Sorgen bereitete Investoren vor allem die Entwicklung der Coronavirus-Pandemie. "Das dritte Quartal beginnt mit Rekord-Neuinfektionen in den USA", sagte Anlagestratege Ian Williams vom Brokerhaus Peel Hunt. "Die beeindruckende Entwicklung des zweiten Quartals wird sich nur schwer wiederholen lassen." Beide Indizes hatten binnen dieses Vierteljahrs so stark zugelegt wie seit Jahren nicht.
Als weiteren Belastungsfaktor für die Anlegerstimmung nannte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade, die wieder wachsenden Spannungen zwischen den USA und China. "Niemand möchte die beiden Staaten in einer verfahrenen Situation sehen. Der US-chinesische Handelskrieg im letzten Jahr hat nichts gebracht außer unnötige Verunsicherung."
Die im Tagesverlauf veröffentlichten Konjunkturdaten boten ein gemischtes Bild: So blieb der privaten Arbeitsagentur ADP zufolge die Zahl der neu geschaffenen Stellen in den USA im Juni mit knapp 2,4 Millionen hinter der erhofften Marke von drei Millionen zurück. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland fiel dagegen geringer aus als befürchtet und die heimische Industrie arbeitet sich langsam aus der Krise heraus. Wegen der steigenden Corona-Infektionen in den USA beurteilten viele diese Zahlen aber zurückhaltend, warnten die Analysten der ING Bank.
GOLDPREIS AUF ACHT-JAHRES-HOCH - 1800ER MARKE IM BLICK
Die Verunsicherung der Investoren spiegelte sich im Höhenflug des Goldpreises wider. Die "Antikrisen-Währung" stieg um bis zu 0,5 Prozent auf ein erneutes Acht-Jahres-Hoch von 1788,96 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Da die Druckerpressen der Notenbanken weltweit auf vollen Touren liefen, sei der Sprung des auch als Inflationsschutz dienenden Edelmetalls über die psychologisch wichtige 1800er Marke nur eine Frage der Zeit, sagte Carlo Alberto De Casa, Chef-Analyst des Brokerhauses ActivTrades.
Am Rohölmarkt dämpften die enttäuschenden ADP-Zahlen, die einen Vorgeschmack auf die offizielle US-Arbeitsmarktstatistik am Donnerstag liefern, Hoffnungen auf eine anziehende Nachfrage. Die Sorte Brent aus der Nordsee gab ihre anfänglichen Gewinne fast vollständig ab und notierte am Nachmittag nur noch knapp im Plus bei 41,40 Dollar je Barrel (159 Liter).
ÜBERNAHMEFANTASIE UM CLARIANT
Bei den Unternehmen rückte Clariant ins Rampenlicht, nachdem der Schweizer "Tages-Anzeiger" über weit fortgeschrittene Fusionsgespräche des Chemiekonzerns berichtet hatte. Dem Analysten Markus Mayer von der Baader Helvea Bank zufolge wäre unter anderem ein Zusammenschluss mit Lanxess oder Evonik sinnvoll. Unabhängig davon können sich die Clariant-Eigner nach dem milliardenschweren Verkauf eines Geschäftsbereichs über eine Sonderdividende von drei Franken je Aktie freuen. Die Titel der Firma steuerten mit einem Plus von zeitweise knapp zehn Prozent auf den größten Tagesgewinn seit mehr als fünf Jahren zu.
Im Londoner Auswahlindex FTSE setzten sich die Papiere von Smith & Nephew mit einem Plus von gut fünf Prozent an die Spitze. Der Umsatzrückgang des Anbieters künstlicher Hüften und Kniegelenke sei mit 29 Prozent im zweiten Quartal geringer ausgefallen als befürchtet, kommentierte Analyst Kit Lee von der Investmentbank Jefferies.
rtr