Die Börsen erleben aktuell turbulente Zeiten mit rasanten Abstürzen und schnellen Erholungen – ein Phänomen, das so viele Anleger überrascht wie verunsichert. Stefan Risse, Börsenexperte mit 40 Jahren Erfahrung, erklärt, warum die Märkte heute anders ticken als früher und welche Folgen das für Ihre Aktien haben kann.

Schnelle Erholungen statt langer Seitwärtsphasen bei Aktien

Die letzten Monate an der Börse waren alles andere als gewöhnlich. „Die Erholung ist eine gewesen, die schon außergewöhnlich ist“, sagt Stefan Risse. Nach einem schnellen Absturz im April erholten sich die Märkte so stark und so schnell, dass es für viele Anleger kaum zu fassen war. Dabei sei das vor allem ein Ergebnis neuer Marktmechanismen: „Hat sich die Anatomie des Marktes unter Umständen verändert durch den Einsatz von so vielen Derivaten in Kombination mit computergesteuerten Handelsprogrammen? Das wird ganz spannend sein, ob man da vielleicht irgendwann mal mehr Erhellendes erfährt.“ Für Risse sind diese schnellen Erholungen ein neues Phänomen, das insbesondere von Short Squeezes getrieben wird – also Situationen, in denen Leerverkäufer ihre Positionen abrupt schließen müssen, weil die Kurse steigen. „Alle Erholungsbewegungen, auch die letzte, sind dadurch gekennzeichnet, dass die am meisten geshorteten Aktien tatsächlich auch viel stärker steigen als der Gesamtmarkt.“

Doch dieser schnelle Rhythmus führt zu neuen Herausforderungen: Viele Anleger, besonders jüngere, seien daran gewöhnt, nach jedem Rücksetzer schnell wieder zu kaufen. Risse warnt: „Diese Marktteilnehmer haben natürlich eine Phase nie miterlebt, nämlich eine, wo so richtig seitwärtsschleppt.“ Sollte sich der Markt tatsächlich länger auf hohem Niveau seitwärts bewegen oder gar fallen, könnte es eine heftige Korrektur geben.

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Fundamentale Risiken bleiben trotz Erholung

Warum erholen sich die Märkte trotz ausbleibender massiver Konjunkturprogramme so stark? Risse sieht darin eine Mischung aus Hoffnung und strukturellen Marktveränderungen: „Wir sehen zwar in Europa Zinssenkungen, aber jetzt ja noch keine Staatsanleihenaufkäufe. Und in den USA sehen wir nur sehr, sehr zaghaft Zinssenkungen.“ Die aktuelle Lage sei komplex und keineswegs mit der Corona-Krise vergleichbar. „Die Lage ist sehr offensichtlich keine einfache, und das animiert viele, auf fallende Kurse zu setzen.“

Zudem gibt es handfeste politische und wirtschaftliche Unsicherheiten, die der Markt noch nicht vollständig eingepreist hat. Ein Beispiel sind die andauernden Zollstreitigkeiten, die laut Risse „zu einem Inflationsschub und zu Kostenbelastungen für die Unternehmen führen würden“. Selbst ein möglicher Kompromiss mit zehn Prozent Zollbelastung wäre „immer noch negativ“. Vor diesem Hintergrund sieht Risse wenig Spielraum für große Kursgewinne in den nächsten Jahren: „Bei dem Bewertungsniveau, das wir heute haben, gibt es eigentlich nicht mehr großes Potenzial.“

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