Ob Donald Trump ein guter Präsident wird, muss sich noch weisen. Als smarter Investor gilt er schon heute. Dabei hätte er wesentlich mehr aus seinem Geld machen können als die 3,7 Milliarden Dollar, mit denen ihn das Forbes-400-Ranking im Herbst 2016 auf Platz 156 der reichsten Menschen Amerikas listet. Dann hätte er bequem die Füße hochlegen können und hätte sich nicht in hochriskante Immobiliengeschäfte verstricken und mehrere Pleiten überstehen müssen.

Die Rechnung ist verblüffend: Das Erbe, mit dem Donald Trump 1974 an den Start ging, wird je nach Quelle zwischen 40 Millionen und 200 Millionen Dollar geschätzt. Angenommen, es wäre genau die Mitte gewesen, dann hätte sich Trump zu Beginn seiner Karriere auch dafür entscheiden können, 120 Millionen Dollar als Anlage in den Aktien des Dow-Jones-Index für sich arbeiten zu lassen. Um seinen Lebensstil zu finanzieren, so nehmen wir weiter an, hätte er 80 Prozent der Dividenden verbraucht und nur ein Fünftel wieder angelegt, um das Erbe zu vergrößern: Auf Trumps Depotauszug stünden heute 4,7 Milliarden Dollar.

Trumps entgangener Gewinn illustriert, wie erfolgreich in der langen Frist die Beteiligung am Produktivkapital ist. Da wir die Welt und das Geschehen an den Anlagemärkten aber nicht aus großer Distanz in langen Intervallen betrachten, lassen wir uns von der verwirrenden Vielfalt der alltäglichen Meldungen durcheinanderbringen. Und da Menschen schlechte Nerven haben, kaufen und verkaufen sie, was das Zeug hält - und erzeugen und verstärken damit Schwankungen, die sie dann wiederum als Überraschungen wahrnehmen, welche vermeintlich weiteres Handeln erforderlich machen.

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Erstmals Negativzinsen



Der Blick auf die Finanzmärkte zum Ende des Jahres 2016 zeigt allerdings etwas unerhört Neues, nie Dagewesenes: Der Preis für Geld ist ins Negative gerutscht. Ohne Zins aber sind Anleger wie Wanderer im Gebirge ohne Kompass. Und so wundert es nicht, dass es unter den professionellen Kapitalmarktbeobachtern völlig unterschiedliche Weltsichten gibt. Einerseits deutet ein Billionenvermögen an negativ rentierenden Anleihen auf massive Zukunftsängste. Anderseits sprechen hohe Kurse an den Aktienmärkten für eine vielversprechende Wirtschaftsentwicklung.

Die optimistische Sicht hat sich in Amerika nach der Wahl Donald Trumps zunächst durchgesetzt. Alle wichtigen US-Aktienindizies erreichten neue Rekordstände. Die Marktteilnehmer haben offensichtlich die feste Erwartung, dass der neue Präsident die US-Wirtschaft einerseits mit Infrastruktur-investitionen ankurbeln, anderseits die heimischen Unternehmen gegen die Konkurrenz aus dem Ausland schützen wird; Reaganomics reloaded. Umgekehrt tun sich die Börsen in Asien und Europa, insbesondere Deutschland, schwer.





Langfristig wird sich Europa sicher nicht so ohne Weiteres abhängen lassen. Kurzfristig aber verderben die anstehenden Wahlen den Appetit auf Investments. "Ich kann keinen einzigen amerikanischen Investor überzeugen, bis Mai auch nur einen Euro zu kaufen", klagt Kit Juckes, Investmentstratege und Berater von Großanlegern bei der Société Générale.

Zwar gilt es als unwahrscheinlich, dass Marine Le Pen vom Front Nationale den zweiten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen am 7. Mai gewinnen und Euro und EU neu definieren wird. Da man aber mit Brexit-Entscheid und Trump-Wahl bereits zweimal mit scheinbar sicheren Einschätzungen auf dem falschen Fuß erwischt wurde, wollen alle vermeiden, ein drittes Mal schiefzuliegen. Zumal niemand eine Vorstellung davon hat, wie zuverlässig die linken Wähler sind, wenn sie sich in der Stichwahl zwischen einem neoliberalen Abtreibungsgegner und einer das Blaue vom Himmel versprechenden Interventionistin entscheiden müssen.

Der Dollar wird also gegenüber dem Euro in den nächsten Monaten tendenziell stark bleiben und dabei auch die sogenannte Parität schaffen. Für einen Euro gibt es dann einen Dollar. Was Exporteure freut, ist für Touristen eine erhebliche Mehrbelastung der Reisekasse. Nachdem in Frankreich Klarheit herrscht, dürfte sich im Fall, dass Le Pen es nicht schafft, wieder eine Gegenbewegung einstellen. Wer es sich aussuchen kann, sollte eine USA-Reise also in die zweite Jahreshälfte legen.

Zu dieser Tendenzänderung beim Euro-Dollar-Wechselkurs wird auch beitragen, dass die Europäische Zentralbank im Lauf des Sommers ihre expansive Geldpolitik ein bisschen zurückfahren wird. Die Italien-Krise wird dann weitgehend verdaut sein, und der neue französische Präsident François Fillon endlich den von den Währungshütern geforderten Reformkurs einschlagen und damit Europa neuen Schwung verleihen.



Im Mittelpunkt wird dann plötzlich auch stehen, dass der Renditeabstand zwischen amerikanischen und europäischen Anleihen seit der Maueröffnung noch nie so groß war wie heute - ohne eine plausible Rechtfertigung, mit Ausnahme der Tatsache, dass die Europäische Zentralbank durch den massiven Aufkauf von Eurostaatsanleihen nicht nur das strukturelle Staatsdefizit der Eurozone von über 300 Milliarden Euro finanziert hat, sondern auch private Investoren im Umfang von fast 200 Milliarden ins Ausland verdrängt hat.

Man wird dann ebenfalls sehen, dass auch ein Trump keine Wunder vollbringen kann. Er wird sich zwar noch während der ersten 100 Tage seiner Präsidentschaft die Schuldenobergrenze vom Kongress anpassen lassen, aber nicht nur die Frage, warum zusätzliche Schulden gemacht werden müssen, ist unbequem, sondern auch eine Diskussion darüber, warum die zusätzlichen Ausgaben keine Wirkung zeigen.

Wie sollten sie auch? Die Arbeitslosigkeit liegt bei rekordniedrigen 4,7 Prozent, und die Produktivität lässt sich nicht auf Kommando steigern. Es mangelt also nicht an Jobs. Und: Haarschnitt bleibt Haarschnitt. Eine Wirtschaft, die im Wesentlichen auf Services beruht, wird auch durch das Internet kaum produktiver. Für die Produktivität des Pizzabäckers- und des -boten ist es gleich, ob die Bestellung via Telefon oder übers Netz hereinkommt. Trumps einzige Chance liegt in der Verbesserung der Angebotsbedingungen.Anleger sollten auf das Deregulierungstempo achten. Macht Trump voran, bleiben US-Aktien trotz der jüngsten Kurssteigerungen interessant.



Und an der Heimatfront? Bei negativen Einlagezinsen ist 2017 vom Kontensparen nichts zu erwarten. Anleihen bringen ebenfalls nichts, und Immobilien sind entweder überteuert oder liegen im Nirgendwo, wo sie in Zukunft zu unverkäuflichen Ladenhütern werden.

Bleiben deutsche Aktien. Sie bringen ordentliche Dividenden und sind nicht zu teuer. Damit sind sie 2017 alternativlos - tatsächlich.



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Aktien, Zinsen, Immobilien und Gold im Überblick



Aktien



Dividenden werden auch 2017 dafür sorgen, dass Aktien eine ordentliche laufende Rendite erwirtschaften. Aufgrund der Wachstumsaussichten könnten auch Kurssteigerungen drin sein. Wer sich nicht mit der Auswahl einzelner Aktien oder Börsen belasten möchte, kauft einen kostengünstigen ETF, der den Weltaktienindex MSCI World abbildet.

Zinsen



Zwar wird allgemein erwartet, dass die Europäische Zentralbank im Lauf des kommenden Jahres die Geldschleusen nicht mehr ganz so weit offen hält - das reicht aber nicht, um Besitzer von Festgeld- und Sparkonten glücklich zu machen. Seien Sie froh, wenn Sie nicht mit Negativzinsen bestraft werden. Und lassen Sie die Finger von Anleihen.

Immobilien



Betongold war einige Jahre groß in Mode. In den Ballungsgebieten sind die Preise derart explodiert, dass in guten Lagen von Hamburg, München oder Köln bis zum 50-Fachen der Mietrendite bezahlt wird. Das ist eine Blase. Gehört Ihnen eine solche Wohnung, sollten Sie sich einen Verkauf überlegen und das Geld zum Teil in Aktien anlegen. Eigennutzer stellen den Gewinn sicher und wohnen wieder - billiger - zur Miete.

Gold



Pessimisten werden auch künftig zumindest einen kleinen Teil ihres Vermögens in Gold halten. Aber wenn schon, denn schon: Als Währung der letzten Instanz ist nur physisches Gold wie Münzen und Barren geeignet, Finanzprodukte, die einen Lieferanspruch verbriefen, taugen im Fall der Fälle nichts. Wer daran glaubt, dass die Welt sich weiterdreht, braucht 2017 kein Gold.

Aus: Tichys Einblick - Heft Nr. 1