Analysten und BÖRSE ONLINE hatten es bereits geahnt, am gestrigen Sonntag wurde es Gewissheit: Der Dialyse-Konzern Fresenius Medical Care (FMC) und die Konzernmutter Fresenius senken wegen weiterhin schwieriger FMC-Geschäfte in Nordamerika ihre Gewinnausblicke zum zweiten Mal. Dabei kündigte die neue FMC-Chefin Carla Kriwet einen Turnaround-Plan an. Die beiden Dax-Aktien legen zu.

Das schwierige US-Geschäft belastet den Dialysekonzern Fresenius Medical Care (FMC) und zieht auch seine Konzernmutter abwärts. Fresenius erwartet für das laufende Jahr nun einen Rückgang des währungsbereinigten Gewinns um die zehn Prozent, wie der Dax-Konzern am Sonntagabend in Bad Homburg mitteilte. Bisher war Fresenius von einem niedrigen bis mittleren prozentual einstelligen Rückgang ausgegangen. Der Umsatz soll wie geplant um einen niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentsatz zulegen.

Die ebenfalls im Dax notierte Tochter FMC komme in Nordamerika nicht auf die Beine, der Krankenhaus-Dienstleister Fresenius Vamed leide unter Kostensteigerungen und Personal-Engpässen. Ganz überraschend kommt das nicht, Analysten hatten es für möglich gehalten.

Gewinneinbruch bis zu 25 Prozent möglich

Bei FMC werde das Ergebnis nach Anteilen Dritter 2022 währungsbereinigt um bis zu 25 Prozent einbrechen, teilten die beiden Unternehmen weiter mit. Bisher war FMC von einem Minus von maximal 20 Prozent ausgegangen. "Wir konnten die Zahl der offenen Stellen in unseren Dialysezentren reduzieren; sie blieb aber auf einem hohen Niveau", sagte FMC-Finanzchefin Helen Giza. Die Inflation belaste das Ergebnis zudem. "Bei aller Ernüchterung darüber, dass sich die eingeleiteten Maßnahmen in Nordamerika verzögert auswirken, sind wir zuversichtlich, dass unsere intensivierten Anstrengungen die nötigen Verbesserungen bringen werden." Der Umsatz soll wie geplant leicht steigen.

Carla Kriwet, die das Unternehmen seit Anfang Oktober führt, greift angesichts der unerwartet stark bröckelnder Gewinne durch. Es sei "dringend erforderlich, unsere operative Geschäftsentwicklung durch tiefgreifende Maßnahmen zu verbessern", erklärte Kriwet. Sie hatte angesichts der Probleme bei dem Dialyse-Spezialisten, vor allem in Nordamerika, Anfang Oktober vorzeitig die Führung von FMC übernommen, zeitgleich mit dem neuen Chef des Mutterkonzerns Fresenius, Michael Sen.

Dialyse-Tochter als Bremsklotz für Fresenius

"Wir haben bereits mit der Ausarbeitung eines umfassenden Turnaround-Plans begonnen, zu dem auch eine Kultur der Leistung und klaren Verantwortlichkeiten gehören wird", sagte Kriwet, die vom Hausgerätekonzern BSH Hausgeräte zu FMC gekommen war.

Die erfolgsverwöhnte Dialyse-Tochter hatte sich zuletzt immer mehr zum Bremsklotz für Fresenius entwickelt. Vor allem der Mangel an Pflegekräften in den USA bremst die Erholung nach der Corona-Pandemie, in der Dialyse-Patienten besonders gefährdet waren. Trotz aller Bemühungen sei die Zahl unbesetzter Stellen in den Dialysezentren weiterhin hoch. "Bei aller Ernüchterung darüber, dass sich die eingeleiteten Maßnahmen in Nordamerika verzögert auswirken, sind wir zuversichtlich, dass unsere intensivierten Anstrengungen die nötigen Verbesserungen bringen werden", sagte FMC-Finanzchefin Helen Giza.

Die Börse reagierte am Montag überraschend auf die Nachrichten. Die Aktien von Fresenius und FMC legten zeitweise deutlich zu und waren auch am Mittag noch die tagesbesten Werte im Dax. Es wurde offenbar schnell klar, dass die mageren Zahlen wohl längst eingepreist waren. Unter Händlern hieß es, einige Anleger witterten wohl eine Einstiegschance.

Unter Schwankungen ging es für die FMC-Aktien zeitweise um mehr als sechs Prozent aufwärts, Fresenius-Papiere verbesserten sich um gut vier Prozent. Beide rutschten dann wieder etwas zurück. Analyst Graham Doyle von der UBS etwa erwähnte, dass die Prognosesenkung großteils bereits in den Schätzungen am Markt enthalten ist. Er beließ den Wert auf "Neutral" mit einem Kursziel von 30 Euro.

Fresenius (WKN: 578560)

Die britische Investmentbank Barclays hat die Einstufung für Fresenius nach den reduzierten Jahreszielen auf "Overweight" mit einem Kursziel von 34 Euro belassen. Umsatz und operatives Ergebnis (Ebit) seien trotz allem noch etwas besser als vom Markt erwartet ausgefallen, schrieb Analyst Hassan Al-Wakeel in einer aktuellen Studie. Der Nettogewinn des Medizinkonzerns habe hingegen die Konsensschätzung verfehlt.

Fazit

Der Krankenhaus-Konzern Fresenius will seine Dialyse-Tochter FMC unter neuer Führung mit strengen Maßnahmen Richtung Gewinne trimmen. Sollte das gelingen, wäre auch die Fresenius-Aktie auf dem aktuellen Niveau vor längerfristigem Horizont ein attraktives Investment. BÖRSE ONLINE hat ein Kursziel von 32,00 Euro ausgegeben. Bei 17,50 Euro sollte aber sicherheitshalber eine Stop-Loss-Order platziert werden.