DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN BANK:

Nach milliardenschweren Strafen wegen fragwürdiger Geldgeschäfte und mehreren Chefwechseln dachte die Deutsche-Bank-Führung, die Aufräumarbeiten im Wesentlichen geschafft zu haben. "Wir haben die größten Rechtsstreitigkeiten aus der Vergangenheit hinter uns gelassen", sagte Sylvie Matherat, Compliance-Vorstand der Bank, im September.

Als Ende November plötzlich Ermittler in großem Stil Deutschlands größte Bank durchsuchten, war es wie ein Nackenschlag. Der Verdacht der Fahnder: Mitarbeiter des Instituts halfen Kunden dabei, Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen zu gründen und so Gelder aus Straftaten zu waschen. Dabei hatte die Bank als Lehre aus teuren Rechtsstreitigkeiten der Vergangenheit eben genau jene Abteilung im Haus aufgestockt, die die Einhaltung von Regeln überwachen soll.

Am Donnerstag wurde auch noch bekannt, dass die Wettbewerbshüter der Europäischen Union vier Banken wegen möglicher illegaler Absprachen beim Handel mit US-Dollar-Anleihen unter die Lupe nehmen.

Auch sonst hat die Deutsche Bank genügend Baustellen im eigenen Haus. Die Betriebskosten sind zu hoch, die Computersysteme nicht auf dem Stand. Die Integration der Tochter Postbank ist noch immer nicht geschafft. Während die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Commerzbank immerhin wieder auf eine Dividende zusteuert, wäre das größte deutsche Geldhaus froh, überhaupt wieder Geld zu verdienen.

Bankchef Christian Sewing, der den Dax-Konzern seit April führt, will die Zahl der Beschäftigten in diesem Jahr auf unter 93 000 drücken und die Betriebskosten - abseits von Strafzahlungen und Umstrukturierungen - unter 23 Milliarden Euro halten. Nach mehreren Verlustjahren soll die Deutsche Bank endlich wieder schwarze Zahlen schreiben. Es wäre das erste Mal seit 2014.

Derweil brodelt die Gerüchteküche: Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge bemüht sich die Bundesregierung, einer Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank den Weg zu ebnen. Anderswo sickerten ähnliche Informationen durch. Im September hatte Sewing allerdings gesagt, in den nächsten 18 Monaten sei eine Fusion kein Thema. Weitere Baustellen kann die Bank kaum gebrauchen.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Trotz des Kursrutschs der vergangenen Jahre und Monate haben Analysten in die Deutsche-Bank-Aktie wenig Vertrauen. Von den 21 im dpa-AFX Analyser erfassten Bankexperten empfiehlt kein einziger das Papier zum Kauf. Elf raten zum Halten, zehn gar zum Verkauf der Aktie. Und das, obwohl die Analysten dem Papier in den kommenden zwölf Monaten merkliche Kursgewinne zutrauen. Im Schnitt liegt ihr Kursziel bei 9,22 Euro. Damit wäre derzeit ein Plus von 29 Prozent drin.

Doch in der Sache schätzen die Branchenkenner die Aussichten deutlich negativer ein. Kurzfristig rechne er weiter nicht mit einer Fusion mit der Commerzbank, schrieb etwa Credit-Suisse-Analyst Jon Peace vor wenigen Tagen. Er findet die Perspektiven für die Aktie nicht klar genug für ein starkes Investment. Seine Kollegin Giulia Aurora Miotto von der US-Bank Morgan Stanley fände eine Fusion zwar reizvoll, sieht aber erhebliche Risiken bei der Umsetzung.

Und DZ-Bank-Experte Christian Koch sah schon die Ergebnisse des dritten Quartals pessimistisch: Die Zahlen bestätigten das Problem, dass das Geldhaus selbst in wirtschaftlich guten Zeiten einfach nicht profitabel genug sei, kritisierte er.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Schlechte Nachrichten und schwache Geschäftszahlen haben den Aktienkurs der Deutschen Bank in diesem Jahr bereits um mehr als die Hälfte in den Keller geschickt. So stark hat keine andere Großbank in Europa verloren. Allein am Donnerstag sackte der Kurs um mehr als 7 Prozent nach unten und erreichte zwischenzeitlich mit 6,994 Euro den tiefsten Stand seiner Geschichte. Selbst auf dem Scheitelpunkt der Finanzkrise 2008/2009 wurde das Papier deutlich höher gehandelt.

Insgesamt ist die Deutsche Bank an der Börse inzwischen keine 15 Milliarden Euro mehr wert. Das ist zwar rund doppelt so viel wie die Commerzbank, deren Aktie im Jahresverlauf fast genauso stark verloren hat. Allerdings wird der Zahlungsdienstleister Wirecard, der in diesem Jahr in den Dax aufgestiegen ist, mit mehr als einer Milliarde Euro höher bewertet als Deutschlands größtes Geldhaus.

Die düsteren Aussichten zeigten sich auch an dem Verhältnis zwischen den Aktienkursen und dem bilanziellen Eigenkapital der börsennotierten deutschen Geldhäuser (Kurs-Buchwert-Verhältnis, KBV). Die Unternehmensberatung Bain hat gerade errechnet: Mit einer Quote von 0,3 seien sie an der Börse nicht einmal ein Drittel ihres bilanziellen Eigenkapitals wert.

dpa-AFX