Der Generationswechsel ist vollzogen: Zum ersten Mal präsentierte Marc Fielmann die Bilanz der Optikerkette ohne seinen Vater. Günter Fielmann ist weiterhin Co-Chef, hat aber immer mehr Verantwortung an seinen Sohn abgetreten.

Mit 29 Jahren ist Marc Fielmann sehr jung. Das muss kein Handicap sein, insbesondere im Internetzeitalter. Während andere junge Manager gern leger mit offenem Hemd und Turnschuhen auftreten, präsentiert sich Marc Fielmann konservativ: mit Anzug und akkurat gebundener Krawatte. Das hat durchaus Symbolcharakter. Das Unternehmen Fielmann muss die Balance zwischen der alten und der neuen Welt finden. Brillen werden zumeist immer noch in klassischen Filialen verkauft.

Viele Kunden sind ­naturgemäß ältere Menschen, also nicht mit dem Internet aufgewachsen. Und die Anpassung einer Brille gelingt nach wie vor am besten per Hand. Die Digitalisierung aber erfasst jede Branche, auch das Optikergeschäft. Das scheint Marc Fielmann schärfer zu sehen als sein Vater, der gern die Vorzüge der klassischen Filialen mit persönlicher Beratung betont.

Ein wichtiger Schritt für Fielmann ist die Beteiligung am französischen Unternehmen Fittingbox, mit dessen Technologie Brillen über eine 3-D-Simulation im Internet anprobiert werden können. Die Digitalisierung dürfte bei Fielmann nicht als Revolution kommen, sondern in kleinen Schritten: Bis 2025 sollen immerhin rund zehn Prozent des Umsatzes über das Internet erzielt werden.

Der Schwerpunkt wird auf absehbare Zeit das Filialgeschäft bleiben. Fielmann besitzt in Deutschland eine dominierende Stellung. Wachstumspotenzial bietet sich vor allem jenseits der Landesgrenzen an: Von zuletzt 736 Niederlassungen der Kette befinden sich 600 hierzulande. Wichtigste Auslandsmärkte sind die Schweiz und Österreich. Zu den Wachstumsmärkten zählen vor allem Italien und Polen.

Neben den klassischen Sehhilfen verkaufen die Hanseaten inzwischen auch Sonnenbrillen, Kontaktlinsen und Hörakustik. Für 2025 kalkuliert Fielmann mit einem Umsatz von 2,3 Milliarden Euro. Das entspräche jährlichen Wachstumsraten von knapp fünf Prozent.

Die Expansion wird Geld kosten. Eine Option sind Zukäufe: "Mit über 300 Millionen Euro an liquiden Mitteln ist Fielmann in der Lage, Akquisitionen auch ohne Fremdkapital zu realisieren", erklärt Marc Fielmann. Aber auch ohne Deals wird der Konzern mehr Geld ausgeben als sonst: 200 Millionen Euro sollen in diesem und im nächsten Jahr in die Modernisierung der Niederlassungen, in die Digitalisierung und die Expansion fließen. Dadurch dürfte der Gewinn 2019 stagnieren, er soll danach aber wieder zulegen.

Das laufende Geschäft entwickelt sich derweil gut. Umsatz und Gewinn stiegen im ersten Quartal etwas stärker als von Analysten erwartet. Geholfen hat dabei der vergleichsweise milde Winter und eine größere Zahl der Verkaufstage.

Dividende rauf


An der Börse kam die Präsentation des Fielmann-Juniors gut an. Der Aktienkurs stieg um drei Prozent. Bei Anlegern ist das ­Unternehmen vor allem als Dividendenzahler beliebt. Die Hamburger werden nach der Hauptversammlung im Juni 1,90 Euro je Aktie ausschütten und damit die Zahlung zum 14. Mal in Serie anheben. Das Tagesgeschäft könnte zwar durch die wachsende Konkurrenz aus dem Internet volatiler werden, der grundlegende Trend aber bleibt bestehen: Durch die wachsende Zahl älterer Menschen steigt die Nachfrage nach Sehhilfen.

Fielmann profitiert zudem auf eine ganz besondere Weise vom Computerzeitalter: Der ­"digitale Sehstress", ausgelöst durch ständiges Starren auf Bildschirme, belastet die Augen. Laut einer Studie hat sich der Anteil der Brillenträger in der Altersklasse der 20- bis 29-Jährigen mehr als verdoppelt.


Aussicht: Die Aktie ist aus dem Seitwärtstrend nach oben aus­gebrochen. Fielmann bleibt ein solides Langfristinvestment.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 70,00 Euro
Stoppkurs: 48,00 Euro