Viele Deutsche ziehen mittlerweile Urlaub im eigenen Land einer Fernreise vor. Der Norden Deutschlands etwa erlebt aktuell einen Ansturm von Touristen. Auffällig dabei: Vielen Reisenden scheint es in ihren neuen Urlaubsorten so gut zu gefallen, dass sie überlegen, dort sesshaft zu werden, sich also eine eigene Ferienwohnung oder gleich ein ganzes Haus zu kaufen. Der charmante Hintergedanke: Man hätte einen schönen und sicheren Rückzugsort für den Urlaub oder den nächsten Lockdown und könnte die Immobilie für den Rest des Jahres vermieten. Der Kauf trüge sich auf diese Weise quasi selbst.
Diese Art der Überlegung ist weit mehr als virusinduzierte Urlaubsfantasie. 30 Prozent der Deutschen denken darüber nach, eine Ferienimmobilie zu kaufen, fünf Prozent haben das fest vor. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von Yougov im Auftrag von Primus Immobilien. "Die Corona-Krise wirkt wie ein Katalysator für einen Trend, den wir seit Jahren beobachten: den Urlaub im eigenen Land", sagt Sebastian Fischer, Vorstand von Primus. Der Bauträger entwickelt unter anderem Ferienwohnungen und Hotels an der Ostsee. "Der Trend zum Inlandstourismus wird sich mittelfristig fortsetzen."
Neben kurzen Anfahrtszeiten spiele auch das wachsende Interesse an klimafreundlichem Verhalten mit hinein, so Fischer weiter. "Davon profitieren ganz besonders inländische Ziele mit Alleinstellungsmerkmalen." Knapp ein Drittel der Interessenten würde die Ferienimmobilie laut Erhebung am liebsten selbst nutzen, gut ein Viertel will durch Vermietung Geld verdienen. Wichtigste Kriterien für das perfekte Feriendomizil sind gute Vermietbarkeit, Strandnähe und ruhige Lage.
Küstenregionen am beliebtesten
Knapp zwei Drittel der Deutschen können sich generell vorstellen, an der Ostseeküste Urlaub zu machen. Die Nordseeküste liegt mit 60 Prozent knapp dahinter auf dem zweiten Platz. Dann folgen der Bodensee, das Allgäu und der Schwarzwald. Grundsätzlich gilt: Je beliebter eine Urlaubsregion, desto höher sind die Chancen für eine gute Auslastung der Immobilie und hohe Mieteinnahmen. Gleichzeitig sind aber auch die Kaufpreise in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt - besonders in Spitzenlagen. Am teuersten ist die Insel Sylt. Bis zu 15 Millionen Euro kostet hier nach Angaben von Engel & Völkers ein Haus mit direktem Zugang zum Meer. Aber auch in anderen Ferienorten ziehen die Preise an. "Wir beobachten derzeit ein zunehmendes Interesse an Ferienwohnungen, sowohl zur ausschließlichen Eigennutzung als auch zur Vermietung", erläutert Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkundengeschäft des Kreditvermittlers Interhyp. Der Trend werde durch die anhaltenden Niedrigzinsen verstärkt.
Expertin Mohr warnt aber eindringlich vor den Besonderheiten bei der Finanzierung von Ferienhäusern: "Vom Eigenkapital bis hin zum laufenden Kapitaldienst sollte der Kredit für eine Ferienwohnung mit Blick auf mögliche Leerstandszeiten und laufende Kosten vorsichtiger kalkuliert werden." Ein verregneter Sommer könne andernfalls die gesamte Planung ruinieren. Rund 40 Prozent Eigenkapital, rät Interhyp deshalb, sollten Interessenten bei einem Kauf mitbringen. Das ist mehr als doppelt so viel wie bei einem normalen Wohnungs- oder Hauskauf. Hinzu kommen die Kaufnebenkosten wie Makler- und Notargebühren oder die Grunderwerbsteuer. Diese machen, je nach Bundesland, noch einmal sechs bis 16 Prozent des Kaufpreises aus.
Wer ein passendes Objekt gefunden und die Finanzierung geklärt hat, sollte sich im Klaren darüber sein, dass die Vermietung eine Menge Arbeit bedeutet: Wer beispielsweise nicht in unmittelbarer Nähe der Immobilie wohnt, braucht zwangsläufig eine Vertrauensperson vor Ort oder muss eine Agentur mit der Verwaltung beauftragen. Für ein Rundum-sorglos-Paket müssen Vermieter mit Kosten von mindestens 20 Prozent des Gesamtumsatzes rechnen. Damit sind anfallende Arbeiten wie die Reinigung, Schlüsselübergabe und Gartenpflege sowie die Abwicklung der Buchungen abgedeckt. Um den Überblick anfangs nicht zu verlieren, sollten Käufer frühzeitig einen Wirtschaftsplan erstellen und bei den Kosten großzügig kalkulieren.
Rechtliche Besonderheiten
Wegen der starken Nachfrage ist es in manchen Orten, unter anderem an der Nordsee, nicht mehr möglich, ein Haus oder eine Wohnung als klassischen Zweitwohnsitz zu nutzen und gelegentlich zu vermieten. Viele Gemeinden wollen so verhindern, während der Winterzeit zu Geisterorten zu verkommen, wie das auf Sylt der Fall ist. In manchen Wohngebieten muss daher die dauerhafte Wohnnutzung überwiegen.
Anders sieht es aber bei Immobilien aus, die von vornherein als Ferienhäuser oder Ferienwohnungen geplant waren: Diese dürfen natürlich weiterhin unbeschränkt als solche vermietet werden. Interessenten sollten sich daher frühzeitig vor dem Kauf ihres Feriendomizils über die gesetzlichen Vorschriften vor Ort informieren - sonst drohen böse Überraschungen und viel Ärger.