Zuvor hatten Medien über Explosionen in einer Polysiliziumfabrik des chinesischen Unternehmens GCL Poly berichtet. Analysten zufolge könnten bis zu acht Prozent der weltweiten Produktion des für die Solarindustrie wichtigen Rohstoffs betroffen sein. Auch wenn sich die tatsächlichen Folgen noch schwer abschätzen lassen: Der Vorfall in Fernost unterstützt die jüngste Erholung bei dem seit Jahren schwächelnden Polysiliziumpreis. Als Weltmarktführer käme Wacker Chemie eine Trendwende gerade recht.
Stabilisierung erwartet
Noch ist es nicht so weit. "Unser Polysiliziumgeschäft ist vor allem im Solarmarkt von der Corona-Pandemie betroffen", sagte Vorstandschef Rudolf Staudigl Anfang August bei der virtuellen Hauptversammlung. Neben dem Preisverfall bremste die rückläufige Installation von Photovoltaikanlagen die Bayern im zweiten Quartal aus. Dagegen verzeichnete Wacker Chemie aus der Halbleiterindustrie einen soliden Bedarf an Polysilizium.
Was nichts daran ändern konnte, dass der Konzernumsatz im zweiten Quartal um 15 Prozent auf 1,07 Milliarden Euro geschrumpft ist. Denn auch im für knapp die Hälfte sämtlicher Erlöse verantwortlichen Geschäft mit Silikonen hat Wacker mit einem Absatz- und Preisschwund zu kämpfen. Insbesondere die Kunden aus der Automobil- sowie der Textilindustrie fragten in den Krisenmonaten den Kunststoff weniger nach.
Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verdiente Wacker von April bis Juni 105,4 Millionen Euro und damit nur noch die Hälfte der Vorjahressumme. Wenig überraschend rechnet Rudolf Staudigl im Konzern auch für das Gesamtjahr mit einem Rückgang von Umsatz und Ergebnis. Beim Netto-Cashflow stellt der an allen Ecken und Enden sparende Vorstand dennoch Wachstum in Aussicht. Ohne bei der Prognose konkreter zu werden, verbreitete Staudigl während der Hauptversammlung etwas Optimismus: "Das Chemiegeschäft von Wacker dürfte sich im zweiten Halbjahr stabilisieren." Natürlich gilt diese Aussage nur, falls es nicht zu einem zweiten Lockdown kommt.
Obwohl Wacker Chemie aus einem langfristigen Abwärtstrend soeben nach oben ausgebrochen ist, braucht es für den Kauf des Zyklikers Mut und vor allem ein positives Gesamtszenario. Wegen der vergleichsweise hohen Volatilität des Mid Cap erachten wir Discount-Zertifikate als eine interessante Alternative zum Direkteinstieg. Beispielsweise gewährt die Citi bei dem im Kasten aufgeführten Derivat einen Rabatt von 10,8 Prozent auf den aktuellen Aktienkurs. Im Gegenzug für dieses Polster haben Anleger zwar nichts von steigenden Kursen, das Investment wirft aber knapp ein Zehntel ab, sofern Wacker Chemie Mitte Dezember auf oder über dem aktuellen Niveau notiert.