Ex-Bodybuilder und US-Gouverneur Arnold Schwarzenegger steht weit oben auf der Liste ­erfolgreicher Österreicher. Der verstorbene Rennfahrer und Airline-­Besitzer Nikki Lauda ebenfalls. Werner Lanthaler, Chef von Evotec, ist der breiten Öffentlichkeit weitaus weniger bekannt. Doch auch die Pläne des gebürtigen Wieners sind ambitioniert, seine Arbeit ist sehr erfolgreich: Der 51-Jährige leitet Evotec, eine der Biotechfirmen in Europa, die als erste profitabel wurden.

Bislang beschränkten sich die Hamburger auf die Wirkstoffsuche im sogenannten niedermolekularen Bereich sowie mit Zelltherapien. Lanthaler stößt jetzt in ein neues Segment vor. "Biopharmazeutika sind der am schnellsten wachsende Markt in der Pharmabranche", sagt der Vorstand. Bei Biopharmazeutika geht es um Arzneien, die mittels gentechnisch veränderter Organismen hergestellt werden. Die Wachstumsraten liegen bei geschätzt sieben Prozent pro Jahr. Im Sommer erwarb Evotec die Firma Just Biotherapeutics aus Seattle. Die Amerikaner forschen schon länger an Biopharmaka und bauen Labore auf.

Evotec betreibt Forschungs- und Entwicklungslabore in Europa und den USA. Als Dienstleister stellt die Firma diese Kapazitäten für die Forschung und Entwicklung zur Verfügung. Kunden sind etwa kleine Biotechs ohne eigene Labore oder Pharmafirmen, die outsourcen und so Kosten sparen. Die Sparte EVT Execute liefert fast den gesamten Umsatz und den kompletten Gewinn des MDAX-Werts. Im noch defizitären Bereich EVT Innovate entwickelt Evotec zudem Wirkstoffe mit Partnern und nutzt die Labore selbst.

Bis 2022 will Lanthaler Kapazitäten für die Anforderungen von Biopharmazeutika ausbauen. "Wir reden über 50 bis 80 Millionen Euro an Investitionen über drei Jahre. Das ist im Rahmen unseres Investitionsbudgets von 30 bis 50 Millionen jährlich machbar", sagt er. Evotec könne die Ausgaben aus dem Cashflow stemmen. Die Hamburger stehen finanziell gut da. 2018 belief sich der operative Gewinn auf 96 Millionen Euro bei 375 Millionen Euro Umsatz, im laufenden Jahr soll es hier um jeweils 15 Prozent vorangehen.

Evotec hat damit die Jahresprognose jüngst erhöht. Den Aktienkurs hat das aber kaum beflügelt. Ein Grund: Im Sommer war der Kurs plötzlich abgestürzt, seitdem sind viele Investoren verunsichert. Leerverkäufer haben Evotec im Visier, die Shortpositionen sind mit laut Bundesanzeiger 10,4 Prozent der frei handelbaren Aktien die dritthöchsten auf dem deutschen Kurszettel.

Leerverkäufer lauern


Ein Punkt der Shorties: Der Wegfall von Zahlungen des Partners Sanofi wegen eines auslaufenden Vertrags für den Standort Toulouse. Es geht um 20 Millionen Euro pro Jahr - das Geld fehle ab 2020 im Umsatz sowie im operativen Gewinn, so ein Argument. "Wir haben die Kapazitäten in Toulouse in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut, sodass die wegfallenden Subventionen seitens Sanofi durch Mehraufträge auch von anderen Kunden mehr als kompensiert werden. Es wird keinen Gewinn­einbruch geben", erklärt Lanthaler.

Er bleibt optimistisch. "Unser Orderbestand ist signifikant höher als vor einem Jahr. Wir werden aufgrund unserer Pipeline auch 2020 sehr stark beim Umsatz zulegen", sagt er. Die Höhe des operativen Gewinns hänge auch von Meilensteinzahlungen ab, die man schlecht voraussagen könne. Sicher hingegen sei, dass Evotec weiter investiere - auch in seine iPSC-Stammzellenplattform. Bei dieser Technologie werden mithilfe von Hautstammzellen potenzielle Arzneien erzeugt. "Hier sehen wir die Chance, die Ersten mit einem Wirkstoff am Markt zu sein", sagt Lanthaler.

In Summe hat Evotecs Innovate 100 Wirkstoffkandidaten in der Pipeline, zehn davon in klinischen Phasen, also im Test an Menschen. Bis zur ersten Marktreife kann es aber dauern. "Bei einem Wirkstoff gegen Schlafstörungen, den wir mit einem chinesischen Partner aufgesetzt haben, oder bei unseren Projekten mit Bayer bei chronischem Husten oder Endometriose könnte die Marktreife in drei bis vier Jahren erreicht sein", sagt Lanthaler. Dann könnten neben den Meilensteinen auch Umsatzbeteiligungen fließen.

Investor-Info

Evotec
Fokus auf Chance


Die Hamburger waren dank ihrer lukrativen Dienstleistersparte eine der ersten profitablen Biotechfirmen. Evotec investiert aber zunehmend in Eigenentwicklungen mit Partnern, was die Profitabilität zunächst belastet. Langfristig steigen aber die Chancen, gemeinsam mit Partnern an marktreifen Wirkstoffen zu verdienen. 15 Prozent Zuwachs sind für 2019 bei Umsatz und operativem Gewinn prognostiziert. Analysten rechnen hier für 2020 mit elf respektive acht Prozent Plus.