Ausgerechnet im Jahr der Coronavirus-Pandemie entdeckten die als risikoavers geltenden Deutschen ihr Interesse an Aktien. Und das, obwohl wegen Corona die Börse im vergangenen Frühjahr dramatisch abstürzte. Das zeigen Zahlen des Deutschen Aktieninstituts. Demnach stieg hierzulande die Zahl der Aktionäre 2020 um 2,7 Millionen auf 12,4 Millionen. Das entspricht dem höchsten Stand seit fast 20 Jahren.
Auch in vielen anderen Ländern ist das Investieren in Aktien groß in Mode, denn die expansive Geldpolitik vieler Notenbanken sorgt für eine Kapitalflut. Die Zinsen sind weiter extrem niedrig. Zu Aktieninvestments gibt es somit kaum Alternativen. Für manch erfahrenen Börsianer ist das ein Vorbote für zu viel Euphorie und somit ein Kontraindikator. Doch Börsenbetreiber, Broker und Vermögensverwalter freuen sich über florierende Geschäfte. Schließlich eröffnen die Börsenneulinge Depots, kurbeln Handelsumsätze an und stecken Geld in Anlageprodukte wie Fonds.
Im vergangenen Jahr flossen in Deutschland rund 127 Milliarden Euro neue Gelder in Publikums- und Spezialfonds - es war für die deutsche Fondsbranche das drittbeste Absatzjahr. Der deutsche Fondsmarkt, der größte in Europa, hat sich 2020 trotz der Coronavirus-Krise sehr gut entwickelt und mit 3850 Milliarden Euro ein neues Rekordvermögen erreicht, jubelte der Fondsverband BVI kürzlich auf der Jahrespressekonferenz.
Es bleibt abzuwarten, wie lange der Ansturm auf Aktien anhält. Denn ein nie völlig auszuschließender Bärenmarkt kann die neue Liebe schnell wieder erkalten lassen. Die nach der Jahrtausendwende geplatzte Dotcom-Blase führte etwa dazu, dass von 2001 bis 2010 die Aktionärszahl in Deutschland von 12,9 Millionen auf 8,4 Millionen Euro sank.
Auch wenn die Börsen jüngst wieder korrigierten, dürfte der Schwung nicht urplötzlich nachlassen. Dagegen spricht zum einen der Wille der führenden Notenbanken, ihre Leitzinsen tief zu halten. Zum anderen haben sich viele der neuen Investoren bei ihren Investments in Aktienfonds und Aktien-ETFs für Sparpläne entschieden. Das deutet darauf hin, dass sie sich langfristig an der Börse engagieren wollen. Und solange der Rubel rollt, dürften die Aktien von Unternehmen profitieren, die mit Geldanlage Geld verdienen. Auf dem deutschen Kurszettel haben wir fünf aussichtsreiche Titel gefunden.
Die DWS Group ist der fünftgrößte Fondsanbieter in Europa. Die Tochter der Deutschen Bank setzt einen Schwerpunkt bei Nachhaltigkeitsfonds, Indexfonds und hochmargigen Produkten und ist damit gut gerüstet, um am derzeit vorteilhaften Umfeld mitzuverdienen. Zudem soll die Kostenquote von 2020 bis 2024 von 64,5 auf 60 Prozent sinken. Das sollte helfen, den Gewinn anzukurbeln. Seit dem Börsengang im März 2018 hat der Titel zwar keine Begeisterungsstürme ausgelöst. Dafür ist die Bewertung moderat. Auf Basis der Konsensschätzung für 2023 ergibt sich ein knapp einstelliges KGV. Außerdem sollen für die Jahre 2020 bis 2022 laut Analysten Ausschüttungen von 1,81, 1,99 und 2,15 Euro je Aktie fließen, sodass Renditen von 5,2 bis 6,2 Prozent winken.
Lloyd Fonds ist ein Vermögensverwalter, der Investments für private und institutionelle Investoren entwickelt und betreut. Bisher haben die Hamburger über 100 Sachwertinvestments in den Bereichen Immobilien, Schifffahrt, Flugzeuge, Private Equity, Britische Kapitallebensversicherungen und erneuerbare Energien umgesetzt. Im Vorjahr stieg das verwaltete Vermögen um 600 Millionen auf 1,66 Milliarden Euro. Begünstigt durch die Skalierbarkeit der Geschäftsfelder halten Analysten erhebliche Gewinnsprünge für möglich. So beträgt für 2023 die Konsensprognose 0,66 Euro je Aktie. Vor diesem Hintergrund nennen Warburg, Stifel sowie Hauck & Aufhäuser Kursziele von 8,20, neun und 10,50 Euro.
Totgesagte leben länger
MLP war vor Jahren schon einmal ein Börsenhöhenflieger, wurde nach der Jahrtausendwende aber zum Problemfall am Aktienmarkt. Doch bei dem Finanzdienstleister, der vorrangig auf Ingenieure, Juristen, Mediziner, Wirtschaftswissenschaftler, Studenten und vermögende Privatleute ausgerichtet ist, laufen die Geschäfte wieder besser. Die für 2020 gemeldeten Ergebnisse lagen über den Vorgaben. Mit der Aktie geht es wieder aufwärts. Dieser Trend dürfte anhalten, wenn die Analysten richtig liegen: Sie stellen in Aussicht, dass der Gewinn je Aktie von 2019 bis 2023 von 0,32 auf 0,59 Euro steigen wird. Auf letztgenannter Basis wäre das ein KGV von nur rund elf. Die von MLP für 2020 vorgeschlagene Ausschüttung (0,23 Euro je Aktie) bedeutet eine Rendite von 3,6 Prozent.
FlatexDegiro ist dank der Flut von neuen Aktionären richtig gut im Geschäft. Dem größten Onlinebroker in Europa gelingt es, die zumeist digitalaffinen jungen Börsianer als Kunden zu gewinnen. Die Zahl der Kunden kletterte im Vorjahr um 55,8 Prozent auf 1,25 Millionen. Bis spätestens 2025 sollen es sogar drei Millionen Kunden sein. Geht dieser Plan auf, sollte sich das sehr positiv auf die Ergebnisse niederschlagen. Dafür spricht die hohe Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Der Analystenkonsens geht derzeit davon aus, dass von 2019 bis 2023 der Gewinn je Aktie von 0,78 Euro auf 5,08 Euro steigen wird. Diese Perspektive ist in den Notierungen noch nicht komplett abgebildet. Eine Alternative ist Finlab. Diese Gesellschaft hält 45,5 Prozent an der Beteiligungsfirma Heliad Equity Partners, die wiederum rund fünf Prozent an FlatexDegiro besitzt. Der Heliad-Kurs handelt unter dem Nettoinventarwert.
Finlab hat aber noch mehr attraktive Beteiligungen im Portfolio, etwa einen 7,2-Prozent-Anteil an Deposit Solutions, dem Betreiber der Plattformen Savedo.de und Zinspilot.de. Das Fintech-Unternehmen ist ein sogenanntes Einhorn - also ein Start-up, das schon vor dem Börsengang auf eine Marktkapitalisierung von mehr als einer Milliarde Dollar kommt. Rechnet man alle Investments zusammen, handeln die Finlab-Aktien unter deren Wert. Und das, obwohl diese Firmen ihre Potenziale noch längst nicht ausgeschöpft haben.