Sebastian Kurz packt es an. Der Politiker hat mit seiner bürgerlichen Partei ÖVP bei den Parlamentswahlen in Österreich mit einem Anteil von knapp 32 Prozent die meisten Stimmen geholt und liegt damit vor der sozialdemokratischen SPÖ und der rechtspopulistischen FPÖ (siehe Chart rechts unten). Weil die ÖVP nun die Nummer 1 in der Alpenrepublik ist, hat ihr Vorsitzender und designierter Bundeskanzler Sebastian Kurz vom österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen den Auftrag bekommen, eine neue Regierung zu bilden.
Kurz verhandelt nun mit der FPÖ und ihrem Vorsitzenden Heinz-Christian Strache über ein Bündnis: Bis Weihnachten soll die Koalition stehen. Es gebe viele inhaltliche Überschneidungen und vor allem einen gemeinsamen Veränderungswillen, sagt der 31 Jahre alte Kurz. "Österreich hat sich eine rasche und schnelle Regierungsbildung verdient."
Vor allem in der Flüchtlingsfrage gibt es große Überschneidungen: Beide Politiker vertreten eine rigide Flüchtlingspolitik. So hat Kurz bereits im Wahlkampf immer wieder betont, dass neben der Balkanroute auch die Mittelmeerroute geschlossen werden müsse. Zudem will er den Migranten die Sozialleistungen deutlich kürzen.
Streitfrage Europa
Damit hat Kurz offenbar den Nerv der Wähler in Österreich getroffen. Und gleichzeitig eine Position aufgebaut, die wenig kompatibel mit der Politik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ist. Zumal er auch dem von ihr eingefädelten Flüchtlingsabkommen mit der Türkei recht skeptisch gegenübersteht. Wenig verwunderlich: Auch die rechtspopulistische FPÖ steht der Merkel’schen Flüchtlingspolitik eher reserviert gegenüber.
Einzig in der Europapolitik schlummert Konfliktpotenzial zwischen Kurz und Strache. Sebastian Kurz gab sein erstes Statement gleich nach der Wahl demonstrativ sowohl vor einer österreichischen als auch vor einer EU-Flagge ab und setzte damit gleich ein deutliches proeuropäisches Zeichen. Die FPÖ ist dagegen europakritisch und gehört im europäischen Parlament der ENF-Fraktion an, in der sich auch der französische Front National und die italienische Lega Nord befinden.
Aber Beobachter gehen davon aus, dass an dieser Frage eine Koalition nicht scheitern wird: Bereits im Jahr 2000 hatte es in Wien schon einmal eine Regierung aus ÖVP und FPÖ gegeben, damals unter Wolfgang Schüssel und Jörg Haider. Eine Präambel im Koalitionsvertrag verpflichtete damals die neue Regierung gleich zu Beginn der Amtshandlungen zu einem europafreundlichen Kurs.
Auf Seite 2: Weniger Steuern und Bürokratie
Weniger Steuern und Bürokratie
Zumal es neben der Flüchtlingspolitik auch in der Wirtschaftspolitik zwischen den beiden Politikern und ihren jeweiligen Parteien weitgehende Übereinstimmung gibt: Beide wollen die Steuern senken und einen schlanken Staat. Kurz hat schon im Wahlkampf für Österreichs Unternehmen milliardenschwere Steuerentlastungen angekündigt: So sollen nur noch entnommene Gewinne besteuert werden. Werden Gewinne dagegen reinvestiert, soll die Körperschaftsteuer komplett entfallen. Kurz will damit einen "Schub von Investitionen" auslösen. Auch der Abbau von Bürokratie steht weit oben auf seiner Agenda - etwa in Form eines sogenannten One-Stop-Shop. Dahinter verbirgt sich eine zen-trale Anlaufstelle für alle (digitalen) Behördengänge. Gerade für Start-up-Unternehmen ist das wichtig.
Sollte Sebastian Kurz wie erwartet die nächste österreichische Regierung anführen, wäre er der jüngste Regierungschef der Welt. Dennoch ist er beileibe kein politischer Novize: Kurz wurde bereits im Jahr 2011 Staatssekretär für Integration und 2013 dann Außenminister Österreichs. In seiner Partei hat er als Vorsitzender eine starke Position mit großer Machtfülle.
Wirtschaftlich übernähme Kurz ein florierendes Land. Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung rechnet für 2017 und 2018 mit jeweils 2,8 Prozent Wachstum, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Zum Vergleich: Für 2018 prognostiziert der Internationale Währungsfonds für Deutschland ein Plus von 1,8 Prozent. Und: Der Aufschwung in Österreich steht auf einem breiten Fundament. Er wird sowohl von der Binnenkonjunktur als auch vom Export getrieben. Erstmals seit 2013 wird Österreich damit stärker wachsen als die Eurozone im Durchschnitt - und sogar Deutschland hinter sich lassen. "Die Phase des Nachhinkens ist vorbei", sagt denn auch Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny.
Zudem ist die Arbeitslosenquote im Jahresvergleich von 6,2 auf 5,6 Prozent gefallen. Und das Land investiert eifrig in die Forschung: Die Forschungs- und Entwicklungsquote in Österreich liegt bei 3,1 Prozent der Wirtschaftsleistung - EU-weit ist hier nur Schweden besser.
ATX schlägt DAX
Von diesem starken Umfeld profitieren auch die österreichischen Unternehmen. Gegenüber deutschen Unternehmen weisen sie zudem eine bessere Gewinnmarge auf. Das zeigt sich, wenn man den Wiener Leitindex ATX, in dem die 20 größten österreichischen Aktiengesellschaften gelistet sind, mit seinem deutschen Pendant DAX vergleicht. Die Aktien im ATX weisen im Schnitt ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 22,1 auf, die 30 Werte des DAX bringen es auf 18,2. So gesehen ist der DAX zwar deutlich günstiger bewertet. Das relativiert sich aber, wenn man den Blick in die Zukunft richtet. Nimmt man die Schätzungen des Wirtschaftsdienstes Bloomberg, so beträgt das KGV der ATX-Aktien dank deutlich steigender Gewinne im nächsten Jahr 13,3, für den DAX dagegen liegt es bei 14,4.
Ähnliches gilt für die Dividendenrendite: Da bringen es die Österreicher aktuell auf einen Schnitt von 2,4 Prozent, die Deutschen auf 2,5 Prozent. Für das kommende Jahr aber liegt die Prognose für den ATX bei 2,8 Prozent, für 2019 sogar bei 3,4 Prozent. Beim DAX werden 2,7 Prozent im kommenden Jahr erwartet und drei Prozent im Jahr 2019.
Attraktive Investments
Damit bieten österreichische Aktien bessere Perspektiven als die DAX-Unternehmen. Deshalb stellt €uro drei attraktive Aktien aus der Alpenrepublik detailliert vor. Wer sein Investment lieber breiter streuen möchte, setzt auf den Aktienfonds 3 Banken Österreich. Der aktiv gemanagte Aktienfonds zeigt seit Jahren eine gute Performance - und daran wird sich wohl auch unter einer neuen Regierung kaum etwas ändern.
Auf Seite 3: Andritz und Kapsch Trafficcom
Andritz
Ziemlich durchwachsen waren die letzten Geschäftszahlen des steirischen Anlagenbauers Andritz: Der Umsatz sank im dritten Quartal um 7,7 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Vor allem im Bereich Pulp & Papers, also dem Bau von Maschinen für die Papierherstellung, gab es einen deutlichen Dämpfer (was allerdings in erster Linie an einem Großauftrag im Vorjahr liegt). Jedoch schrumpfte auch der Auftragseingang in Relation zum gleichen Quartal des Vorjahres um 8,8 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Wegen der eher schwachen Geschäftszahlen gab die Aktie des Grazer Unternehmens deutlich nach, für mutige Anleger bietet sich damit eine Einstiegschance. Denn langfristig sind die Aussichten gut: Mit Technologien zur Abwasserbehandlung, Maschinen für Edelstahlfertigung, Wasserkraftwerken sowie Maschinen zur Produktion von Tierfutter und Holzpellets ist das Unternehmen breit aufgestellt. Die Aktie bietet eine attraktive Dividendenrendite von 3,3 Prozent, für die rund die Hälfte des Gewinns ausgeschüttet wird und die damit solide finanziert ist.
Kapsch Trafficcom
Kommt in Deutschland die Pkw-Maut, dann dürfte Kapsch TrafficCom aus Österreich eines der Unternehmen sein, die sich von dem lukrativen Kuchen etwas einverleiben wollen. Die Wiener vertreiben Systeme zur Mauterhebung und haben gerade erst den Zuschlag erhalten, in Bulgarien ein landesweites Mautsystem für Lkw über 3,5 Tonnen zu errichten. Zudem sollen sie in dem Land die E-Vignette für Pkw einführen - ähnliche elektronische Mautsysteme haben sie auch schon in anderen Ländern umgesetzt. Kapsch ist zudem auch im Verkehrsmanagement tätig. Und intelligente Verkehrssteuerung wird immer wichtiger, um den zunehmenden Verkehr in Großstädten und auf Autobahnen effizient zu steuern. Damit verbunden ist auch das vernetzte Fahrzeug, das beim Zukunftsthema autonomes Fahren eine bedeutende Rolle spielt. Das Unternehmen weist eine lange Geschichte auf und feiert 2017 sein 125-jähriges Bestehen. Die Aktie ist angesichts der guten Perspektiven nicht zu hoch bewertet und bietet eine attraktive Dividendenrendite von 3,2 Prozent.
Auf Seite 4: Strabag SE und 3 Banken Österreich
Strabag SE
Das war eine Hiobsbotschaft für den Baukonzern Strabag: Die Deutsche Telekom verlängert den Facility-Management-Vertrag mit dessen Dienstleistungstochter Strabag PFS nicht. Damit verliert der Konzern, der für die Bonner Immobilien, technische Anlagen, Rechenzentren und Funktürme bewirtschaftet hat, ab 2019 einen jährlichen Umsatz von 550 Millionen Euro - die Telekom war der größte Kunde. Infolge dieser Nachricht ist die Aktie Mitte Oktober eingebrochen, hat mittlerweile die Verluste aber weitgehend wieder wettgemacht. Und das aus gutem Grund: Zu dem österreichischen Bauriesen Strabag SE gehört die deutsche Strabag AG, nach eigener Aussage Marktführer im deutschen Verkehrswegebau. Damit profitieren die Kölner kräftig von dem viele Milliarden verschlingenden Ausbau der Infrastruktur in Deutschland. Zumal den Wienern auch noch der Stuttgarter Bauriese Züblin gehört. Der österreichische Konzern erzielt insgesamt rund die Hälfte seines Umsatzes in Deutschland, wo der Bauboom ungebremst weitergehen dürfte.
3 Banken Österreich
Wer breit in österreichische Aktien anlegen will, kommt um den Aktienfonds 3 Banken Österreich nicht herum. Der Fonds schlägt sich seit Jahren besser als der heimische Leitindex ATX und ist deswegen auch einem ETF, der den ATX genau abbildet, vorzuziehen. Der Fondsmanager Alois Wögerbauer investiert ausschließlich in österreichische Unternehmen, die zum größten Teil an der Wiener Börse notiert sind. Aktien österreichischer Unternehmen, die an einer ausländischen Börse notieren, sind jedoch nicht aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen. Wögerbauer orientiert sich bei der Aktienauswahl nicht am Index, sondern setzt auf vielversprechende Einzeltitel. Dabei steht für ihn der Langfristgedanke im Vordergrund. Aktuell mag er vor allem die Branchen Finanzen und Immobilien (siehe Grafik oben). Die Top-5-Positionen im Fonds sind Erste Bank (Anteil: 7,3 Prozent), CA Immobilien (6,2 Prozent), der Nahrungsmittelhersteller Agrana (5,4 Prozent), der Versicherer Vienna Insurance (4,9 Prozent) und das Bauunternehmen Strabag SE (4,5 Prozent).