Jedes Land hat sein eigenes Konzept was die Pandemie angeht. Auch Frankreich. So wurden gerade die Einreiseregeln für Argentinien, Chile, Brasilien und Südafrika verschärft, unter anderem ist für Reisende eine zehntägige Quarantäne vorgesehen. Ohnehin gelten in ganz Frankreich seit Anfang des Monats verschärfte Corona-Maßnahmen. Ein Großteil der Geschäfte ist geschlossen, die Bewegungsfreiheit der Menschen im Land ist eingeschränkt. So gibt es etwa strenge nächtliche Ausgangsbeschränkungen. Trotzdem arbeitet die Regierung inzwischen an einem abgestuften Öffnungsplan - Vorbild Großbritannien. Im Gegensatz zu Deutschland sollen dabei Indikatoren wie Inzidenzen oder die Auslastung der Intensivstationen keine Rolle spielen.
Kindergartenkinder und Grundschüler sollen Ende April in die Einrichtungen und Schulen zurückkehren, Anfang Mai dann auch die älteren Schüler. Für Schüler der gymnasialen Oberstufe werde an einem Modell mit halben Klassenstärken gearbeitet. Die Regierung sorgt sich um das seelische Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen. Präsident Emmanuel Macron will, dass die staatliche Krankenversicherung bis zu zehn Beratungsstunden bei Kinderpsychologen übernimmt. "Hinter der Epidemie verbirgt sich das Leiden unserer Jüngsten", twitterte der Präsident nach einem Besuch in der Psychiatrie und Kinderabteilung der Uniklinik in Reims.
Konjunktur gewinnt an Fahrt
Letztlich geht es auch darum, die Konjunktur wieder in Schwung zu bekommen. Nach Einschätzung der Notenbank ist die Wirtschaft im ersten Quartal des Jahres leicht gewachsen. Verglichen mit dem vierten Quartal 2020 habe das Bruttoinlandsprodukt (BIP) "moderat zugelegt". Industrie- und Bauaktivitäten hätten sich vor allem erholt. Für das Wachstum im laufenden Jahr hat Finanzminister Bruno Le Maire zuletzt seine Erwartungen von sechs auf fünf Prozent zurückgeschraubt.
Vielleicht muss er die Prognose im Verlauf des Jahres aber wieder erhöhen. Immerhin horten die Franzosen derzeit viel Geld, das dem Konsum einen ordentlichen Schub geben könnte. Auf 120 Milliarden Euro soll sich der Bargeldbestand der Franzosen belaufen. In Deutschland schätzt die Bundesbank die zusätzlichen Ersparnisse auf 110 Milliarden Euro. "Entscheidend für die Umwandlung der Ersparnisse in Konsumausgaben ist das Vertrauen", sagte der Gouverneur der französischen Notenbank François Villeroy de Galhau in einem Radiointerview.
Börse legt zu
Frankreichs Börse hält sich derweil gut. Allerdings hinkt der Leitindex CAC 40 dem DAX noch hinterher. Gut läuft es dabei schon seit einiger Zeit beim weltweit aktiven Baustoff- und Industriezulieferer Saint-Gobain. Neben Baumaterialien bietet der Konzern auch Hochleistungskunststoffe und Flachglas für die Bau- und Fahrzeugindustrie an, ebenso innovative Keramiken und feuerfeste Werkstoffe. Das zweite Halbjahr 2020 lief gut für die Franzosen. Umsatz und Gewinn legten kräftig zu, die operative Marge kletterte auf Rekordniveau. Neben der guten Auftragslage haben Kostensenkungen und reduzierte Investitionen geholfen, den Konzern auf Kurs zu bringen. Außerdem hilft der weltweite Trend zum Renovieren und die Tatsache, dass Saint- Gobain die verschärften Klimaziele und Sanierungsauflagen mit seinen Produkten gut abdeckt. Die Auftragslage sollte sich in den kommenden Jahren also weiter verbessern. Auch die zuletzt noch schwächelnde Nachfrage aus der Automobilindustrie kommt wieder in Gang.
Gefragt ist derzeit auch Publicis. Der Medienkonzern zählt zu den drei größten Werbedienstleistern weltweit. Die Gruppe, zu der Saatchi & Saatchi und Pixelpark gehören, ist mit 77 000 Mitarbeitern in 229 Städten und 109 Ländern vertreten. Dank guter Nachfrage in den USA nach digitaler Werbung hat Publicis zum Jahresauftakt erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder ein Umsatzwachstum aus eigener Kraft geschafft - also ohne Berücksichtigung von Zu- und Verkäufen.
Spannend bleibt auch der Abfallentsorger Veolia Environnement. Die schon seit dem vergangenen Sommer geplante Übernahme des heimischen Konkurrenten Suez scheint nun endlich zustande zu kommen. Wie die beiden Unternehmen mitteilten, haben sie sich auf einen Preis von 20,50 Euro für eine Suez-Aktie geeinigt - Veolias bisheriges Angebot hatte bei 18 Euro gelegen. Der neue Verbund soll auf einen Umsatz von etwa 37 Milliarden Euro kommen. Endgültige Verträge wollen die beiden Konzerne bis zum 14. Mai aufsetzen.