Wer in diesem Jahr Weihnachtspakete verschicken will, sollte damit deutlich früher beginnen als in den Jahren zuvor. Denn auf die Paketlieferdienste rollt eine wahre Auftragslawine zu. Das liegt zum einen am generellen Trend der Verbraucher, Waren vermehrt im Internet als globalem Einkaufszentrum zu bestellen und sich nach Hause liefern zu lassen. Darüber hinaus beschert das in der Pandemie spürbar veränderte Kaufverhalten der Verbraucher der Branche einen enormen Schub. Ausgangsbeschränkungen und Abstandsregeln treiben die Kunden des stationären Handels ins Internet. "Aus der Perspektive des E-Commerce könnte man sogar sagen, dass wir durch Covid-19 im Jahr 2020 bereits auf dem Stand des Jahres 2030 sind", sagt Michiel Greeven, Manager bei der Deutschen-Post-Tochter DHL Express.
Rund um den Globus versucht die Logistikbranche, sich auf die heiße Phase zum Jahresende vorzubereiten. Die beginnt spätestens mit den in den Vereinigten Staaten traditionell verkaufsstarken Tagen nach den Ernte-Dank-Feierlichkeiten, dem sogenannten Black Friday oder seiner Onlineversion, dem Cyber Monday. An diesen Tagen werden erste Weihnachtseinkäufe erledigt. Frühestens im Januar des kommenden Jahres ist mit einem Nachlassen der Welle zu rechnen, wenn die Flut der Rücksendungen nicht gewünschter Einkäufe und Geschenke abgearbeitet ist.
Rapides Wachstum
Die Deutsche Post geht in diesem Jahr für den Höhepunkt der Einkaufssaison von einer Steigerung der Sendungsmengen im globalen Netzwerk von DHL Express im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von mehr als 50 Prozent aus. Die Bonner haben im Bereich Express weltweit zusätzliches Personal eingestellt und eine Milliarde Euro investiert, um die Kapazitäten auszubauen.
Das höhere Luftfrachtaufkommen bei gleichzeitig deutlich verringerter Zahl an Passagierflügen, die in der Regel auch Fracht aufnehmen, zwingt Logistikunternehmen dazu, verstärkt reine Cargo-Flieger zu nutzen. In diesem Jahr hat die Deutsche Post vier neue Großraumflugzeuge in Betrieb genommen, zwei weitere kommen in den nächsten Monaten hinzu. Mit den Maschinen kann der Konzern selbst mehr als 3.000 zusätzliche Interkontinentalflüge pro Jahr durchführen, mit positivem Effekt auf die Marge.
Noch vor der Weihnachtssaison hat DHL in den USA mehr als 3.000 neue Mitarbeiter eingestellt und 17 Millionen Euro in den Ausbau von Kapazitäten investiert. Beim US-Transport- und Logistikkonzern Fedex entwickelt sich das Geschäft ähnlich dynamisch wie beim deutschen Konkurrenten. Im Bereich Expressversand zählt Fedex zu den größten Luftfrachtunternehmen der Welt. Von der Marktposition profitierten die Amerikaner im ersten Quartal des Geschäftsjahrs per Ende August vom Einbruch der Passagierluftfahrt und der so eingeschränkten Frachtkapazitäten.
Dieser positive Effekt dürfte sich allerdings deutlich reduzieren, wenn erst ein Corona-Impfstoff entwickelt, verteilt und weite Teile der Weltbevölkerung geimpft wurden. Allerdings ist auch dann nicht damit zu rechnen, dass die gute Auslastung der Frachtkapazitäten bei DHL und Fedex quasi über Nacht verschwindet. Mit dem Wiederaufleben des Personenverkehrs dürfte die zyklische Erholung der Wirtschaft einsetzen, von der auch die Logistikbranche profitiert. Ungemach droht speziell Fedex jedoch von anderer Seite: Wettbewerber DHL expandiert auf dem nordamerikanischen Markt. Und Großkunden wie Amazon bauen ihren eigenen Versand zunehmend aus.
Impfstoff als Treiber
Vorerst aber wird der Kampf gegen die Pandemie auch unmittelbar zum Treibsatz für die Branche. Denn irgendwann in den nächsten Monaten dürfte der weltweite Transport der Milliarden von Impfstoffdosen anlaufen. Die Experten der Berenberg Bank sehen allein darin eine Gelegenheit für "übernormale" Logistikprofite, etwa für die Deutsche Post DHL Gruppe und Fedex. DHL geht allein für die globale Distribution der Impfstoffe innerhalb der nächsten beiden Jahre von einem Bedarf von 15.000 Flügen aus. Wegen des Zeitdrucks bei der Verteilung des Impfstoffs wird für die großen Distanzen überwiegend der Luftweg genutzt.
Der Transport von Impfstoff gegen Covid-19 ist auch eine technische Herausforderung für die Branche. Je nach Impfstoff gilt es, hohe Anforderungen an die durchgängige Kühlung über mehrere Tage von bis zu minus 80 Grad Celsius zu erfüllen. Das dürften in erster Linie die etablierten Transporteure leisten können. Profitieren dürften davon auch Spezialanbieter thermischer Verpackungssysteme und globaler temperaturstabiler Kühlketten, die die erforderlichen extrem niedrigen Temperaturen über einen längeren Zeitraum sicherstellen.
Spezialist vor Sonderkonjunktur
Dazu gehört die Würzburger Va-Q-tec. Das Unternehmen produziert und vertreibt Vakuumisolationspaneele sowie thermische Verpackungssysteme wie Container und Boxen. Die Mehrzahl der Kunden kommt aus der Pharma- und Logistikbranche. Allein im ersten Halbjahr 2020 stieg der Umsatzanteil der Healthcare-Branche von 63 Prozent im Vorjahreszeitraum auf 77 Prozent. Die Würzburger erwarten für das Gesamtjahr ein Umsatzwachstum von zehn bis 15 Prozent bei leicht verbesserter operativer Marge.
Perspektivisch profitiert Va-Q-tec auch vom zunehmenden Geschäftsvolumen der Lebensmittelhändler und der Online-Apotheken, zumal wenn im nächsten Jahr das digitale E-Rezept in Deutschland eingeführt wird.
INVESTOR-INFO
Deutsche Post
Gut organisiert
Der Konzern hat bereits bei Veröffentlichung vorläufiger Geschäftszahlen zum dritten Quartal die Gesamtjahresprognose angehoben. Besonders dynamisch entwickeln sich die Sparten Express und Fracht. Die Bonner profitieren weltweit, durch Neueinstellungen und Investitionen gut vorbereitet, vom zunehmenden Onlinehandel und von der anhaltenden Sonderkonjunktur durch die Pandemie. Anleger greifen zu.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 45,00 Euro
Stoppkurs: 32,00 Euro
Fedex
Marge gesteigert
Auch der führende amerikanische Anbieter von Transport- und Logistikdienstleistungen hat die Corona-Krise nutzen können. Vor allem die auf 8,5 Prozent gestiegene bereinigte operative Marge spiegelt die positive Entwicklung wider. Negativ könnte sich allerdings auswirken, dass E-Commerce-Großkunden wie Amazon den eigenen Versand ausbauen und Wettbewerber DHL in den USA expandiert. Die Aktie ist haltenswert.
Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 250,00 Euro
Stoppkurs: 176,00 Euro
Va-Q-Tec
Impfstoff transportieren
Die Leistungen und Produkte des Anbieters von Kühlinfrastruktur und Kühlboxen sind beim Transport von empfindlichen und hochwertigen Gütern gefragt. Die Würzburger gelten als Profiteur der Corona-Krise. Der Aktienkurs hat sich seit März etwa verdreifacht. Damit ist schon viel Covid-Fantasie eingepreist. Gleichwohl dürften die Produkte mittel- und langfristig neue Kundengruppen erschließen. Langfristinvestment für Mutige.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 27,50 Euro
Stoppkurs: 19,50 Euro