Die Aufsichtsräte der beiden Energieriesen hatten die Pläne zuvor abgesegnet. Wenn die Wettbewerbshüter mitspielen, wollen sich die einstmals "ewigen Rivalen" schon bald an die Neuordnung des heimischen Marktes machen. Und bereits jetzt ist klar: Im E.ON-Lager könnten bis zu 5.000 Jobs wegfallen.

Bis Ende 2019 soll die erst vor zwei Jahren gegründete RWE-Ökostromtochter Innogy zerlegt sein: E.ON will das Vertriebs- und Netzgeschäft übernehmen und RWE das Ökostromgeschäft von Innogy und E.ON. Während E.ON danach um die 70.000 Beschäftigte haben dürfte, käme RWE auf knapp 23.000.

E.ON-Chef Teyssen versuchte, die verunsicherten Innogy-Mitarbeiter zu umgarnen: "Wir haben großen Respekt vor ihrer Leistung", sagte er. Zusammen mit den E.ON-Beschäftigten entstehe eine "starke, leistungsbereite und kreative Mannschaft". Mittelfristig erwarte E.ON großartige Entwicklungschancen, die im kommenden Jahrzehnt tausende neue Arbeitsplätze in Essen, Deutschland und Europa schaffen können. "Selbstverständlich werden wir während der gesamten Phase der Veränderung eng und vertrauensvoll mit den Arbeitnehmervertretern zusammenarbeiten", versprach er.

Verdi unterstützt die Pläne zwar im Grundsatz, fordert aber Sicherheit für die Beschäftigten. "Die mit der Transaktion stattfindende Neuordnung des Energiemarktes in Deutschland muss nach Ansicht von Verdi für die Beschäftigten der betroffenen Unternehmen Arbeitsplatz- und Tarifsicherheit beinhalten", sagte das Mitglied des Bundesvorstands der Gewerkschaft, Andreas Scheidt, zu Reuters. Der angekündigte Arbeitsplatzabbau müsse sozial abgefedert sein, ohne betriebsbedingte Kündigungen. Scheidt ist auch stellvertretender Aufsichtsratschef von E.ON. Auch die Gewerkschaft IG BCE fordert den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Bei RWE soll es im Zusammenhang mit der Transaktion keinen Stellenabbau geben.

"DOLLAR-ZEICHEN IN DEN AUGEN"



Die beiden Chefs von E.ON und RWE ließen sich die Feierstimmung am Dienstag aber nicht verderben und gaben sogar Einblick, wie der am Wochenende überraschend angekündigte Deal zustandegekommen ist. "Wir haben miteinander geredet. Da kommt man auf gute Ideen", entgegnete Teyssen etwa lächelnd auf die Frage, wer die Idee zuerst gehabt habe. Das Innogy-Management, darunter der im Dezember geschasste Ex-Chef Peter Terium, sei nicht eingeweiht gewesen. Schmitz wiederum frohlockte angesichts der künftigen Beteiligung von knapp 17 Prozent an E.ON. "Sie glauben nicht, was ich mich schon jetzt über die Kurssteigerungen freue", sagte der Rheinländer. "Da leuchten bei mir jetzt schon die Dollar-Zeichen in den Augen." Aufstocken dürfe RWE die Beteiligung nach der Vereinbarung allerdings nicht. Auch ein Verkauf an einen Wettbewerber gehe nicht.

Immer wieder hatte es in den vergangenen Monaten geheißen, auch ausländische Konzerne seien an Innogy interessiert. So berichteten Insider, dass RWE vor Weihnachten kurz vor einer Einigung mit dem spanischen Versorger Iberdrola gestanden habe. Schmitz bestätigte, auch mit vielen anderen über die Tochter gesprochen zu haben. Die Gespräche mit E.ON seien dann recht schnell gelaufen. Der Deal sei finanziell und strategisch die beste Lösung.

MILLIARDEN-GEWINNE UND STEIGENDE DIVIDENDEN



RWE will mit der Übernahme neben den Kohle- und Gaskraftwerken ein zweites Standbein mit dem Ökostrom aufbauen. "Jetzt sind wir mit einem Schlag auf beiden Seiten exzellent aufgestellt", betonte Schmitz. Er legte am Dienstag auch Zahlen für 2017 vor. Nach einem Rekordverlust von 5,7 Milliarden Euro 2016 fuhr der Versorger im vergangenen Jahr einen Nettogewinn von 1,9 Milliarden Euro ein. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 1,50 Euro je Aktie erhalten, inklusive einer Sonderausschüttung von einem Euro. Für 2018 soll die ordentliche Dividende auf 70 Cent je Papier steigen.

E.ON hatte am Abend zuvor die Bilanz vorgelegt. Der Konzern kündigte an, bis 2020 den um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um jährlich durchschnittlich drei bis vier Prozent zu steigern. 2017 fuhr der Konzern hier 3,1 Milliarden Euro ein, im laufenden Jahr sollen es 2,8 bis 3,0 Milliarden sein. Die Aktionäre sollen für 2017 eine Dividende von 30 Cent je Aktie erhalten. Für 2018 peilt E.ON 43 Cent je Papier an.

An der Börse ließ die Euphorie derweil etwas nach: Während die E.ON-Aktie weiter zulegte, gaben RWE- und Innogy-Papiere zeitweise einen Teil ihrer starken Vortagesgewinne wieder ab.

rtr