In einem Bericht, der auch den Aufsehern bei der Europäischen Zentralbank (EZB) bekannt ist, räumt das größte deutsche Institut ein, dass es unter anderem Schwierigkeiten bei der Identifikation von neuen Kunden der Unternehmens- und Investmentbank gegeben hat, darunter auch bei russischen Kunden.

Die Deutsche Bank betonte gegenüber Reuters, dass ihre Verfahren zur Verhinderung von Geldwäsche und anderer Straftaten "sehr effektiv" seien. "Wir haben keine Probleme mit den Prozessen, die dabei helfen sollen, Kriminelle davon abzuhalten, Geld zu waschen oder andere Straftaten zu begehen." Zugleich räumte das Institut aber ein: "Wir müssen unsere internen Prozesse weiter verbessern. Die Dokumente zeigen, dass unsere internen Prozesse immer noch zu kompliziert sind. Es geht nicht um die Effektivität, sondern um die Effizienz unserer Prozesse." Wie groß der Aufwand ist, den die Deutsche Bank betreiben muss, illustriert die Anzahl der Kunden, die durchleuchtet werden müssen: Alleine die Firmenkunden- und Investmentbank hat viele tausend Kunden weltweit. Und diese ist nur eine von drei Säulen des Instituts.

Regulierer und Aufseher weltweit verlangen von Banken, dass sie formale Routinen zur Identifizierung und Behandlung ihrer Kunden einhalten - dieses Prinzip ist unter dem Fachterminus "Know Your Customer" (KYC) in der Finanzbranche allgegenwärtig. Zweck dieser Prozeduren ist es zu verhindern, dass Kriminelle sich hinter falschen Identitäten oder komplexen Firmenstrukturen verstecken, um Geld zu waschen oder gegen sie verhängte Sanktionen zu umgehen.

IM RÜCKSTAND

Die Deutsche Bank listet in einem auf den 5. Juni dieses Jahres datierten 13 Seiten langen Bericht unter dem Namen "KYC Quality Assurance" ("KYC Qualitätssicherung") unter anderem eine Reihe von Problemen in Russland auf. Man habe bei einzelnen Kunden nicht ausreichend nachvollziehen können, ob sie überhaupt existierten oder ob es sich bei ihnen um politisch exponierte Personen (politically exposed persons) gehandelt habe, die anders als Normalbürger zu behandeln wären. Die Bank habe zudem zum Teil Probleme gehabt festzustellen, woher das Geld der Kunden stamme.

Ein weiteres internes Dokument, datiert auf den 9. Juli, zeigt Fortschritte bei den Kontrollen in Russland, doch blieb das Institut immer noch deutlich hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück. Dank Unterstützung durch externe Prüfer stieg die sogenannte "Pass Rate", also die Quote der erfüllten Anforderungen, auf 67 Prozent. Die Bank selbst will eine "Pass Rate" von 95 Prozent erreichen. Hui Chen, eine ehemalige Compliance-Expertin des US-Justizministeriums und frühere Leiterin der Geldwäsche- und Korruptionsbekämpfung bei der Großbank Standard Chartered, erklärte Reuters, diese Zielmarke hätten mehr oder weniger die meisten global tätigen Großbanken.

Dass die Bank gerade in Russland offenbar nach wie vor Probleme damit hat, ihre Kunden exakt zu durchleuchten, ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der wegen der Ukraine-Krise verhängten internationalen Sanktionen gegen das Land brisant. Erst im vergangenen Jahr zahlte die Deutsche Bank 600 Millionen Euro im Geldwäsche-Skandal in Russland. Im Mai 2017 verhängte die US-Notenbank Federal Reserve eine Strafe von 41 Millionen Dollar gegen die Bank, weil ihre Systeme nicht in der Lage waren Geldwäsche-Aktivitäten aufzudecken. Das US-Justizministerium hat seine Untersuchungen noch nicht abgeschlossen.

WEITER WEG

Aus den Reuters vorliegenden internen Papieren geht hervor, dass das Geldhaus insgesamt noch einen weiten Weg vor sich hat, was die Effizienz seiner internen Kontrollen angeht. Unter anderem hat die Bank selbst - neben Russland - in Spanien, Irland, den Niederlanden und den USA Defizite identifiziert. In einigen untersuchten Ländern betrug die "Pass Rate" laut des Juni-Reports sogar null Prozent.

Unter anderem machen den Berichten zufolge offenbar Personalprobleme - etwa in den USA oder Irland - zu schaffen. In Spanien beispielsweise werden die Defizite unter anderem damit begründet, dass das entsprechende Team neu sei. In den USA sei die Fluktuationsrate hoch und die zuständigen Teams müssten noch Erfahrungen sammeln, um ihre Aufgaben befriedigend erledigen zu können, heißt es an anderer Stelle in dem Bericht. Die Deutsche Bank erklärte, sie werde nicht durch Personalthemen behindert und habe die Zahl der mit KYC befassten Mitarbeiter erhöht.

Vertreter der Deutschen Bank trafen sich nach Angaben eines Insiders im Juli mit der EZB-Aufsicht. Das Institut sei nun dabei, gemeinsam mit der Aufsicht einen konkreten Zeitplan auszuarbeiten, um die gefundenen Schwachstellen zu beseitigen, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Die EZB und die Finanzaufsicht BaFin lehnten eine Stellungnahme ab. Die Bank selbst wollte sich ebenfalls nicht zu ihrer Kommunikation mit den Aufsehern äußern.

UNTER DRUCK

Die neue Führungsspitze der Bank ist noch nicht zufrieden mit dem Erreichten: Im Juni schrieb der seit April amtierende Konzernchef Christian Sewing an seine global knapp unter 100.000 Mitarbeiter, dass die Schwächen bei den internen Kontrollen der Bank "über viele Jahre entstanden" seien. "Wir sind zwar noch nicht da, wo wir sein wollen, aber kommen allmählich dahin."

Die Deutsche Bank steht unter Druck: nach drei Jahren mit Verlusten hat der neue Chef dem Institut eine Generalüberholung verordnet, unter anderem werden dieser tausende Jobs zum Opfer fallen, zudem stutzt Sewing das Investmentbanking zusammen, die einstige Paradedisziplin, zusammen. In den vergangenen Jahren war die Deutsche Bank in zahlreiche Skandale verwickelt, unter anderem um manipulierte Zinssätze. Unter dem Strich kosteten diese Skandale das Geldhaus viele Milliarden und haben das Image der größten deutschen Bank im In- und Ausland schwer beschädigt.

rtr