfristigen politischen Entscheidungen. Geostrategie und Machtpolitik ist immer dominant gegenüber Wirtschaftsfragen. Aber in dieser Intention und Dauer ist es in der Tat neu und gefährlich.

Rechnen Sie damit, dass die Politik 2019 ähnlich stark dominiert?



Ehrhardt: Die Frage ist, ob die US-Amerikaner diese Form der Wirtschaftspolitik betreiben, um einmalig bessere Handelsbedingungen für sich herauszuholen, oder ob nicht schon ein geopolitischer Dauerkampf dahintersteckt. Ihnen geht es nicht darum, geistigen Diebstahl zu unterbinden oder die Handelsbilanz etwas aufzubessern. Es geht wohl darum, die Chinesen im Zaum zu halten.
Leber: Fast vollständig. Wir befinden uns in einem Theaterstück der Selbstzerstörer. 2019 wird dominiert von egozentrischen Machthabern, denen das eigene Wohl oder der Schaden des Gegners wichtiger sind als das Wohl des Volkes. Ich denke da an den amerikanischen Präsidenten, der mit seiner Zollpolitik in seiner eigenen Bevölkerung großen finanziellen Schaden anrichtet; an die Menschen, die den von Theresa May verhandelten Kompromiss zerstören wollen; an Putin, der unverhohlen seine Macht ausweitet; an einen wirtschaftlich inkompetenten Präsident Erdogan und an die Laienspieler in Italien.
Vorndran: Das wird sich zeigen. Brexit, der Streit zwischen den USA und China, bei dem es letztlich um die globale Vorherrschaft geht, sowie die latenten Probleme der Eurozone werden weiterhin Themen an den Märkten bleiben. Als Investoren müssen wir diese Felder vor allem auf ihre langfristigen Implikationen für die Weltwirtschaft abklopfen.
Halver: Die Politik wird die Finanzmärkte nie mehr loslassen. Doch scheint sie vom Problemlöser zum -verursacher geworden zu sein. Weder beim Handelskonflikt noch beim Brexit oder der italienischen Schuldenkrise ist eine Lösung ohne Politik möglich. Vor der Europawahl im Mai müssen diese Stolpersteine aus dem Weg geräumt sein, um keine Euro- und EU-skeptische Mehrheit zu riskieren.
Müller: Auch 2019 wird es die Politik sein, die die Börsen bestimmt. Unternehmen, Investoren und Bürger brauchen Planungssicherheit. Die Politik liefert aktuell und absehbar das genaue Gegenteil. Folglich werden Investitionen zurückgestellt, bis wieder Planungssicherheit herrscht. Das entspricht einer harten Vollbremsung der weltweiten Wirtschaft, da nahezu alle Branchen global von Handelskrieg und US-Zinsen betroffen sind.

Krisenherde in Europa belasten. Bekommt die EU das in den Griff?


Ehrhardt: Rechtzeitig warnten wir vor italienischen Staatsanleihen. Den schwarzen Peter allein den Italienern zuzuschieben wäre allerdings unfair. Sie haben ihre Neuverschuldung seit der Einführung des Euro mit am wenigsten erhöht. Entsprechend sind die Anleihen nach dem Kurssturz eher ein Kauf. Die Franzosen, Spanier oder Portugiesen haben ihre Verschuldung weit stärker erhöht. Im Moment sehe ich Frankreich als größeres Problem. Will man den Euro halten, muss man in Europa höhere Defizite zulassen, und die EZB könnte selektiv Anleihen zukaufen.
Leber: Schon relativ leichte Aktionen der EU und der EZB können Italien über den Druck der Märkte zum Einlenken bringen. Würde die EZB etwa italienische Anleihekäufe einstellen, würden die Zinsen so stark steigen, dass Italien wieder zu einer Politik der Vernunft zurückkehren würde.
Vorndran: Das ist eine Frage der zeitlichen Perspektive. Wir glauben nicht, dass der Euro ewig überdauern wird. Dafür sind die Konstruktionsfehler schlicht zu gravierend. Das heißt aber nicht, dass dieser morgen, im nächsten Jahr oder in fünf Jahren auseinanderbrechen muss. Eine solche Entwicklung kann dauern. Bislang ist es das Verdienst der EZB, die Eurozone zusammenzuhalten, indem sie die Refinanzierungskosten massiv drückt. Das wird sie auch weiterhin tun müssen, um den Euro nicht zu gefährden. Dazu kommt die Fiskalpolitik. Regierungen werden unseres Erachtens künftig viel spendabler sein, um die Wähler mit Geschenken ruhigzustellen. Die Sparpolitik wäre tot. Und die Inflationsgefahren würden wachsen. Für Sparer und die klassischen Rentensysteme wäre das der Untergang.
Halver: Die Notfallplanung sieht vor, dass zusätzliche Liquidität in Milliardenhöhe innerhalb von zwölf Stunden vom Rettungsschirm in den Bankensektor überführt werden kann, damit Schuldenschieflagen keinen Dominoeffekt auslösen.
Müller: Die Schuldenproblematik wird sich erweitern, wir haben die Grenzprobleme nie behoben, sondern stets nur verschoben und vergrößert. Das werden wir noch viele Jahre weiterbetreiben. Eher gibt man die Stabilitätskriterien auf und übernimmt die gemeinsame Haftung inklusive Finanzausgleich, bevor man Europa daran scheitern lässt.

Gift für die Märkte sind die steigenden Zinsen in den USA. Wie werden sich diese 2019 entwickeln?


Ehrhardt: Ich gehe davon aus, dass sie nicht mehr stark anziehen. Vier Zinsschritte im kommenden Jahr, wie sie einige Investmentbanken voraussagen, sehe ich nicht. Auch weil besonders die Unternehmen, aber auch die Haushalte hoch verschuldet sind.
Leber: Powell wird sein volles Zinserhöhungsprogramm nicht durchziehen, wenn er dadurch der Konjunktur stark schadet.
Vorndran: Die US-Notenbank hat in den vergangenen Wochen deutlich gemacht, dass sie mit Bedacht, also sehr behutsam vorgehen wird. Sollte sich das konjunkturelle Umfeld weiter eintrüben, das Wachstum schlechter ausfallen als erwartet, haben sich weitere Zinserhöhungen ohnehin erledigt - dann könnte das Pendel vielmehr in die andere Richtung ausschlagen.
Halver: Ab 2019 könnte die Fed sogar komplett auf Zinserhöhungen verzichten. Vor Zins- und Renditeerhöhungsängsten muss man 2019 ähnlich wenig Angst haben wie vor dem Gespenst unter dem Bett.
Müller: Die US-Zinsen werden weiter ansteigen, das Tempo ist ungewiss. Die damit einhergehenden Spannungen und Krisen der  - in US-Dollar verschuldeten - Schwellenländer werden weiter zunehmen und die Märkte unter Druck setzen.

Wie reagiert die Europäische Zentralbank?


Erhard: Ihr bleibt gar nichts anderes übrig, als die Zinsen dort zu belassen, wo sie sind. Wahrscheinlich muss die EZB bald wieder Geld in Form von Anleihekäufen drucken. Fiskalpolitisch müsste über Steuersenkungen nachgedacht werden. Diese bringen sehr schnell etwas. Ohne sie hätte die Konjunktur in den USA niemals so stark angezogen.
Leber: Die EZB wird mit den Zinsen unten bleiben müssen, um den Staaten und Unternehmen nicht zu schaden. Damit führt sie Inflation herbei, die den privaten Anlegern schadet.
Vorndran: Sie wird ihre Geldpolitik nur in homöopathischen Dosen anpassen können, wenn überhaupt. Anders ausgedrückt: Sie wird den Zins niedrig halten, weil sie es muss  - nicht zuletzt wegen Italien und Frankreich.
Halver: Schädigende Zinssteigerungen haben DAX und Co 2019 nicht zu befürchten.
Müller: Die EZB wird aufgrund der heimischen Probleme mit Italien, Griechenland und Co keine Option haben, die Zinsen weiter niedrig zu belassen und gegebenenfalls auch wieder Anleihekäufe aufzunehmen.

Zuletzt waren die Börsen schwach. War dies eine technische Reaktion oder der Beginn einer langen Baisse?


Ehrhardt: Für das Jahr 2019 muss man die Hoffnung nicht ganz aufgeben. Vor allem dann nicht, wenn die Zinsen in den USA nicht so stark steigen. Zu Aktien gibt es wenig Alternativen: Die Immobilienpreise sind schon stark gestiegen, Festgeld und Staatsanleihen bringen fast nichts. Und die Qualität der Unternehmensanleihen wird auch schlechter.
Vorndran: Wir werten das als Korrektur, die sich durchaus noch eine Weile fortsetzen kann. Eine Trendwende, eine anhaltende Baisse sehen wir dagegen nicht. Die vergangenen Wochen haben jedoch einmal mehr gezeigt, wie wichtig Qualitätsanlagen für das Portfolio sind.
Halver: Bislang hält das Quartetto Infernale  - Handelskonflikt, EU-Italo-Schulden-streit, Brexit, Zinsangst - die Finanzmärkte fest im Schwitzkasten, sodass Hedgefonds und Vermögensverwalter ihre Investitionsquote auf Sparflamme halten. Der Anfang einer lang anhaltenden Baisse ist das aber grundsätzlich nicht. Für 2018 war man zu positiv gestimmt, für 2019 zu pessimistisch. Die Erwartungshaltung ist also gering.
Müller: Es sieht danach aus, als würde sich 2019 die Kettenreaktion aus Zinserhöhungen, Handelskriegen und abkühlender Weltwirtschaft weiter durch die Finanzmärkte ziehen. Kurzfristige Erholungen gerade zum Jahresende sind immer drin, aber insgesamt sollte man nach 40 Quartalen Wirtschaftswachstum für 2019 nicht zu optimistisch sein.

Böse erwischt hat es die Autoindustrie. Wie trist ist deren Zukunft?


Ehrhardt: Wir haben die Autohersteller konsequent gemieden und davor gewarnt. Setzt sich der Elektromotor mengenmäßig durch, bekommt die Branche sicherlich ein Problem. Die deutschen Konzerne haben den Trend verschlafen.
Leber: Ziemlich trist - mit steigender Elektrifizierung sinkt die in Deutschland verbleibende Wertschöpfung, und gleichzeitig verringern sich die Markteintrittsschwellen für neue Autobauer. Das kriegen die Deutschen schon hin, aber mit kleinerem Umsatz, kleinerer Belegschaft und ohne Premiumpreise. Schlagworte wie "Aus Freude am Fahren" oder "Vorsprung durch Technik" verlieren ihren Sinn.
Vorndran: In den Kursen ist schon sehr viel Negatives eingepreist. Gute Produkte, gute Autos werden weiterhin gefragt sein. Nichtsdestotrotz ist das Umfeld für die Branche sehr wettbewerbs- und regulationsintensiv. Dem müssen sich auch die deutschen Autobauer stellen und die passenden Antworten für die Zukunft finden.
Müller: Aktuell läuft es sehr schlecht für die deutsche Automobilindustrie. Dieselskandal, wirtschaftspolitisch motivierte Angriffe aus den USA, die sich abkühlende Wirtschaft in China. Das passiert ausgerechnet in der Phase des größten technologischen Umbruchs dieser Industrie seit über 100 Jahren. Die deutsche Autoindustrie ist stark und robust, wird aber aktuell schwer geprüft. Ergebnis offen.

Welche Branchen favorisieren Sie für das kommende Jahr?

Ehrhardt: Stark überverkauft scheinen etwa die deutschen Versorger zu sein. Niedrige Bewertungen und hohe Renditen sprechen für sie. Auch bei US-amerikanischen Technologietiteln bin ich optimistisch. Bei ihnen gab es schon einen großen Ausverkauf mit hohen Umsätzen. Zudem sollten Anleger ein Auge auf Übernahmekandidaten werfen.
Leber: E-Mobilität, Halbleiter, Pharma und Biotech sind meine Favoriten.
Vorndran: Wir machen grundsätzliche keine Branchenallokation. Wir denken zuallererst in erstklassigen Unternehmen. Welcher Branche sie angehören oder in welchem Land sie ihren Hauptsitz haben, ist zunächst einmal unerheblich.
Halver: Die relative Stärke von Hightechwerten dürfte angesichts des Megatrends Digitalisierung anhalten. Amerikanische Technologieaktien sind vergleichsweise hoch bewertet. Hier werden Werte aus der zweiten Reihe die erste zunehmend verdrängen. Ihnen gehört mit Innovationen, längst nicht ausgereizten Geschäftsmodellen und Übernahmefantasie die Aktienzukunft. Vielversprechend sind auch deutsche Aktien aus der zweiten Reihe, speziell Technologietitel aus dem TecDAX, die vom Megathema Digitalisierung profitieren.
Müller: Da ich nicht zyklisch, sondern langfristig plane, sind es auch 2019 jene Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen in den kommenden Jahren unsere Welt maßgeblich bestimmen werden. Dazu gehören Unternehmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, Digitalisierungsthemen, Wasserstofffirmen, Pharma, Onlinehandel und Kommunikationstechnologie.

Runtergebrochen auf einzelne Titel: Wer sind Ihre Favoriten für das Jahr 2019?


Ehrhardt: Einzeltitel dürfen wir leider nicht nennen. Von den Versorgern gibt es ja wenige, auch ein großes deutsches Softwareunternehmen sehe ich im kommenden Jahr eher vorne.
Leber: Nvidia, Cognizant und Oracle stehen bei mir weit oben.
Vorndran: Die Lieblingsfrage unserer Compliance-Abteilung, die ich nur allgemein beantworten kann: drei global aufgestellte, robust wachsende, wenig verschuldete Unternehmen mit erprobtem Geschäftsmodell und erstklassigem Management.
Halver: Ich setze im kommenden Jahr auf: Morgan Stanley US Growth Fund (WKN: 986 729), Vanguard FTSE Emerging Markets (WKN: A1J X51), Xtrackers Euro Stoxx Select Dividend 30 (WKN: DBX 1D3) und iShares Stoxx Europe Mid 200( WKN: 593 399).
Müller: Ich werde sicherlich meine Bestände in Apple, Amazon und Booking Holding weiter ausbauen. Ob diese Unternehmen im Jahresverlauf besonders gut abschneiden, ist mir nicht wichtig. Entscheidend ist, wo diese Unternehmen wirtschaftlich in fünf bis zehn Jahren stehen.



Deutschland: Aufbruch ins Ungewisse


An Spannung fehlte es 2018 wahrlich nicht. Auch im neuen Jahr dürfte es lebhaft bleiben. Wir stellen Ihnen unsere zehn Top-Favoriten vor, die das Zeug zum Outperformer haben.

Doch, es gab 2018 auch Gründe zu feiern. Beispielsweise den Wahlerfolg von Annegret Kramp-Karrenbauer im Wettkampf um den CDU-Vorsitz kurz vor Jahresende, der wieder eine gewisse Stabilität in die deutsche Politik brachte. Auch der Start ins Börsenjahr glückte: Am 23. Januar markierte der DAX ein neues Allzeithoch bei 13 597 Punkten. Wenige Monate später feierte der Index seinen 30. Geburtstag. Aber zu diesem Zeitpunkt ist die Euphorie bereits einer großen Skepsis gewichen. Die Brandherde Handelskrieg, Brexit und Italien machten sich in der zweiten Jahreshälfte massiv bemerkbar. Und so steht der DAX zu Jahresende mit 19  Prozent in den Miesen.

Da bietet die Statistik, die dem DAX seit seiner Gründung am 1. Juli 1988 eine achtbare Rendite von 7,5 Prozent pro Jahr bescheinigt, nur einen schwachen Trost. Doch lassen sich auch 2018 echte Gewinneraktien finden, zum Beispiel Wirecard. Der DAX-Newcomer bringt es auf ein Plus von 45 Prozent. Das Gegenbeispiel dazu liefert die Deutsche Bank, die 2018 die Hälfte ihres Börsenwerts eingebüßt hat.



Nicht nur die Kurse tauchten mehrheitlich ab, auch die Profite gingen auf Talfahrt. Nach aktuellen Schätzungen summieren sich die DAX-Gewinne 2018 auf 878 Punkte, was einem Rückgang um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeuten würde. Besser sieht es in der zweiten und dritten Börsenreihe aus. Beim MDAX rechnet der Konsens mit einem Ergebnisanstieg um 10,2 Prozent, beim SDAX gar mit einem Plus von 12,3 Prozent.

Neuer Dividendenrekord



Für Börsianer ist 2018 allerdings bereits Schnee von gestern. Was zählt, ist die Zukunft. Geht es nach der Analystenzunft, sieht es im neuen Jahr wieder besser aus. Über elf Prozent sollen die DAX-Gewinne dann zulegen, 2020 um weitere acht Prozent. Zudem kommt erneut ein Geldregen auf Anleger zu. So rechnet die Commerzbank mit einem Dividendenwachstum um vier Prozent auf einen neuen Rekordwert von 38,7 Milliarden Euro.



Während wir hinsichtlich der Spendierfreudigkeit der deutschen Großkonzerne den Optimismus der Experten teilen, erscheint uns die Konsensschätzung bei der Ergebnisentwicklung etwas ambitioniert. Wenn diese Prognosen Realität werden sollen, darf die Wirtschaft nicht weiter schwächeln. Zur Erinnerung: Im dritten Quartal sackte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent ab. Und der Ausblick fällt verhalten aus. Nicht nur dass die Konjunkturerwartungen neuesten Umfragen zufolge auf den tiefsten Stand seit August 2012 absackten, auch das Ifo-Institut reduzierte jüngst seine Erwartungen. Aufgrund der Probleme in der Autoindustrie sowie einer schwächeren Weltwirtschaft gehen die Ökonomen fürs zu Ende gehende Jahr nur noch von einem BIP-Plus von 1,5 Prozent und 2019 sogar von nur noch 1,1 Prozent aus.

"Für einen generellen Bärenmarkt an den Aktienbörsen ist es noch zu früh", beruhigt HSBC-Chefanlagestratege Christian Heger. Seiner Ansicht nach haben sich durch die Korrektur die Bewertungsrelationen deutlich verbessert. Auch die Commerzbank sieht Potenzial. Die Experten gehen davon aus, dass sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des DAX in einem Nichtrezessionsszenario wieder in Richtung 12,5/13 bewegen wird, sie erwarten einen Stand von 12 500 Punkten.

Die Top Ten 2019



Angesichts der Vielzahl an Damoklesschwertern, die 2019 weiterhin über der Börse hängen werden, dürfte es volatil bleiben. Stockpicking ist daher angesagt. Dazu stellen wir Ihnen unsere Favoriten vor. Unsere letztjährige Auswahl lieferte angesichts der weltweiten Kurskapriolen gemischte Ergebnisse: Während Adidas, Morphosys und PVA Tepla prozentual zweistellig zulegten, haben wir mit der Deutschen Bank und ElringKlinger voll danebengegriffen. Bei beiden zeigt sich, wie wichtig Stoppkurse sind. Anstatt eines Minus von mehr als der Hälfte wurden die Verluste so auf 20 Prozent begrenzt.

Um den defensiven Charakter im Depot zu stärken, setzen wir erneut auf die Deutsche Telekom. 2018 erhöhte der frühere Monopolist seine Prognose aufgrund seines florierenden US-Geschäfts gleich drei Mal. Es ist davon auszugehen, dass T-Mobile US auch 2019 auf Erfolgskurs bleibt. Eine hohe Dividendenrendite von 4,6 Prozent macht den Titel zusätzlich interessant.

Mit Adidas und Merck KGaA zählen zwei weitere Bluechips zu unseren Top-Picks. Während Merck 2019 auf einen profitablen Wachstumskurs zurückkehren sollte, spricht das Momentum weiterhin für Adidas. Der Sportartikelhersteller erfreut sich in den USA und China hoher Nachfrage, Europa dürfte nächstes Jahr wieder stärker zulegen. Zudem beginnt im Januar die nächste Tranche des milliardenschweren Aktienrückkaufprogramms.

Aus dem MDAX schicken wir 1 & 1 Drillisch, Börsenneuling Siemens Healthineers, MTU Aero Engines und Osram ins Rennen. Bei letztgenanntem Lichtspezialisten spekulieren wir auf eine Übernahme, zudem überzeugt der Konzernumbau in Richtung neuer Wachstumsmärkte in Hightechbereichen wie der Photonik.

Eine Börsenliga weiter unten finden wir die Aktien von Borussia Dortmund interessant. Der BVB spielt wieder vorn mit und hat auch in der lukrativen Champions -League gute Chancen. Abgerundet wird unsere Favoritenauswahl durch die zwei Small Caps SFC Energy und 2G Energy. Der Spezialist für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen 2G weist trotz nachhaltigen Wachstumskurses - das durchschnittliche Gewinnwachstum liegt von 2018 bis 2020 bei 26,6 Prozent - ein KGV von nur rund elf auf. Auch das Potenzial des Brennstoffzellenspezialisten SFC ist noch längst nicht eingepreist. Die Firma hat sich soeben ein Standbein in der wachstumsstarken Wasserstofftechnologie geschaffen.





Europa: Stürmische Zeiten


Die Mängelliste ist lang, die Stimmung an der Börse eher verhalten. Als Investment bieten sich deshalb Aktien an, die dem schwierigen Umfeld bis dato trotzen konnten. Wir stellen vier Kandidaten vor.

Käme es nur auf den Leistungsstand beim Fußball an, stünde Europa blendend da. Inklusive Russland zählten sechs der acht Viertelfinalteilnehmer bei der jüngsten Fußball-WM geografisch zum Kontinent.

Was Politik und Wirtschaft angeht, fällt das Zeugnis jedoch sehr viel schlechter aus. Die Liste der Probleme ist lang: Das Brexit-Theater in Großbritannien, die Staatsschuldenkrise in Italien, die Auswirkungen des Zollstreits zwischen den USA und China. Hinzu kommt ein anhaltender Reformstau, Wachstumsschwäche, im Durchschnitt EU-weit zu hohe Staatsschulden, die umstrittene Migrationspolitik sowie Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit in Polen, Ungarn und Rumänien. Darüber hinaus ist eine tiefsitzende Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung vieler Länder festzustellen, wie die Demonstrationswelle in Frankreich zeigt.

Krisenstimmung dürfte anhalten



Sie ist ein Warnsignal. Die Unzufriedenen könnten auch anderswo auf die Straße gehen. Eine der möglicherweise größten Gefahren besteht in einem zunehmend an Schärfe gewinnenden Kampf zwischen Arm und Reich. Im Vergleich zu den Reichen sind Mittel- und Unterschicht in den vergangenen 20 Jahren deutlich zu kurz gekommen. Fraglich, wie lange sie sich die immer größer werdende Einkommens- und Vermögenskluft noch bieten lassen.

Vor diesem Hintergrund darf man auch auf das Abschneiden der Rechts- und Links-Parteien bei den EU-Parlamentswahlen im Mai gespannt sein. All das belastet natürlich auch Europas Aktienmärkte. Wichtig werden vor allem die weitere Entwicklung der Konjunktur und die Unternehmensergebnisse sein. Beide Indikatoren befanden sich zuletzt im Rückwärtsgang. Die Sentix-Konjunkturerwartungen für die Eurozone sind gegenwärtig so pessimistisch wie bisher nur im Vorfeld von Rezessionen. Volkswirte rechnen jedoch noch nicht mit einer Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts.



Bei MM Warburg etwa stellt man sich für 2019 auf einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 1,9 auf 1,3 Prozent ein. Andere Marktteilnehmer sind inzwischen sogar noch pessimistischer.

Auch die Ergebnisprognosen sind zuletzt gesunken. Im Schnitt bewegen sich die Schätzungen für 2019 aber noch immer bei plus neun Prozent. Etwas skeptischer erscheint die Vorhersage von Morgan Stanley fürs kommende und übernächste Jahr: Die Investmentbank erwartet ein durchschnittliches Gewinnwachstum von vier Prozent. Das ist zwar nicht gerade viel, erklärt aber, warum das geschätzte Zwölfmonats-Kurs-Gewinn-Verhältnis beim Index MSCI Europe mit 12,5 unter den Medianwert von 13,1 (seit 1988) gerutscht ist.



Bei positiven Überraschungen hingegen besteht daher viel Luft nach oben. Ob und in welchem Umfang sich diese aber überhaupt einstellen können, ist bei den aktuellen Rahmendaten mehr als unsicher. Deshalb ist es ratsam, nicht voreilig Wetten auf allgemein steigende Kurse einzugehen, wenn die Abwärtstrends weiterhin Bestand haben und charttechnische Kaufsignale fehlen.

Auf der Suche nach interessanten Einzelwerten sollten sich Anleger auf den stark geschrumpften Pool von Titeln konzentrieren, die immer noch intakte Aufwärtstrends zeigen. Denn Aktien von Unternehmen, die sich gegen den allgemeinen Abwärtsstrudel stemmen konnten, verfügen offenbar über Qualitäten, die man im derzeitigen Marktumfeld braucht.

Vier Europa-Favoriten



So scheint sich der Zusammenschluss von Ahold und Delhaize 2016 zum größten Supermarktbetreiber der Welt (mit Sitz in Amsterdam) auszuzahlen. Der Aktienkurs jedenfalls markierte im November neue Mehrjahreshochs. Weitere positive Impulse könnten sich bei einer geschickten Umsetzung der geplanten US-Expansion ergeben. Zudem peilt der Vorstand mehr Dynamik beim Wachstum der Onlineumsätze an. Die Kosten sollen bis 2021 um 1,8 Milliarden Euro gesenkt werden. Durchweg gut sind auch die Analystenprognosen. Diese sehen von 2017 bis 2022 beim Gewinn je Aktie einen Anstieg von 1,28 auf 2,08 Euro vor und bei der Dividende je Aktie von 63 Cent auf 1,02 Euro. Wir heben unser Kursziel an.

Mit neuen Rekordhochs im November konnte auch das spanische Pharmaunternehmen Rovi aufwarten. Die Firma ist auf die Erforschung, Entwicklung und Herstellung von niedermolekularen Heparinen (Gerinnungshemmern) spezialisiert. Das Flaggschiffprodukt ist das bereits in 56 Ländern weltweit vermarktete Mittel Bemiparin. Wie gut die Geschäfte laufen, zeigt ein von 2008 bis 2017 verbuchter Umsatzanstieg von 96,5 auf 275,7 Millionen Euro. Beim Gewinn je Aktie droht 2019 mit 29 Cent laut Analysten zwar ein kleiner Dämpfer, den Konsensprognosen zufolge sollen daraus allerdings bis 2022 rund zwei Euro werden.

Beim norwegischen Solarparkbetreiber Scatec Solar müssen sich Anleger im kommenden Jahr laut Analysten mit 0,82 Kronen (0,084 Euro) je Aktie auf eine Gewinndelle einstellen. Allerdings könnte bis zum Jahr 2021 ein starker Anstieg auf 5,95 Kronen je Aktie erfolgen. Scatec Solar ist ein weltweit agierendes Unternehmen, das sich auf die Integration von Photovoltaiksystemen spezialisiert hat sowie Solarparks entwickelt, baut und betreibt. Bis 2021 strebt das Unternehmen eine Verdopplung der installierten Kapazitäten auf 3,5 Gigawatt an.

Eine starke Stellung auf dem Heimatmarkt Schweiz hat der Lebensversicherer Swiss Life - der Marktanteil dort lag 2017 bei 30,6 Prozent. Das sollte es dem Konzern ermöglichen, von 2019 bis 2021 mindestens zwei Milliarden Schweizer Franken an freiem Cashflow zu erwirtschaften. Der Vorstand will die Anleger mit einem Aktienrückkauf in Höhe von einer Milliarde Franken daran teilhaben lassen. Analysten rechnen zudem von 2017 bis 2022 mit einer Dividendenanhebung von 13,50 auf 22,50 Franken je Aktie. Zusammen mit einem moderaten 2019er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11,0 verwundert es nicht, dass die Aktie zuletzt neue Kursrekorde aufstellen konnte.





USA: Von Bullen und Bären


Das kommende Jahr dürfte so schwierig werden wie das zu Ende gehende. Manch einer befürchtet gar einen heftigen Abschwung. Als Anleger ist man gut beraten, wenn man nicht zu viel riskiert und auf gute Gelegenheiten wartet

Bis Anfang Oktober lief es noch gut an der US-Börse. Doch der weltweite Abwärtstrend hat die Amerikaner inzwischen eingeholt. Die großen und breiten Indizes Dow Jones und S & P 500 haben ihre Jahresgewinne alle wieder abgegeben und notieren mittlerweile genauso im Minus wie der Technologie-Index Nasdaq Composite und das Nebenwertebarometer Russell 2000.

Damit nicht genug. Nicht wenige befürchten, dass der Kursrutsch nicht nur eine Korrektur in einem ansonsten intakten Aufwärtstrend darstellt, sondern eine Trendwende anzeigt. Und noch schlimmer: den Beginn eines Bärenmarkts.

Hinweise dafür gibt es einige. Etwa technische Signale: So hat der S & P 500 ein "Death Cross" ausgebildet - die gleitende 50-Tage-Linie ist unter die 200-Tage-Linie gefallen. Und das kann tatsächlich einen Abwärtstrend signalisieren. Das Signal gab es nämlich auch vor den beiden großen Bärenmärkten 2001 sowie 2008. Beispiel Finanzkrise: Hier trat das "Todeskreuz" bereits Ende 2007 auf. Anleger, die sich daran orientierten, stiegen bei knapp 1500 Punkten aus und erst im Juni 2009 wieder ein - bei dann rund 900 Punkten.

Das Problem daran: So ein Death Cross führt nicht immer zu einem Bärenmarkt, Fehlsignale sind ebenso möglich. Isoliert betrachtet, stellt der Indikator also keinen Grund dar, tatsächlich einen Abschwung auszurufen. Allerdings gibt es weitere Faktoren, die zur Vorsicht mahnen: Der MACD-Indikator, ein ebenfalls auf Durchschnittslinien beruhender Trendindikator, lieferte bereits vor einigen Wochen ein Verkaufssignal auf Monatsbasis ab.

Am Ende des Zyklus?



Woran liegt die Kursschwäche? Auf den ersten Blick sieht es konjunkturell nicht schlecht aus. So war der November der 98. Monat in Folge mit positivem Stellenwachstum. Das ist ein Rekord. Und die Arbeitslosenquote liegt bei 3,7 Prozent - niedriger war sie zuletzt 1969. Das ist gut für den Konsum, die US-Einzelhandelsumsätze sind nach wie vor hervorragend.

Allerdings muss man sich dennoch Sorgen um die nähere Zukunft machen und einen konjunkturellen Abschwung. Natürlich liegt das auch an US-Präsident Donald Trump. Der nährt mit diversen Tweets immer wieder die Befürchtung, dass eine Einigung im Handelsstreit zwischen China und den USA weiterhin höchst unsicher sei. Zuletzt bezeichnete er sich als "tariff man". Sollten die bereits gestarteten Verhandlungen scheitern, werde er nicht davor zurückschrecken, "die wirtschaftliche Macht der USA einzusetzen". Wie auch immer. Kommt es tatsächlich hart auf hart und zu einem echten Handelskrieg mit China, würde das die USA geschätzt 1,8 Prozentpunkte Wachstum kosten.

Hinzu kommt, dass die von Trump angestoßene Steuerreform im kommenden Jahr ausläuft und parallel dazu dann weit weniger Geld in Aktienrückkäufe fließen wird als bisher. Ein wichtiger Kurstreiber verliert dadurch an Wirkung.

Das Kernproblem sind aber wohl die Zinsen. Beispiel Unternehmensverschuldung: Während der Niedrigzinsphase haben sich viele Aktiengesellschaften am Anleihemarkt billigst mit Geld eingedeckt. Diese Schulden müssen aber irgendwann zu einem dann höheren Zinssatz refinanziert werden. Das könnte zu einem Problem werden. Jeffrey Gundlach, Gründer und Chef der Anlagegesellschaft Double Line Capital, bezeichnet die Kombination aus hoher Verschuldung und steigenden Zinsen als "selbstmörderisch".

Seit Anfang 2015 hat die Notenbank Federal Reserve die Zinsen um 200 Basispunkte erhöht. Geht das so weiter, wird es zu einer Bürde für die Unternehmen. Die Notenbank scheint das Problem inzwischen erkannt zu haben. Zuletzt bezeichnete sie das Wachstum der US-Wirtschaft nämlich als nur noch "gering bis moderat" - man geht von einer Verlangsamung aus. Einige Währungshüter befürchten sogar, weitere Zinsanhebungen würden die Konjunktur "übermäßig bremsen". Der Chef des Notenbankbezirks Minneapolis, Neel Kashkari, sprach sich offen für eine Pause aus. Und auch Kommentare von Fed-Chef Jerome Powell kann man als Hinweis auf eine vielleicht vorsichtigere Zinspolitik verstehen.

Bisher ging man für das kommende Jahr von drei weiteren Leitzinsanhebungen aus, doch an den Märkten wird angesichts der jüngsten Signale der Fed nur noch mit einem oder zwei Schritten gerechnet. Gemäß einigen extremen Meinungen steht eine Pause beim Zinsanstieg oder gar eine Zinssenkung bevor.



Substanz statt Wachstum



Als Anleger sollte man sich in dieser schwierigen Phase bedeckt halten. Substanzaktien sind Wachstumswerten vorzuziehen, auch wenn Letztere, angetrieben von den großen Techkonzernen, in den zurückliegenden Jahren eine extreme Outperformance erreicht haben.

Trotzdem: Aktuell sind Substanzwertefonds wie der Robeco BP US Premium Equity kein Fehler. Größte Positionen sind hier zurzeit Cisco Cystems, Bank of America sowie Merck & Co. Dazu passt natürlich auch Berkshire Hathaway, die Holding von Investmentlegende Warren Buffett. Die Aktie konnte sich dem Kursrutsch zwar auch nicht ganz entziehen, zeigt aber dennoch eine beeindruckende relative Stärke und hat vom Höchststand vergleichsweise wenig verloren. Gut machen sich auch Aktien mit starker Dividendenrendite bei gleichzeitig guten Wachstumsaussichten. In diese Kategorie gehören Unternehmen wie Pfizer, Microsoft, Walt Disney oder Johnson & Johnson.





Schwellenländer: Günstig bewertet


Der sich abschwächende Welthandel und der Konflikt zwischen den USA und China drückten zuletzt auf die Kurse. Der Blick auf die Firmen dort aber zeigt: Etliche Branchen wachsen weiter stabil und bieten gute Einstiegskurse

Nerven wie Drahtseile mussten Börsianer 2018 mitbringen. Das gilt vor allem für die Schwellenländermärkte. Seit Jahresanfang hat der Index MSCI Emerging Markets 16,5 Prozent verloren und damit mehr als doppelt so viel an Wert eingebüßt wie sein Pendant für die entwickelten Industriestaaten. Beim MSCI-World-Index belaufen sich die Verluste auf 9,0 Prozent.

Größter Negativfaktor sind die chinesischen Aktien, die inzwischen rund 30 Prozent der Gewichtung im MSCI Emerging Markets stellen. So sackte der Leitindex Shanghai Composite um 22,1 Prozent ab. Zugleich schwächte sich das Wirtschaftswachstum in China deutlich ab. Mit einem Plus von 6,5 Prozent war es im dritten Quartal so niedrig wie 2009.

Noch nicht erkennbar ist, wie stark sich der US-Handelskrieg auswirken wird. Klar ist aber: Von einem Einbruch der chinesischen Wirtschaft kann bei Wachstumsraten von sechs Prozent keine Rede sein.

Ein ähnliches Bild geben die anderen großen Schwellenländermärkte ab. Emerging Markets mit einem hohen Leistungsbilanzdefizit und einer höheren Verschuldung in Fremdwährung können für 2019 auf Entspannung hoffen, meint Bernd Meyer, Anlagestratege bei der Berenberg Bank: "Die sich abzeichnende Abschwächung des globalen Wachstums wird 2019 zu einer moderateren Zinspolitik in den USA führen. Als Folge wird der US-Dollar auf der handelspolitischen Seite seine Stärke hinter sich lassen, was wiederum die Währungen der Schwellenländer unterstützen wird."



Neue Sicht der Dinge



Die meisten Experten sind sich einig, dass das niedrigere Kursniveau wieder gute Einstiegskurse bietet. "Die makro-ökonomischen Unsicherheiten haben die Bewertungen gedrückt, im neuen Jahr richtet sich der Blick wieder stärker auf die Unternehmensgewinne in den einzelnen Branchen - und Investoren werden hier wieder attraktive Bewertungen entdecken", glaubt Alistair Way, Leiter Anlagestrategie Schwellenländer bei Aviva. Ähnlich schätzt der Chefstratege Schwellenländer bei Credit Suisse, Philipp Lisibach, die Lage ein: "Die Unsicherheitsfaktoren sind eingepreist, die aktuelle Bewertung reflektiert fast schon ein Krisenszenario."

Flexibel agieren



Um am Wachstum unterschiedlicher Branchen mitverdienen zu können, rät Lisibach den Anlegern für das kommende Jahr zu einer flexiblen Strategie. Aussichtsreich zu Beginn 2019 sei eine eher prozyklische Positionierung in Richtung Konsumgüter und Finanzen.

Sollte sich zur Jahresmitte hin das Wachstum in der Industrie gerade in den USA, wie von vielen erwartet, abschwächen, sei dann eine defensivere Positionierung in Richtung Gesundheit und Technologie naheliegend. In diesen Sektoren produziere das strukturell starke Wachstum einen hohen Cashflow. Zudem seien viele Technologietitel nach der Ausverkaufswelle auf einem attraktiven Bewertungsniveau angelangt.

Wer nächstes Jahr neue Positionen in Schwellenländern aufbauen will, fährt mit ausgesuchten ETFs und Investmentfonds am besten. Für den Einstieg eignet sich in puncto Kostenpunkt und langjähriger Performance der im September 2011 in US-Dollar aufgelegte und nicht währungsgesicherte ETF Comstage MSCI Emerging Markets.

Der SPDR S & P Pan Asia Dividend Aristocrats UCITS umfasst Firmen, die in sieben Jahren in Folge ihre Dividende gesteigert haben. Wie der Name nahelegt, spielen Industrieländer wie Japan und Australien eine gewichtige Rolle, gefolgt von Greater China, also China, Taiwan und Hongkong. Seit der Auflage im Mai 2013 hat der ETF eine Rendite von 7,2 Prozent jährlich erzielt - eine Performance, die sich angesichts der defensiven Anlagestrategie sehen lassen kann.

Eine gute Wahl im Bereich Mischfonds ist der DWS Global EM Balance Portfolio. Aktuell sind Aktien in dem breit diversifizierten Portfolio mit etwa 48 Prozent am höchsten gewichtet, Anleihen stellen 37 Prozent. Zu den Ertragsperlen der Fondsboutique Stewart Investors zählt der Aktienfonds First State Asia Pacific Sustainability. Neben ökologischen, sozialen und die Unternehmensführung betreffenden Kriterien bilden Nachhaltigkeitsthemen das Fundament für den Anlageprozess.

Attraktiv erscheint auch der Aviva Emerging Markets Equity Small Cap. Er hat ein mit 80 Titeln breit gefächertes Portfolio und investiert in Firmen, die in ihren Branchen mit neuen Produkten führend, aber zugleich unterbewertet sind und bei Kriterien der guten Unternehmensführung überdurchschnittlich gut abschneiden.