Dem unter Druck stehenden Leasingspezialisten Grenke drohen durch das im Oktober auslaufende Moratorium zur Meldepflicht von Insolvenzen große Belastungen bei künftigen Quartalsergebnissen. "Höhere Abschreibungen können nicht ausgeschlossen werden", sagt Andreas Schäfer, Analyst beim Bankhaus Lampe.
Wie hoch die Abschreibungen sein könnten, ist schwer einzuschätzen, was auch an der Berichterstattung der Baden-Badener liegt. Grenke liefert beispielsweise keine detaillierte Branchenübersicht seiner Leasingkunden. So lässt sich nicht einordnen, wie viel Umsatz das Unternehmen mit stark von der Pandemie betroffenen Bereichen wie Tourismus oder Gastronomie erzielt. Zahlungsunfähige Firmen unterliegen ab 1. Oktober wieder der Insolvenzantragspflicht, überschuldete voraussichtlich ab 1. Januar. Bei den Abschreibungsrisiken könnten künftige Attacken von Leerverkäufern ansetzen. Der britische Shortseller Fraser Perring, der Grenke jüngst mit einem 64-seitigen Bericht seiner Firma Viceroy Research unter Beschuss genommen hatte, plant offenbar weitere Angriffe. Er habe "keinen Zweifel", dass die Aktie weiter falle, so Perring.
Klar scheint aber, dass Grenke kein Fall "Wirecard 2.0" ist, wie Perring behauptet. Dem MDAX-Wert zufolge lagen zuletzt 761 Millionen Euro auf Bundesbankkonten, was rund 70 Prozent der Ende Juni ausgewiesenen liquiden Mittel von 1,08 Milliarden Euro entspricht. Perring hatte behauptet, dass wie bei Wirecard "signifikante Teile des Cashbestands nicht existieren".
Das Unternehmen bemüht sich um Schadensbegrenzung. Gründer Wolfgang Grenke lässt bis zur Aufklärung der Vorwürfe seine Mandate als Aufsichtsratsvize der AG und als Aufseher der Grenke Bank und der Schweizer Tochter ruhen. Darüber hinaus sollen Wirtschaftsprüfer von Warth & Klein Grant Thornton die bei Grenke bisher übliche und von Perring kritisierte Praxis des Aufkaufs von Franchisefirmen durchleuchten. Bisher wurden Franchisefirmen, die Grenkes Expansion im Ausland anschieben sollten, zunächst durch die konzernunabhängige österreichische CTP Handels- und Beteiligungs GmbH übernommen, von der sie Anschubfinanzierungen erhielten. Erst später wurden sie zu laut Perring überhöhten Preisen an die Grenke AG veräußert.
Anteilseigner fordern hier mehr Klarheit. Ein "bereinigtes und vereinfachtes Franchisesystem", erwartet etwa Uwe Rathausky, Vorstand der Fondsgesellschaft Gané, die über ihre Mandate mehr als neun Prozent an Grenke verwaltet. Bisher seien neben dem Franchisenehmer Finanzinvestoren beteiligt. Grenke könnte nicht erst nach vier bis sechs Jahren Optionen zur Übernahme ausüben, sondern sollte mit Gründung der Betriebe als einziger Finanzier beteiligt sein, so Rathausky gegenüber €uro am Sonntag.