Die Zahl der Small Caps in Europa ist seit 2007 um ein Fünftel zurückgegangen, so die Studie "European 2017 Small & Midcaps Panorama". Jedes Jahr erlischt die Börsennotierung von fünf bis sechs Prozent der Nano-, Micro- und Small Caps. Im Gegensatz dazu ist die Zahl der Large Caps um zwölf Prozent gestiegen, und zwar ausschließlich aufgrund von Firmen, die aus dem Small- und dem Mid-Cap-Segment aufgestiegen sind. Damit hängt die Menge der börsennotierten Large Caps allein von den Erfolgsgeschichten innerhalb des Small- und Mid-Cap-Segments ab. Die Erosion dieser Basis ist kein gutes Zeichen für die Zukunft: Gibt es sie nicht mehr, dann fehlt der Nachwuchs für die Spitze.

Wie in Frankreich und Großbritannien ist auch in Deutschland zu beobachten, dass diese Segmente schrumpfen, weil es an Maßnahmen fehlt, die Basis zu erneuern. Von 2006 bis 2016 verringerte sich die Zahl der börsennotierten Unternehmen in Deutschland um 18 Prozent - fast das Doppelte des gesamteuropäischen Rückgangs (minus neun Prozent). Die Zahl der deutschen Nano-, Micro- und Small Caps ist zwischen 2006 und 2016 indes um beinahe ein Viertel gesunken. Anders als in Großbritannien und Frankreich allerdings blieb die Anzahl der deutschen Bluechips zwischen 2007 und 2016 stabil. Bei den Mid Caps hingegen ist sie um acht Prozent gestiegen - und ihre Gewichtung auf 14,3 Prozent (gegenüber 11,5 Prozent im Jahr 2007). Der Rückgang des Anteils von Nano-, Micro- und Small Caps bezüglich Marktkapitalisierung und -volumina war mit dem starken Anstieg der Large-Cap-Segmente verbunden, wobei die durchschnittliche Marktkapitalisierung mit rund 2,0 bis 2,3 Milliarden Euro stabil blieb.

Neben Delistings - meist nach Übernahmeangeboten - liegt der Grund für das Schrumpfen des Segments vor allem in der geringen Zahl von Börsengängen. In Deutschland ist das Verhältnis zwischen Börsengängen und -abgängen negativ (2006 bis 2016: minus 146 Unternehmen). Angesichts der optimistischen Finanzmärkte ist das alarmierend. Strengere Rechnungslegungsvorschriften und der Wettbewerb seitens Private-Equity-Akteuren erklären zumindest teilweise die mangelnde Attraktivität der Börse. Und die Richtlinie MiFID II, die für eine Entflechtung von Execution- und Research-Dienstleistungen sorgen soll, dürfte eine weitere Konzentration der Handelsströme auf eine immer kleinere Zahl von Global Playern nach sich ziehen.

Die Handelsvolumina in Europa konzentrieren sich auf die Large Caps und die Bluechips. Doch da die Zahl der Large Caps von der Entwicklung in den unteren Segmenten abhängt, ist es unerlässlich, kleineren Unternehmen in Anerkennung ihrer Besonderheiten den Börsengang zu erleichtern. Eine Reihe von Maßnahmen würde die Entwicklung von Small Caps fördern. Dazu gehören stabilere Verordnungen, straffere Börsengangverfahren, eine systematischere Einleitung von Einsparungen zugunsten von Micro- und Small-Cap-Assetklassen und die Ausarbeitung eines spezifischen europäischen regulatorischen und fiskalen Rahmens für Micro- und Small-Cap-Fonds.

Small und Mid Caps umfassen zwar 80 Prozent der börsennotierten europäischen Unternehmen, vereinen aber weniger als zehn Prozent der gesamten Marktkapitalisierung auf sich und vielleicht fünf Prozent des gehandelten Volumens. Finanzanalysten konzentrieren sich wiederum auf Large Caps und kümmern sich weniger häufig um Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von unter einer Milliarde Euro. Das bietet die Chance, unentdeckte Perlen zu finden, erhöht aber die Anforderungen an die Auswahl solcher Titel. Nur gute Marktkenntnisse und viel Erfahrung bei der Suche nach aussichtsreichen Einzeltiteln führen hier zum Erfolg. Der konnte sich zuletzt sehen lassen: Small und Mid Caps haben in den vergangenen zehn Jahren doppelt so hohe Renditen eingefahren wie Large Caps. Damit bilden sie ein durchaus interessantes Marktsegment.

Stéphanie Bobtcheff



Bobtcheff ist Fondsmanagerin Small und Mid Caps bei der französischen Fondsboutique La Financière de l’Echiquier und als Inhaberin des Titels CFA seit über 18 Jahren Spezialistin für Anlagen in Titeln mit mittlerer Marktkapitalisierung. Der dieses Segment berücksichtigende Echiquier Agenor (ISIN: FR 001 032 181 0) hat seit Auflegung im Februar 2004 eine jährliche Performance von 9,1 Prozent erzielt (per 31.07.2017).