"Ich bin nun, mit der Zulassung heute morgen, sehr zuversichtlich, dass wir bis zum Frühjahr genügend gefährdete Menschen impfen können, um unseren Weg aus dieser Pandemie sehen zu können", sagte Gesundheitsminister Matt Hancock am Mittwoch, nachdem die Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) den Einsatz des Impfstoffes empfohlen hatte. Erst am Dienstag hatte Großbritannien, in der sich eine besonders ansteckende Virus-Variante verbreitet, einen Rekord bei den Infektionszahlen vermeldet. Die Entscheidung ist auch ein willkommener Schub für AstraZeneca und das Oxford-Team, denen mangelnde Klarheit über die Ergebnisse von Studien zu dem Impfstoff vorgeworfen worden war.

Bei zwei vollen Dosen in einem Abstand von mehreren Wochen hatte der Impfstoff lediglich eine Wirksamkeit von 62 Prozent gezeigt. In einer Untergruppe, die zunächst nur die halbe Dosis und dann die volle Dosis erhielt, stieg die Wirksamkeit auf 90 Prozent. Es gab unterschiedliche Darstellungen von AstraZeneca und der Universtität Oxford, ob die Verabreichung einer halben Dosis am Anfang ein Versehen oder Absicht war.

"Heute ist ein wichtiger Tag für Millionen von Menschen in Großbritannien, die Zugang zu diesem neuen Impfstoff erhalten", sagte AstraZeneca-Chef Pascal Soriot "Er hat sich als effektiv, gut verträglich, einfach in der Handhabung erwiesen und wird von AstraZeneca ohne Gewinn geliefert." Der Impfstoff beruht auf einer eher herkömmlichen Herstellungsweise und ist ein sogenannter Vektorimpfstoff, der auf Adenoviren von Affen basiert. Er muss nicht so extrem tiefgekühlt werden, wie der Impfstoff von BioNTech und Pfizer.

Großbritannien, das 100 Millionen Dosen des AstraZeneca-Vakzins geordert hat, prescht mit der Genehmigung ebenso vor wie schon bei der Zulassung des Impfstoffes von BioNTech und Pfizer. Als weltweit erstes Land hatten die Briten den Impfstoff der Mainzer schon Anfang Dezember zugelassen, die EU-Genehmigung erfolgte erst am 21. Dezember. Eine Zulassung erteile die Europäische Arzneimittelagentur EMA erst dann, "wenn wir uns sicher sind, dass das Produkt sicher, qualitativ hochwertig und wirksam ist", hatte EMA-Chefin Emer Cooke erklärt.

EU WARTET FÜR ZULASSUNG AUF ZUSÄTZLICHE DATEN


Für die europäische Zulassung des AstraZeneca-Produktes noch im Januar hatte der stellvertretende EMA-Direktor Noel Wathion zuletzt nur geringe Chancen ausgerechnet. "Sie haben noch nicht einmal einen Antrag bei uns gestellt", sagte er. Die bislang erhaltenen Informationen reichten nicht aus. "Wir benötigen zusätzliche Daten zur Qualität des Impfstoffs."

Vor allem Großbritannien und Südafrika haben mit neuen Varianten des Coronavirus zu kämpfen, die nach ersten Erkenntnissen ansteckender sein könnten. Viele Länder haben darauf reagiert und Passagierflüge untersagt. AstraZeneca und andere Entwickler haben angekündigt, die Auswirkungen der Mutationen zu untersuchen, erwarten aber, dass ihre Impfstoffe dagegen wirksam sind.

Für die Bekämpfung des Corona-Virus ist es von großer Bedeutung, dass ausreichend Impfstoffe zur Verfügung stehen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betont wiederholt das Ziel, dass nach den Risikogruppen nur so im Sommer der Gesamtbevölkerung ein Impfangebot gemacht werden könne. Neben BioNTech/Pfizer könnte ein Impfstoff des US-Biotechkonzerns Moderna im Januar in der EU zugelassen werden. Die will bis zum 6. Januar ihre Bewertung des Moderna-Impfstoffes abschließen.

rtr