Bei der entscheidenden Sitzung am Abend des 8. April habe es bei allen drei Beschlüssen - über die Ablösung Cryans, die Neubesetzung des Chefpostens mit Christian Sewing und die erneute Berufung von zwei stellvertretenden Vorstandschefs - jeweils mehrere Gegenstimmen für die Vorschläge Achleitners gegeben, sagten mehrere mit den Interna vertraute Personen Reuters.

Diese Gegenstimmen seien sowohl von der Arbeitnehmerseite als auch von der Kapitalseite der Deutschen Bank gekommen, sagten die Insider, die nicht namentlich genannt werden wollten.

Die Zahl der Gegenstimmen habe im mittleren einstelligen Bereich gelegen, sagten zwei Personen mit Kenntnis der Beratungen. Es habe zudem Enthaltungen gegeben. Der Aufsichtsrat der Bank besteht aus 20 Mitgliedern - die eine Hälfte wird von den Aktionären, die andere Hälfte von den Arbeitnehmern bestimmt. Bislang war lediglich bekannt, dass es in der abendlichen Sitzung über die Neuaufstellung der Bankführung eine hitzige Debatte gab, weshalb die Telefonkonferenz deutlich länger als geplant dauerte. Dass aber mehrere Aufsichtsräte Achleitner am Ende die Gefolgschaft verweigerten, ist neu. Der Österreicher steht wegen seines Krisenmanagements schon länger unter Druck. Seine Amtszeit war im vergangenen Jahr um fünf Jahre verlängert worden. Die Deutsche Bank widersprach der Darstellung: "Christian Sewing wurde einstimmig zum Vorstandsvorsitzenden bestellt", sagte eine Sprecherin am Samstag.

BANK LEGT AM DONNERSTAG BILANZ VOR



Achleitner hatte am vorvergangenen Wochenende den Aufsichtsrat der größten deutschen Bank zu einer Krisensitzung zusammengetrommelt. Zuvor war der Druck auf den damaligen Vorstandschef Cryan gestiegen, nachdem über die Medien bekanntgeworden war, dass Achleitner nach einem Nachfolger für den Briten sucht, der das Amt Mitte 2015 übernommen hatte. Der neue Konzernlenker Sewing leitete vor seiner Berufung das Privat- und Firmenkundengeschäft. Dem 47-Jährigen zur Seite stellte der Aufsichtsrat zwei Vizechefs, den Leiter des Investmentbankings, Garth Ritchie, und Personal- und Rechtsvorstand Karl von Rohr.

Im Zuge der Personalrochade verlässt der bisherige Co-Chef der Investmentbank, Marcus Schenck, zur Hauptversammlung am 24. Mai auf eigenen Wunsch das Institut. Er war zusammen mit Sewing auch Stellvertreter Cryans. Die Deutsche Bank veröffentlicht am Donnerstag ihre Bilanz für das erste Quartal. Analysten rechnen nach entsprechenden Äußerungen von Finanzchef James von Moltke damit, dass die Geschäfte eher mau liefen. Sie erwarten unter dem Strich im Schnitt einen Gewinn von rund 300 Millionen Euro. Im ersten Quartal 2017 fuhr die Bank noch ein Nettoergebnis von 575 Millionen Euro ein. Das Gesamtjahr schloss das Institut mit roten Zahlen ab. 2017 war damit das dritte Verlustjahr in Folge.

Auch IT-Chefin Kim Hammonds verlässt die Bank in Kürze. Sie hatte das Institut als das "dysfunktionalste" Unternehmen bezeichnet, in dem sie je gearbeitet habe. Die Computersysteme der Bank gelten schon lange als veraltet und zu komplex. Die IT ist jedoch die Kerninfrastruktur eines Finanzkonzerns, weshalb die Aufseher besonderen Wert auf deren Leistungsfähigkeit legen.

rtr