Im Herbst 2016 wurde an den Finanzmärkten ernsthaft über die Überlebensfähigkeit der Deutschen Bank diskutiert.

Zwar hat sich seitdem einiges getan: Bankchef John Cryan hat die wichtigsten Rechtsstreitigkeiten und Skandale auf- und abgearbeitet, die ihm seine Vorgänger hinterlassen hatten. Dafür musste die Bank allerdings einen hohen Preis zahlen, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Die Frankfurter schrieben drei Jahre hintereinander Verluste, weil sie Milliarden an Vergleichszahlungen und Bußgeldern leisten mussten. Auch hat Cryan das Kapital mit dem Verkauf neuer Aktien kräftig aufgestockt und mit dem Börsengang der Vermögensverwaltungstochter DWS weiteres Geld ins Haus geholt. Was ihm jedoch nicht gelungen ist: Das einst so gewinnträchtige Kapitalmarktgeschäft wieder anzukurbeln.

Im Kapitalmarktgeschäft und Investmentbanking setze sich der Verlust von Marktanteilen fort, stellte der einflussreiche JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein in einer am Mittwoch vorgelegten Studie fest. Die Deutsche Bank habe nun zwei Möglichkeiten: Nichts zu tun und darauf zu hoffen, dass sich das geschäftliche Umfeld verbessere. Dies berge aber die Gefahr, dass die Einnahmen weiter schwänden und das Vertrauen der Märkte in die Bank letztlich auf das Niveau von Ende 2016 absacke. Alternativ könne die Deutsche Bank ihr mau laufendes US-Geschäft verkleinern und so Kapital freisetzen. Dies, so Abouhossein, würde unmittelbar Wert für die Anteilseigner schaffen.

Die Aktionäre können gute Nachrichten gebrauchen: Im Mai 2007 hatte die Aktie der Deutschen Bank mit gut 92 Euro den höchsten Stand aller Zeiten erreicht, rechnet man alle zwischenzeitlichen Kapitalmaßnahmen heraus. Dann kam die Finanzkrise und das Papier sackte wie alle anderen Bankaktien deutlich ab. Im Gegensatz vor allem zu den US-Rivalen hat sich die Deutsche Bank von diesem Rückschlag nie vollends erholen können. Im Gegenteil: Das Papier erreichte erst Jahre später seinen Tiefstand, und das mitten in einer Zeit wirtschaftlichen Wachstums.

JPMorgan-Analyst Abouhossein hält es durchaus für möglich, dass der Deutschen Bank die geschäftliche Wende doch noch gelingt. Er bleibt bei seinem Rat, die Aktie zu halten und rechnet damit, dass der Kurs mittelfristig wieder leicht steigt, wenn auch nur auf 12 Euro. Ganz alleine ist er mit dieser abwartenden Haltung nicht. Unter den Experten halten sich aktuell neutrale und negative Einschätzungen fast die Waage, wie der dpa-AFX Analyser zeigt.

Wohin die Reise wirklich geht, könnte sich schon am 26. April zeigen, wenn die Deutsche Bank ihre Ergebnisse für das erste Quartal veröffentlicht. Dass das Kapitalmarktgeschäft unter Gegenwind von Währungs- und Finanzierungsseite gelitten hat, hatte Finanzchef James von Moltke bereits Mitte März kundgetan. Diese von vielen Beobachtern als unglücklich empfundende Aussage hatte den jüngsten Kursrutsch ausgelöst. Erschwerend hinzu kam die Debatte um den Verbleib von Konzernchef John Cryan und die allgemeine Sorge der Anleger vor einem Handelskrieg zwischen den USA und China.

Allein seit Jahresbeginn hat die Aktie der Deutschen Bank nun schon gut 30 Prozent an Wert verloren. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass das Papier des heimischen Erzrivalen Commerzbank auf Platz zwei der größten Verlierer im deutschen Leitindex Dax liegt - hier summiert sich das Minus auf 19 Prozent.

dpa-afx