Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer der Deutschen Asset Management

Das Börsenjahr 2015 hat Investoren neue Rekordstände im Dax, Dow und Co. beschert. Wo erwarten Sie den Dax bzw. den S&P 500 Ende 2016?


Für den Dax sehen wir 11700 Punkte, der Weg dorthin wird allerdings kein gerader sein. Unsere Prognose für den S&P 500 lautet 2170.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2016 aus heutiger Sicht bestimmen?


Der Wachstumsbeitrag der Schwellenländer am globalen Wachstum schwächt sich ab, der der Industrieländer nimmt wieder zu. Der Dienstleistungssektor gewinnt gegenüber den Industriesektoren in den meisten Volkswirtschaften weiter an Gewicht. China wird keine harte Landung hinlegen, aber die langfristigen Herausforderungen bleiben groß. Öl wird im ersten Halbjahr die 40-Dollar-Marke kaum durchbrechen, sich aber im zweiten Halbjahr erholen. Die Aufwärtsbewegung des US-Dollars setzt sich fort. Politische Spannungen in Europa bestimmen weiterhin die Nachrichten. Die Renditeerwartungen bleiben größtenteils einstellig, bei gleichzeitig weiter steigender Volatilität. Währungen und Dividenden spielen daher bei Aktien eine größere Rolle. Die Zentralbanken und die Divergenz der Zentralbankpolitik bleibt weiter wesentlicher Treiber. Insgesamt bleibt die Geldpolitik locker. Allerdings werden die kommenden Zinsschritte der Fed für weitere Volatilitätsschübe sorgen.

Welcher der wichtigsten Börsen weltweit trauen Sie 2016 die beste Entwicklung zu?


Wir bevorzugen die Börsen der Industrieländer gegenüber jenen der Schwellenländer - mit leichter Präferenz für die Eurozone und Japan gegenüber den USA. Generell wird es aber sehr darauf ankommen, zum richtigen Moment die richtigen Sektoren und Unternehmen auszuwählen.

Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2016?


Zentralbanken: global insgesamt weiter lockere Geldpolitik, allerdings bei gleichzeitiger Divergenz aufgrund der Zinserhöhungen in den USA, was für Turbulenzen sorgen könnte. Leicht steigende Unternehmensgewinne. Rekordausschüttungen bei Dividenden. In Teilsegmenten weiter hohe M&A Tätigkeit.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2016?


Kommunikationsfehler der Zentralbanken. In den USA im Vergleich zu früheren Zinserhöhungen hohe Gesamtverschuldung. Fehlende Markttiefe in Teilsegmenten der Kapitalmärkte, Flash-Crashes. Verwerfungen bei einzelnen Unternehmen und Ländern aufgrund des niedrigen Ölpreises. Weitere Abschwächung der Schwellenländer inkl. China. Währungsturbulenzen.

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Wir präferieren nach wie vor Aktien. Allerdings sollten Anleger taktisch und selektiv sein.
Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer der Deutschen Asset Management.


Bei welchen sonstigen Produkten sollten Anleger mit Blick auf 2016 zugreifen?


Wir präferieren nach wie vor Aktien. Allerdings sollten Anleger taktisch und selektiv sein. 2016 wird wegen der insgesamt erwarteten niedrigen Erträge bei vermutlich hoher Volatilität kein Jahr für "einfach kaufen und halten". Innerhalb der Renten bleiben wir ebenfalls bei unserer Präferenz für höher rentierende Teilsegmente: Staatsanleihen der Peripherie und Unternehmensanleihen aus der Eurozone und den USA. Wir sehen auch weiter Chancen bei Gewerbeimmobilien in Deutschland.

Neben der Entwicklung an den Aktienmärkten schauen viele Anleger besonders auf den Goldpreis. Wo dürfte der Preis für die Feinunze Gold Ende 2016 liegen?


Bei 1000 Dollar.

Welchen Kurs des Euro in US-Dollar erwarten Sie Ende 2016?


0,95 Dollar/Euro.

Auf Seite 2: Max Otte





Prof. Max Otte, Fondsmanager und Börsenbuchautor

Das Börsenjahr 2015 hat Investoren neue Rekordstände im Dax, Dow und Co. beschert. Wo erwarten Sie den Dax bzw. den Dow Ende 2016?


Der China-Crash zeigt, dass dass Endspiel um die Verteilung der Vermögenswerte der Welt eingeleitet ist. Europa fällt immer weiter zurück - auch, weil wir uns nicht mehr gegen eine dominante US-Wirtschaftspolitik wehren, sondern uns noch vor den Karren spannen lassen. Zudem sind die Schulden seit der Finanzkrise um ein weiteres Welt-BIP gewachsen. Auch die US-Wirtschaft steht keinesfalls gut da. Wenn China nicht der Beginn einer Kettenreaktion und damit einer ernsthaften Wirtschaftskrise ist, werden sich die Börsen bald wieder erholen. Dann sind auch 2016 neue Höchststände drin.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2016 aus heutiger Sicht bestimmen?


China und die BRICS, aber auch die hohe Bewertung der US-Börsen dürften Themen sein.

Welcher der wichtigsten Börsen weltweit trauen Sie 2016 die beste Entwicklung zu?


In Japan steckt noch Potenzial, aber auch Frankreich könnte für eine Überraschung gut sein.

Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2016?


Es sind riesige Vermögen unterwegs. Kontoguthaben und Anleihen bringen keine Rendite und Private Equity wird auch langsam entzaubert. Gute Aktien und attraktive Börsen werden weiterhin nachgefragt werden.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2016?


Dass China der Beginn einer Kettenreaktion ist und eine ernsthafte globale Wirtschaftskrise einläutet.

BMW ist immer noch interessant, Henkel wieder einigermaßen attraktiv.
Prof. Max Otte, Fondsmanager und Börsenbuchautor.


Welche Dax-Aktie(n) sollte(n) sich Anleger jetzt ins Depot legen?


BMW ist immer noch interessant, Henkel wieder einigermaßen attraktiv.

Bei welchen sonstigen Produkten sollten Anleger mit Blick auf 2016 zugreifen?


Gold.

Neben der Entwicklung an den Aktienmärkten schauen viele Anleger besonders auf den Goldpreis. Wo dürfte der Preis für die Feinunze Gold Ende 2016 liegen?


Ich habe keine Ahnung. Ich weiss nur, dass Sie wohl in fünf Jahren sehr glücklich sein werden, wenn Sie zum heutigen Kurs gekauft haben.

Welchen Kurs des Euro in US-Dollar erwarten Sie Ende 2016?


Der Euro könnte unter Parität sinken.

Auf Seite 3: Robert Halver





Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank



Das Börsenjahr 2015 hat Investoren neue Rekordstände im Dax, Dow und Co. beschert. Wo erwarten Sie den Dax bzw. den Dow Jones Industrial Ende 2016?


Dax: 12.000 bzw. Dow Jones Industrial 18.800.

Der Dax hat sicher einige Schönheitsfehler. Gleich vier Branchen bereiten den Anlegern sorgen: Banken leiden unter der politischen Regulierung, die Versicherer haben das Grundproblem schwacher Anlagezinsen, die Versorger kämpfen anhaltend mit dem Schnellschuss der Bundesregierung zum Atomausstieg und die Automobilbranche hat mit den Konsequenzen des Abgasskandals zu kämpfen.

Dennoch wurde das erotischste Industrielabel "Made in Germany" offensichtlich nicht nachhaltig beschädigt. Der grundsätzliche Ausblick für den Dax bleibt positiv, da sich die Weltwirtschaft, wenn auch mit viel fiskal- und geldpolitischer Hilfe und etwas verhaltener mit Blick auf die Schwellenländer, stabilisiert. Die US-Wirtschaft setzt ihren Wachstumskurs dank einer nur sanftmütigen US-Zinswende fort und die Wachstumsängste in Asien klingen dank der massiven planwirtschaftlichen Maßnahmen zur Konjunkturstabilisierung wie z.B. in China - Neuer 5-Jahres-Plan - allmählich ab.

Das sorgt für wieder stabilere Umsatz- und Gewinnperspektiven der DAX-Unternehmen. Unterstützend für die Gewinnmargen wirkt auch ein sich weiter abschwächender Euro und anhaltend günstige Rohstoffpreise. Grundsätzlich kommen insbesondere deutsche konjunktursensitive und exportorientierte Aktien damit zunehmend - neben dem Argument Liquidität - auch in den Genuss von fundamentalen Argumenten.

Trotz der vielen Krisen und Konflikte wird sich der Dax 2016 unter einer Zunahme der Volatilität behaupten können.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


Trotz der vielen Krisen und Konflikte wird sich der Dax 2016 unter einer Zunahme der Volatilität behaupten können. Denn trotz der vorübergehenden "Enttäuschung" über eine weniger als erwartet freizügige Geldpolitik anlässlich der letzten Sitzung der EZB bleibt diese 2016 ultralocker und könnte bei Bedarf sogar noch offensiver ausgestaltet werden. In diesem Zusammenhang muss auch auf die sehr intransparenten Anleiheaufkäufe nationaler Notenbanken innerhalb der Eurozone verwiesen werden. Grundsätzlich weiß die EZB, dass sie in der Verantwortung steht, neue Konjunktur-, Banken-, Staatsschulden- oder Finanzkrisen zu verhindern. Denn diese hielte Europa nicht mehr aus.

Das sorgt auch weiterhin für eine mangelnde Attraktivität der Alternativanlageklasse Zinsanlagen. Der Bewertungsvergleich gemäß Kurs-Gewinn-Verhältnis spricht eindeutig für Aktien. Der DAX ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 13 absolut zwar nicht günstig bewertet, doch wenn Staatsanleihen auf Basis der deutschen Umlaufrendite mit einem Wert von ca. 250 aufwarten, erkennt man zügig die wirklich völlig überbewertete Anlageklasse. Die schwachen Alternativrenditen im Zinsvermögen dienen nicht zuletzt als geldpolitische Lebensversicherung für Aktien: Während nach den Zusammenbrüchen der Aktienmärkte 2001 bzw. 2008 deutsche Staatspapiere durchschnittlich mit Renditen zwischen vier und fünf Prozent ausgestattet waren, müssten sich Anleger heutzutage mit Renditen von weniger als 0,5 Prozent zufrieden geben.

In den USA muss kein Anleger eine Zinserhöhungspolitik der Fed mit Schaum vor dem Mund wie zwischen 2004 und 2006 befürchten. Mit einem Anstieg von einem auf 5,25 Prozent hatte man damals nicht nur die ungeliebte Immobilienblase wie eine Schmeißfliege auf der Vase zerschlagen, sondern die US- und Weltkonjunktur sowie die US-Aktienmärkte gleich mit. National gibt es aus konjunktureller bzw. Inflationssicht für eine scharfe Zinswende ohnehin keinen Anlass. Der US-Arbeitsmarkt ist zwar quantitativ robust, auf qualitativer Ebene ist jedoch der Mangel einkommensschwacher Jobs klar erkennbar. Im Übrigen muss die US-Notenbank ihren Blick neben der US- auch auf die Weltkonjunktur, insbesondere die Schwellenländer richten. Diese nehmen bei zu massiven Zinserhöhungen Schaden, denn dann steigt die Kapitalflucht in das zinsattraktive Amerika bei zusätzlicher Währungsaufwertungsperspektive. China & Co. würde nicht nur Investitionsgeld fehlen. Sie müssten auch noch mehr für den Zins- und Tilgungsdienst ihrer mehrheitlich auf US-Dollar-Basis aufgenommenen Staats- und Unternehmensschulden aufwenden. Überhaupt steht ein starker US-Dollar historisch für schwache Rohstoffpreise. Allein schon 2015 ist den Rohstoffländern Kaufkraft in Höhe von ca. zwei Billionen US-Dollar durch die Lappen gehen. Das tut auch der Welt- und US-Wirtschaft weh und würde noch mehr schmerzen, wenn der Dollar noch weiter aufwertet.

Insgesamt hat Frau Yellen keinen Grund für eine zinspolitische Wurzelbehandlung. Sie wird eine sanfte Zahnreinigung betreiben. Im Übrigen zeigt die Finanzhistorie, dass die ersten Zinserhöhungen mit einem Aktienaufschwung einhergehen, weil sie ein Indiz für eine stabile US-Konjunktur sind. Darüber hinaus dürften US-Aktien die Konjunkturversprechen im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl in der zweiten Jahreshälfte 2016 zugutekommen.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2016 aus heutiger Sicht bestimmen?


Zinsanlagen können mit Aktien nicht mitstinken:

Bei höheren Renditen für Zinsanlagen wäre die Finanzierbarkeit der überschuldeten Länder in der Eurozone nicht mehr zu gewährleisten. Immerhin, durch den Wegfall dieser attraktiven Anlagealternative erlangen Aktien so etwas wie eine Risikolebensversicherung gegen einen nachhaltigen Bärenmarkt. Europas Aktien haben im Vergleich die besten Chancen. Denn sie profitieren von einer auch über Schulden wiedererstarkenden Konjunktur. Den europäischen Titeln kommt der weiter abwertende Euro zugute und niedrige Rohstoffpreise und Zinsen erhöhen die Unternehmensmargen und die Konsumentenkaufkraft. Daneben hat Europa wegen der vorangegangene Euro-Staatsschuldenkrise Nachholpotenzial. Ohnehin bleibt die Liquiditätshausse der EZB intakt. Vor diesem Hintergrund sind zunächst konjunktursensitive Industriewerte aussichtsreich. Ab Jahresanfang werden ebenso Dividendentitel als Ersatzbefriedigung zu Zinsanlagen attraktiv.

Währungen - Weltweiter Abwertungswettlauf gegenüber US-Dollar:

Neben der EZB in der Eurozone setzt auch die Notenbank in Japan auf die konsequente Schwächung des Yen zur Stützung der Exportindustrie. In Verbindung mit der Zinswende der US-Notenbank sorgt das insgesamt für eine weitere Abwertung von Euro und Yen gegenüber den Handelskonkurrenzwährungen.

Während die Dollar-Stärke für Japan und die Eurozone positive exportseitige Auswirkungen hat, ist sie für die Schwellenländer, die zu großen Teilen in Dollar verschuldet sind, auch eine reale Gefahr. Sie müssen deutlich mehr für den Zins- und Tilgungsdienst ihrer mehrheitlich auf US-Dollar-Basis aufgenommenen Staats- und Unternehmensschulden aufwenden. So wird allein Brasilien über die Real-Abwertung etwa 30 Prozent mehr für die Bedienung seiner Dollar-Auslandsschulden aufwenden müssen. Allerdings ist die behutsame zinspolitische Wende der Fed geeignet, den bisherigen Leitzinserhöhungsangst geschuldeten Währungsaufwertungsdruck des Dollars gegenüber den Schwellenländern in Grenzen zu halten.

China wird im Rahmen seines neuen Fünf-Jahres-Plans 2016 bis 2020 ein ganzes Feuerwerk an künstlichen konjunktur- und geldpolitischen Maßnahmen abbrennen, was auch den Anrainerstaaten Chinas zugutekommt.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


China rettet seine Marktwirtschaft mit Planwirtschaft:

In China fallen zurzeit viele Säcke Reis um. Eine gemäß Einkaufsmanagerindex des Finanzdatenanbieters Caixin trübe Industriestimmung unterhalb der Expansion anzeigenden Schwelle von 50 - und das seit fast einem Jahr - unterstreicht die Lethargie der chinesischen Industrie deutlich. Im Übrigen hat der Immobilienmarkt seinen Zenit überschritten. Und das Schicksal des Aktienmarkts erinnert an unseren Neuen Markt. Diese negativen Vermögenseffekte über Immobilien und Aktien bedrohen die Konsum- und Investitionsfreude in China. Dabei soll doch gerade der Konsum den Übergang der chinesischen Volkswirtschaft von ihrer Immobilien- und Investitionsabhängigkeit zu einer nachhaltigen Binnenwirtschaft ebnen. Eine Wiederholung der Asienkrise von 1997/1998 ist dennoch nicht zu erwarten. China wird im Rahmen seines neuen Fünf-Jahres-Plans 2016 bis 2020 ein ganzes Feuerwerk an künstlichen konjunktur- und geldpolitischen Maßnahmen abbrennen, was auch den Anrainerstaaten Chinas zugutekommt. Das hat zwar mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun, doch wird sich sicherlich keine westliche Exportnation über planwirtschaftlich, künstliche Befruchtung beschweren: China darf nicht kippen, denn wenn es kippt, kippt auch die Weltkonjunktur und-finanzwirtschaft, und das endgültig. Ohnehin darf man nicht den Fehler machen und den Aktienmarkt in China als Spiegelbild der Wirtschaft Chinas betrachten. Das geht in den USA und in Deutschland. In China haben wir es aber mit einer Zockerbörse zu tun wie wir das vom Neuen Markt her kennen. Da sind mehr Glücksritter als nachhaltige Investoren vertreten. Die wirtschaftliche Lage in China ist also besser als ihr Ruf, der vom Aktienmarkt ausgeht.

Es geht vor allem um Marktpsychologie. Lange Jahre galt China als Jungbrunnen der Weltwirtschaft. Doch zeigen sich mittlerweile deutliche Risse in der schönen Wirtschaftsfassade. Die Anleger müssen sich an das "new normal" niedrigerer chinesischer Wachstumsraten gewöhnen. Bereits jetzt steht beim chinesischen Wachstum - nach westlichen Maßstäben - schon längst nicht mehr die Sieben, sondern eher die Vier vor dem Komma. Allerdings muss man sich vor Augen führen, dass das nach wie vor weit mehr ist, als die Volkswirtschaften der westlichen Industrienationen vorweisen können. Die westliche Anlegerwelt muss erkennen, dass China kein unbefleckt wachstumsstarkes Schwellenland mehr ist, sondern in der schnöden Realität der Industrieländer angekommen ist. Und ehrlich gesagt hat China seit mindestens Anfang 2014 wirtschaftliche Ladehemmung. Das ist nichts wirklich Neues. Erst die kürzlichen Kurseinbrüche haben unser Augenmerk verstärkt auf diese Probleme gelenkt. Der Übergang der chinesischen Volkswirtschaft von ihrer Immobilien- und Investitionsabhängigkeit zu einer nachhaltigen Binnenwirtschaft via Konsum ist nicht einfach.

In China gilt angesichts der wirtschaftlichen Lethargie der Wahlspruch: Wir haben verstanden.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


In China gilt angesichts der wirtschaftlichen Lethargie der Wahlspruch: Wir haben verstanden. Der neue Fünf-Jahres-Plan der Regierung setzt wie in westlichen Ländern und in Japan auf die Zangenbewegung von staatlichen Konjunkturmaßnahmen und geldpolitischer Alimentierung. Dazu gehört auch die Währungsabschwächung, die ja auch andere Exportnationen betreiben. Für chinesische Aktien verläuft der Jahresauftakt zwar turbulent. Die planwirtschaftliche Stabilisierung des chinesischen Aktienmärkte, zuletzt mit einer Liquiditätsspritze von rund 20 Mrd. US-Dollar der People‘s Bank of China, Stützungskäufen des chinesischen "National Teams" - die kapitalstarken Staatsfonds - ist bislang zwar wenig erfolgreich. Zur Not wird allerdings noch weit stärker interveniert werden. Peking wird Zweifel an seiner Macht, die Märkte zu beruhigen, nicht zulassen. Zur Stabilisierung tragen auch Aktien-Verkaufsverbote für Großinvestoren bei, die nur noch ein Prozent ihrer Unternehmensbeteiligung und nur mit mehrtägiger Vorankündigung verkaufen dürfen. Vor diesem Hintergrund wird sich die Marke von 3.000 Punkten im Shanghai Composite-Aktienindex als robuste Unterstützung erweisen. Damit sind Risiken, dass ein ungebremster Aktiencrash über die damit verbundene Liquiditätspräferenz auch die Kredit- und Immobilienblase platzen lassen könnte, eingedämmt. Ohne fiskal- und geldpolitische künstliche Befruchtung, auch zur Währungsschwächung, läuft nichts mehr.

Der Regierung bleibt zunächst keine andere Möglichkeit, als über eine Konjunkturstabilisierung allmählich wieder Vertrauen in die chinesische Konjunktur und ihren Aktienmarkt aufzubauen. Der Aktienmarkt muss sich erst wieder im Einklang mit verbesserten Fundamentaldaten bewegen. Erst dann können die Stützungsmaßnahmen in langsamen Trippelschritten abgebaut werden. Bis es soweit ist, muss Peking das Leitplankensystem für Chinas Aktienmärkte aufrechterhalten.

Anschließend kommt jedoch China nicht an marktwirtschaftlichen Öffnungen und Kapitalmarktregulierungen vorbei. Planwirtschaft kann längerfristig nicht zu einer nachhaltigen Wirtschaftserholung in China führen. Die massiven Fehlallokationen der 5-Jahres-Pläne gehören zukünftig in den Mülleimer der chinesischen Wirtschaftsgeschichte. Investoren müssen dort investieren dürfen, wo es Rendite gibt, nicht dort, wo der Staat und die KP es wollen.

Insgesamt dürften im Laufe des Jahres 2016 die Aktienmärkte in China und den Schwellenländern insgesamt wieder interessant werden.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


Insgesamt dürften im Laufe des Jahres 2016 die Aktienmärkte in China und den Schwellenländern insgesamt wieder interessant werden.

Rohstoffe auch 2016 ohne wirkliche Erholung:

Die Perspektive, dass der Iran ab 2016 wieder an die Energiemärkte zurückkehrt und Saudi-Arabien die neue Konkurrenz über hohe Förderquoten und politische Unterdrucksetzung fernzuhalten versucht, ist ein grundsätzlicher Belastungsfaktor für den Ölpreis und die sich aktuell verschärfenden geopolitischen Spannungen zwischen beiden Ländern machen eine Übereinkunft innerhalb der OPEC bezüglich Produktionskürzungen noch unwahrscheinlicher. Selbst die typischen preisstützenden Effekte geopolitischer Krisen in Nahost treten angesichts des massiven Überangebots kaum zutage. Unterstützend wirkt allerdings die Einschätzung der OPEC, dass es zu einer Erholung der Nachfrage nach OPEC-Öl bei gleichzeitigem Angebotsrückgang außerhalb der OPEC kommt. So ist in den USA die Zahl aktiver Bohrlöcher seit dem Rekordhoch im Oktober 2014 mittlerweile auf ein 5-Jahrestief gefallen. Hauptsächlich betroffen ist die Produktion von Schieferöl.

Allerdings spricht nichts für eine nachhaltige Trendwende bei Rohöl. Ölkrisen mit massiv steigenden Energiepreisen wird es nicht mehr geben. Denn oberhalb der Marke von 60 US-Dollar pro Barrel Brent-Öl wird es wieder attraktiv, die alternative Fördermethode "Fracking" zu betreiben. Preise jenseits der Marke von 100 US-Dollar pro Barrel werden damit auf absehbare Zeit der Vergangenheit angehören.

Eine nachhaltige Trendwende bei Rohstoffen ist 2016 nicht zu erwarten.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


Da der Ölpreis so etwas wie der Rudelführer unter den Rohstoffpreisen ist, haben auch Industriemetalle nachgegeben. Das ist auch der Grund, warum sich Brasilien tief in der Rezession befindet. Alle Rohstoffländer sehen sich 2015 gegenüber 2012 einem Nachfrageausfall von annähernd zwei Billion US-Dollar ausgesetzt. Dieser Kaufkraftverlust macht natürlich auch vor Exportnationen nicht halt. Insgesamt braucht eine so gehandicapte Weltwirtschaft auch noch weniger Öl und Industriemetalle. Eine nachhaltige Trendwende bei Rohstoffen ist 2016 nicht zu erwarten.

Welcher der wichtigsten Börsen weltweit trauen Sie 2016 die beste Entwicklung zu?


Euro-Aktien.

In puncto Anleihekäufen ist die EZB im Vergleich zu anderen Notenbanken noch ein Waisenkind. Während die Fed bislang ca. 44 Prozent der umlaufenden US-Staatsanleihen aufgekauft hat, liegt die EZB erst bei 15 Prozent. Diesen Rückstand wird sie im Zeitablauf problemlos aufholen, um Deflationsgefahren zu bekämpfen und um konjunkturschädliche Renditeanstiege im Keim zu ersticken. Damit verlaufen die Geldpolitiken von Fed und EZB divergent: Während die US-Notenbank liquiditätspolitisch verharrt und eine wenn auch leichte Leitzinswende vollzieht, weitet die EZB ihre Ausstattung mit Zentralbankgeld weiter deutlich aus und denkt gar nicht an Leitzinserhöhungen. Die Liquiditätshausse geht also vor allem in der Eurozone weiter und spricht für eine Outperformance von Aktien der Eurozone gegenüber Titeln aus den USA. Denn der historische Vergleich zeigt, dass Aktien jener Anlageregion Outperformance zeigen, deren Notenbank am großzügigsten Liquiditätsversorgung betreibt. So zeigten US-Aktien zwischen 2009 und 2014 eine klare relative Stärke gegenüber ihren Konkurrenten aus der Eurozone.

Zudem bekommen Aktien der Eurozone auch immer stärkere fundamentale Unterstützung. So zeigt sich das Gewinnwachstum in Deutschland und Europa im internationalen Vergleich bereits robuster. Grundsätzlich profitieren deutsche und europäische Aktien auch von Nachholeffekten aufgrund der vergangenen Euro-Staatsschuldenkrise profitiert. Hinzu kommt eine, wenn auch künstlich wiederbelebte Weltkonjunktur, niedrige Rohstoffpreisen, die die Gewinnmargen der Unternehmen und die Kaufkraft der Konsumenten erhöhen und die anhaltende Euro-Schwäche.

Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2016?


Neben der weiterhin ultralockeren Geldpolitik dürften die Finanzmärkte immer mehr geopolitisch gestützt und weniger geopolitisch geschwächt werden. Zwar ist der weitere Verlauf im Konflikt zwischen dem Iran und Saudi-Arabien selbst von Experten schwer einschätzbar. In puncto Terror-Bekämpfung dürfte sich jedoch allmählich ein internationaler Schulterschluss abzeichnen, der den Namen Anti-Terror-Koalition verdient. Ein gemeinsamer Feind eint mehr als 1.000 gemeinsame Freunde. Die USA und Russland nähern sich langsam wieder an, um gemeinsam gegen den IS vorzugehen. Die Chancen sind hoch, dass man die Sanktionen gegen Russland fallen lässt und Russland wieder im geopolitischen Sandkasten mitspielen kann. Ein verstärktes Ziehen an einem Strang im "Krieg" gegen den Islamismus ist auch bei europäischen Politikern zu beobachten, die in letzter Zeit nicht durch Corpsgeist oder Solidarität, sondern durch gegenseitiges Hauen und Stechen aufgefallen sind. Setzt sich diese Harmonie jetzt in der Terrorabwehr fort, wäre dies ein großartiges Signal, dass Europa trotz aller Kritik doch noch funktioniert. Nicht zuletzt könnten damit ebenso Lösungen in der Flüchtlingskrise gefunden werden. Immerhin war der Konflikt des Westens gegen Russland ein Handicap für die Märkte. Und die mittelständische deutsche Wirtschaft freut sich besonders, wenn Russland als Wirtschaftsstandort wieder offen ist. Ein Lange Zeit großes Handicap für die Finanzmärkte - die geostrategischen Konflikte - könnten 2016 an Brisanz verlieren.

Insgesamt werden sich die Finanzmärkte trotz Terrorgefahren robust zeigen.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


Insgesamt werden sich die Finanzmärkte trotz Terrorgefahren robust zeigen.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2016?


Es gibt viele Risiken: China, Flüchtlingskrise, geostrategische Konflikte. Für Europa ist das größte Problem die Euro-Sklerose. Die systemischen politischen Zersetzungserscheinungen Europas oder besser ausgedrückt die Euro-Sklerose ist das größte aller Risiken. Sollte Europa weiter nicht harmonische Lösungen, z.B. in der Bewältigung der Flüchtlingsfrage, fähig sein, sondern durch gegenseitiges Hauen und Stechen auffallen oder wenn seine Bürger und vor allem Jugendliche weiter durch reformpolitisch unverantwortliches Nichtstun desillusioniert werden und Europa immer mehr die Schuld daran geben und schließlich sogar der Wunsch nach Renationalisierung immer stärker aufkommt, ist Europa in seiner Existenz gefährdet. Dann kann auch Draghi nicht mehr dagegen halten. In der Eurozone und der EU muss wieder politische und soziale Ruhe einkehren, auch damit die Briten von einem Brexit Abstand nehmen. Denn dieser wäre so etwas wie der erste Dominostein, der bei links- und rechtsradikalen Parteien in anderen EU- und Euro-Ländern unerwünschte Nachahmereffekte auslösen könnte. Vor diesem Hintergrund weiß die EZB, dass sie in der Verantwortung steht, neue Konjunktur-, Banken-, Staatsschulden- oder Finanzkrisen zu verhindern. Denn diese würden die Euro-Sklerose unvermeidlich machen.

Welche Dax-Aktie(n) sollte(n) sich Anleger jetzt ins Depot legen?


Mittlerweile liegt der Umsatzanteil der Dax-Konzerne in Asien bei rund 20 Prozent. Der größte Teil davon entfällt auf China. Sicherlich wird der ein oder andere Konzernchef vorsichtiger nach China blicken, auch weil es über China zu einer etwas schwächeren Weltkonjunktur kommen wird. Reihenweise Umsatz- und Gewinnwarnungen sehe ich aber nicht. Denn schon im letzten Jahr war Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. Die Berichtssaison für das IV. Quartal 2015 mag in puncto Gewinne insgesamt zwar etwas verhaltener ausfallen. Die Ausblicke werden jedoch auch auf die sich bessernde europäische Konjunktur verweisen.

China ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt, der zwar weniger stark wächst, aber nicht einbricht. Zudem erhalten grundsätzlich exportorientierte deutsche Unternehmen fundamentale Unterstützung von niedrigen Rohstoffpreisen, der anhaltenden Euro-Schwäche, die von der EZB mit ihrer auch zukünftig billigen Zins- bzw. freizügigen Geldpolitik weiter forciert wird.

Hinzu kommt, dass Deutschland immer mehr von der Wirtschafts- und Reformschwäche der alten Industrieländer Frankreich und Italien profitiert. Auch wenn der Weltkonjunktur-Kuchen etwas kleiner wird, kann sich Deutschland immer noch die besten Stücke sichern.

Vor diesem Hintergrund ist mir auch vor dem deutschen Aktienmarkt nicht bange. Stabile Umsatz- und Gewinnperspektiven der Dax-Unternehmen, unterstützt von einem sich weiterhin abschwächenden Euro und grundsätzlich niedrigen Rohstoffpreisen führen zu einer relativen Stärke zyklischer Branchen aus den Bereichen Elektro, Maschinenbau, Automobile und Chemie. Zudem werden mit Blick auf die ab April wieder anstehende Dividendensaison Dividendentitel der Substanzbranchen Pharma, Chemie, Telekom, Versicherungen als Ersatzbefriedigung zu Zinsanlagen wieder attraktiv.

Bei welchen sonstigen Produkten sollten Anleger mit Blick auf 2016 zugreifen?


Bleibt die Frage nach dem Umgang mit der grundsätzlich höheren Volatilität an den Aktienmärkten 2016: Hier gibt es zwei Lösungen. Die steigenden Schwankungsbreiten machen finanztechnisch betrachtet zunächst Discount- und Bonusprodukte oder Aktienanleihen attraktiver. Ja, die Volatilität ist sozusagen ihr Lustgewinn. Mit ihnen lassen sich Teilabsicherungen gegen zwischenzeitliche Börsenverluste - einen Bärenmarkt erwarte ich nicht - mit immer günstigeren Rendite-Risiko-Strukturen darstellen.

Die zunehmende Volatilität an den Finanzmärkten schreit daneben förmlich nach Aktienansparplänen.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


Die zunehmende Volatilität an den Finanzmärkten schreit daneben förmlich nach Aktienansparplänen. Und das am besten auf Aktienindices, um das Einzelwertrisiko zu mildern und am besten regelmäßig, um das Risiko größerer einmaliger Anlagen zu umgehen. Denn des Anlegers bester Freund ist der Durchschnittskosteneffekt. Bei monatlichem Ansparen erhält man als Anleger bei steigenden Kursen zwar weniger Aktienanteile, dafür nimmt man jedoch die Kurssteigerungen mit. Und wenn die Kurse zwischenzeitlich fallen, erhält man bei gleichbleibendem Ansparplan mehr Aktienanteile. Bei wieder steigenden Kursen macht sich das kaufmännische Motto "Im Einkauf liegt der Gewinn" positiv bemerkbar. Längerfristig macht sich das in puncto Altersvorsorge sehr positiv bemerkbar.

Vergessen Sie 2016 bitte auch nicht die Dividenden als Ersatzbefriedigung für nicht mehr vorhandene Zinsen. Nicht zuletzt wirken dividendenstarke Titel als Risikopuffer gegen Kursverluste.

Was sind Ihre Toppicks für 2016?


Mittelstands-Aktien.

Anleger schauen allzu oft nur auf den Dax. Der MDAX läuft dem Leitindex schon seit Jahren den Rang ab. Ja, ausgerechnet der MDAX als Sammelbecken besonders konjunkturzyklischer Aktien, also old economy. Das zeigt sehr deutlich, dass die deutsche industrielle Leitkultur für ausländische Investoren sehr lebendig ist. Zahlreiche mittelständige Werte besetzen mit ihren spezialisierten Qualitätsprodukten, Industriepatenten und einer effizienten Kostenstruktur die Position als Weltmarktführer auch in Nischenmärkten. Da sich die ifo Geschäftserwartungen weiter stabil zeigen dürften, bleibt die relative Stärke des MDAX erhalten. Vorteilhaft ist auch die Indexzusammensetzung des MDAX: Problembranchen wie Banken und Versorger sind hier nicht bzw. nur mit geringen Indexgewichtungen vertreten.

Neben der Entwicklung an den Aktienmärkten schauen viele Anleger besonders auf den Goldpreis. Wo dürfte der Preis für die Feinunze Gold Ende 2016 liegen?



1.150 US-Dollar je Unze.

Argumente für Edelmetalle gibt es genug. Weltweit wächst die Staatsverschuldung unaufhaltsam. Hier hat Europa den Boden der Stabilität schon längst verlassen. Zusätzlich stellt die gestiegene Gefahr islamistischen Terrors in Verbindung mit der Flüchtlingskrise den politischen Zusammenhalt Europas und der Eurozone auf eine harte Probe. Der ungelöste geopolitische Ukraine-Russland-Konflikt schwelt zudem weiter, auch wenn er zuletzt aus den Schlagzeilen verschwunden ist.

Grundsätzlich verfügt keine andere Anlageklasse theoretisch über mehr Argumente für steigende Preise als Gold. Doch die Praxis sieht völlig anders aus.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


Grundsätzlich verfügt keine andere Anlageklasse theoretisch über mehr Argumente für steigende Preise als Gold. Doch die Praxis sieht völlig anders aus. Von seinem Hochstand im Jahr 2011 von 1.900 US-Dollar je Unze ist Gold mit aktuell 1.070 unerreichbar entfernt. Und warum? Sind die Anlegerinnen und Anleger etwa auf ihren Edelmetall-Ohren taub?

Nein, da steht jemand mit beiden Füßen auf der Bremse. Nennen wir sie Notenbanken. Sie sind nicht nur perfekte Zinsdrücker, sie sind auch perfekt in der Disziplin "Goldpreisdrückung". Das machen sie allerdings nicht selbst. Das überlassen sie "befreundeten" Geschäftsbanken, die allerdings mit viel Zentralbankgeld den Goldpreis über die Terminmärkte im Trend seit Ende 2011 in Moll-Stimmung versetzen.

Dennoch bleibt die physische Nachfra versetzen.

Dennoch bleibt die physische Nachfrage hoch. Neben den Schwellenländern kaufen ausgerechnet die Notenbanken zu den von ihnen selbst subventionierten Preisen. Liegt es etwa daran, dass sie einen noch tieferen Einblick in die real existierenden Probleme unserer Finanzwelt haben? Sie werden wissen, warum sie kaufen! Gold wird zwar keine massive Kursbefestigung wie zwischen 2008 bis 2012 erleben. Doch sollte die mangelnde Dynamik des Goldpreises nicht stören. Physisches Gold war, ist und bleibt eine grundsätzlich solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken. Denn für das süße Gift der reformverweigernden Schuldenfrönerei mit geldpolitischem Segen und das politische Hauen und Stechen in Europa werden wir irgendwann die Rechnung zahlen müssen.

Überhaupt, noch nie wurden die großen Staatsschulden der Vergangenheit zurückgezahlt. Staatspapiere waren am Ende immer wieder tatsächlich nur Papier. Diese Regel wird auch in unserer heutigen Finanzwelt nicht gebrochen. Gold dagegen hat alle Krisen überlebt und seinen Wert erhalten: Im alten Rom bekam man für eine Goldunze eine ordentliche Toga und heute einen guten Maßanzug. Gold ist unschätzbar in puncto Werterhaltungsfunktion.

Wenn wir in der Eurozone so weiter machen, werden wir noch dankbar sein, neben Aktien und Immobilien auch das Sachkapital Gold zu besitzen. Gold ist eine harte Währung, eine Versicherung, die nicht ausfällt, schon gar nicht im systemischen Schadensfall. Das halbe Schwein beim Metzger, den Sack Äpfel oder Birnen beim Obstbauern oder 100 Eier beim Hühnerhof wird man gegen Gold dann immer noch bekommen. Mit klassischem Geld werden Sie dann nach Hause geschickt. Immerhin hat Geld dann aber immer noch einen Wert: Brennwert.

Wenn sich im Mainstream alle so sicher sind, dass Gold bald weniger als 1.000 US-Dollar je Unze kosten wird, haben wir es mit einem klassischen Kontraindikator zu tun. Und umgekehrt: War es 2011 nicht eine quasi todsichere Wette, dass der Goldpreis mühelos 2.000 US-Dollar überspringt und danach noch weiter steigt? Das Gegenteil ist jeweils passiert.

Wir Otto-Normal-Anleger sollten es den Notenbanken gleichtun und uns an den günstigen Goldpreisen laben. Angesichts der Instabilität der Finanzwelt werden die goldenen Zeiten der Goldbesitzer noch kommen.

Welchen Kurs des Euro in US-Dollar erwarten Sie Ende 2016?


1,03.

Neben der primären Preisstabilität und sekundären Konjunkturstabilisierung hat die EZB noch ein drittes, wenn auch inoffizielles Ziel, nämlich die Abwertung der Gemeinschaftswährung zur exportseitigen Wettbewerbsverbesserung der Eurozone. Sicherlich spielt die Leitzinswende in den USA, von der die Eurozone sehr weit entfernt ist, der EZB in die Hände. Zur Effektverstärkung der Währungsabwertung zielt das verlängerte Anleiheaufkaufprogramm der EZB darauf ab, die Attraktivität von Staatsanleihen der Eurozone gegenüber konkurrierenden Papieren anderer Anlageregionen wie den USA noch weiter zu verringern. Denn ein wesentliches Argument für Wechselkursbewegungen sind Renditeunterschiede. Bereits aktuell bieten 10-jährige US-Staatsanleihen ca. 1,7 Prozentpunkte mehr Rendite als deutsche. Setzt die EZB über verstärkte renditedrückende Anleihekäufe den Renditenachteil der Eurozone noch weiter fort, ist eine weitere Abwertung der Gemeinschaftswährung in Richtung Parität zum US-Dollar, auf etwa 1,03 bis Jahresende, vorgezeichnet.

Auf Seite 4: Philipp Vorndran





Philipp Vorndran, Kapitalmarktexperte bei Flossbach von Storch



Das Börsenjahr 2015 hat Investoren neue Rekordstände im Dax, Dow und Co. beschert. Wo erwarten Sie den Dax bzw. den Dow Jones Industrial Ende 2016?


Leider haben wir keine Kristallkugel. Von daher halten wir uns bei Punktprognosen besser zurück. Es spricht aber Vieles dafür, dass 2016 ähnlich turbulent werden wird wie sein Vorgänger. Anleger sollten in diesem Umfeld opportunistisch vorgehen: geduldig sein und auf Gelegenheiten warten - sie werden kommen.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2016 aus heutiger Sicht bestimmen?


China wird sicherlich weiter Thema sein, die Eurokrise ebenfalls, auch wenn es zuletzt etwas ruhiger um Griechenland und die anderen hochverschuldeten Mitgliedsstaaten geworden ist - die Probleme der Währungsgemeinschaft sind nicht verschwunden, angesichts anderer Themen nur in den Hintergrund geraten. Über allem steht aber die Geldpolitik der großen Notenbanken; das globale Zinsniveau dürfte noch für lange Zeit niedrig bleiben und die globalen Kapitalmärkte bestimmen. Das gilt auch für die US-Notenbank. Mich würde nicht wundern, wenn wir angesichts der trüben Konjunkturaussichten weltweit schon bald darüber diskutieren, ob die Fed ihren Zins nicht zu früh angehoben hat und letztlich zurückrudern muss.

Welcher der wichtigsten Börsen weltweit trauen Sie 2016 die beste Entwicklung zu?


Wir richten unsere Anlagestrategie nicht nach Ländern oder Regionen aus, sondern wählen gezielt die Unternehmen aus, die am besten in das Raster unseres Selektionsprozesses passen. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Grundsätzlich ist das von ganz vielen Faktoren abhängig sein, die sich nur sehr schwer abschätzen lassen. Im vergangenen Jahr waren es die europäischen Indizes, die, angetrieben vom schwachen Euro, am besten abgeschnitten haben. Dieser Rückenwind dürfte sich in 2016 jedoch abschwächen, zumal der chinesische Renminbi unerwartet Schwäche zeigt. Für Unternehmen, die einen hohen Anteil ihrer Umsätze in China erzielen, bedeutet das unter Umständen erhebliche Gewinneinbußen. Deutsche Konzerne könnten 2016 besonders unter der Währungsentwicklung leiden, da der Schub, den der schwache Euro ihnen in 2015 verliehen hat, nachgelassen hat und gleichzeitig das Chinageschäft unter den Problemen in Fernost leidet. Andersherum sieht es für US-amerikanische und Schweizer Unternehmen wieder besser aus, da Euro und Yen sich zuletzt stabilisiert und den Wettbewerbsvorteil der europäischen und japanischen Konzerne relativiert hat.

Der größte Treiber ist und bleibt die Geldpolitik der Notenbanken.
Philipp Vorndran, Kapitalmarktexperte bei Flossbach von Storch.


Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2016?


Der größte Treiber ist und bleibt die Geldpolitik der Notenbanken.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2016?


Die größte Gefahr für die Weltwirtschaft und damit die Aktienmärkte wäre zunehmender Protektionismus. Ein weiteres Risiko, das bislang noch nicht auf der Agenda der Investoren zu stehen scheint, ist der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU, ein sogenannter "Brexit".

Welche Dax-Aktie(n) sollte(n) sich Anleger jetzt ins Depot legen?


Die Deutschen schauen zuallererst auf ihren Dax - leider. Im Sinne einer ausgewogenen Anlagestrategie wäre es besser, sie würden global denken; zumal die nachlassende Wachstumsdynamik in China vor allem die deutschen Exporteure treffen dürfte.

Bei welchen sonstigen Produkten sollten Anleger mit Blick auf 2016 zugreifen?


Wie immer gilt: breit diversifizieren. Das Fundament aus erstklassigen Aktien, dazu Anleihen, deren Qualität besser ist, als es das offizielle Rating aussagt. Gold ist eine Versicherung gegen die uns bekannten und unbekannten Risiken des Finanzsystems und sollte deshalb Bestandteil eines jeden breit aufgestellten Depots sein. Dazu eine angemessene Liquiditätsreserve, um Anlagegelegenheiten wahrnehmen zu können.

Was sind Ihre Toppicks für 2016?


Erstklassige Aktien zu fairen Preisen.

Neben der Entwicklung an den Aktienmärkten schauen viele Anleger besonders auf den Goldpreis. Wo dürfte der Preis für die Feinunze Gold Ende 2016 liegen?


Die Chance, dass der Goldpreis am Jahresende höher steht als heute ist größer als umgekehrt. Seine globale Bedeutung als Währung der letzten Instanz wächst. EZB und Bank of Japan erhöhen mit ihrer unverändert expansiven Geldpolitik die Risiken für das gesamte Finanzsystem, da sie die Schuldner - Staaten, Unternehmen und Private - immer abhängiger vom billigen Geld macht. Der Weg zurück scheint verbaut. Niemand kann sich mehr vorstellen, wie die aufgeblähte Geldbasis der Zentralbanken, die sich allein seit Beginn der Finanzkrise mehr als verdoppelt hat, ohne extreme Entzugserscheinungen wieder geschrumpft werden kann. Dagegen wächst die insgesamt geförderte Goldmenge seit der Freigabe des Goldpreises im Jahr 1973 nur um rund 1,5 Prozent p.a. Gold bleibt unseres Erachtens deshalb eine sinnvolle und nahezu kostenfreie Versicherung gegen Krisen des Finanzsystems und die Inflationierung des beliebig vermehrbaren "Schuldgelds".

Welchen Kurs des Euro in US-Dollar erwarten Sie Ende 2016?


Grundsätzlich könnten alle großen Volkswirtschaften mit einem Dollarkurs zwischen 1,05 und 1,15 leben; sollte der Dollar tatsächlich über Parität steigen, bekämen die US-Unternehmen und damit die US-Wirtschaft mittelfristig ein Wettbewerbsproblem. Weitere Zinserhöhungen der Fed dürften damit relativ schnell obsolet werden. Derzeit wird die Reflexivität eines zu hohen US-Dollar auf die US-Volkswirtschaft meiner Meinung nach von vielen Investoren unterschätzt. Angesichts der aktuellen Positionen am Markt und der sich verändernden Wachstumsdynamik in den USA und der Eurozone, würde es uns nicht überraschen, wenn der Euro das obere Band der 1,05 / 1,15-Zone im ersten Halbjahr erreichen könnte. Das würde die EZB dann allerdings wieder auf den Plan rufen.

Auf Seite 5: Ralf Zimmermann





Ralf Zimmermann, Aktienexperte beim Bankhaus Lampe

Das Börsenjahr 2015 hat Investoren neue Rekordstände im Dax, Dow und Co. beschert. Wo erwarten Sie den Dax bzw. den Dow Jones Industrial Ende 2016?


DAX: 11.200 Punkte bei hohen Schwankungen (nach unten: 8500, obere Grenze: 12.400 Punkte, die aber nur im Fall eines massiven Politikstimulus zu erreichen sein werden); S&P 500: 2.070 Punkte.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2016 aus heutiger Sicht bestimmen?


Globale Konjunkturschwäche (keine Beschleunigung des globalen Wachstums wie es vom Konsensus bislang erwartet wird), weitere Abkühlung in China, daraus resultierend: Gewinnenttäuschungen gemessen den optimistischen Gewinnschätzungen des Analystenkonsensus, Versuch der US-Notenbank, Zinsen zu erhöhen ändert die Interpretation von US-Makrodaten: "gute" Daten sind nicht mehr so gut wie früher (weil weitere Zinserhöhung droht) und "schlechte" Daten sind nun negativ für Markt, weil Anleger nicht mehr auf QE 4 hoffen können (zumindest nicht sofort).

Welcher der wichtigsten Börsen weltweit trauen Sie 2016 die beste Entwicklung zu?


Ausgehend von aktuellen Kursen nun wieder höheres Potenzial für Deutschland/Europa gegenüber USA bis Jahresende. Allerdings wird 2016 von heftiger Achterbahnfahrt geprägt sein (siehe Schwankungsbreite bei #1). Das zentrale Muster wird dabei sein: In Abwärtsphasen verliert Deutschland / Euroland stärker als US-Markt, in Erholungsphasen steigt D/Euroland stärker USA (steigt stärker).

Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2016?


(Geld-)Politische Maßnahmen: starke Ausweitung von EZB-Kaufprogramm, ggfs. Konjunkturstützung in China.

Im Falle schwacher US-Makrodaten gibt es zunächst einmal keine Hoffnung auf neues US-Kaufprogramm (QE 4) - was in der Vergangenheit Aktienkurse getrieben hat.
Ralf Zimmermann, Aktienexperte beim Bankhaus Lampe.


Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2016?


Globale Konjunkturrisiken, Diskussionen um globale Rezession bzw. Diskussionen um harte Landung der chinesischen Wirtschaft; keine Konjunkturabkoppelung von Euroland. "Kollateralschaden" der Fed-Wende: Im Falle schwacher US-Makrodaten gibt es zunächst einmal keine Hoffnung auf neues US-Kaufprogramm (QE 4) - was in der Vergangenheit Aktienkurse getrieben hat. Korrektur am hoch bewerteten US-Aktienmarkt, der sich Dax als Markt mit hohem Beta nicht entziehen kann. Geopolitische Risiken: z.B. Konflikt USA-China (südchinesisches Meer); Naher Osten.

Welche Dax-Aktie(n) sollte(n) sich Anleger jetzt ins Depot legen?


Deutsche Börse, Henkel, Vonovia.

Bei welchen sonstigen Produkten sollten Anleger mit Blick auf 2016 zugreifen?


Sektoral bieten Real Estate und Gesundheit/Healthcare ein attraktives Chance-Risiko Profil (ETF auf Stoxx-Branchenindizes), taktisch bis zur Dividendensaison: dividendenstarke Versicherungen.

Was sind Ihre Toppicks für 2016?


Neben den erwähnten Dax-Aktien: LEG Immobilien, Deutsche Euroshop, Rhön-Klinikum, Talanx, Generali.

Neben der Entwicklung an den Aktienmärkten schauen viele Anleger besonders auf den Goldpreis. Wo dürfte der Preis für die Feinunze Gold Ende 2016 liegen?


Keine Prognose.

Welchen Kurs des Euro in US-Dollar erwarten Sie Ende 2016?


1,12 USD/Euro

Auf Seite 6: Matthias Thiel





Matthias Thiel, Kapitalmarktstratege bei MM Warburg

Das Börsenjahr 2015 hat Investoren neue Rekordstände im Dax, Dow und Co. beschert. Wo erwarten Sie den Dax bzw. den Dow Jones Industrial Ende 2016?


DAX: 12.000 Punkte. Dow Jones: 18.285.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2016 aus heutiger Sicht bestimmen?


Zunehmende Polarisierung in der EU, die zu einer höheren Risikoprämie und im schlimmsten Fall erneut zu Zweifeln an der Tragfähigkeit des Euro führen könnte. Wirtschaftliche Probleme in den Schwellenländern, die nur teilweise zyklischer Natur sind. Diese Diskussion dürfte insbesondere an Relevanz gewinnen, wenn es zu Bankenkrisen/Währungskrisen kommt. Geopolitische Risiken, v.a. im Nahen Osten. Die Gewinnentwicklung der Unternehmen, und hier insbesondere die Frage, ob in einem Umfeld mit geringer Preissetzungsmacht die Gewinne weiter ansteigen können.

Welcher der wichtigsten Börsen weltweit trauen Sie 2016 die beste Entwicklung zu?


Den Börsen in Europa.

Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2016?


Der größte Treiber ist unseres Erachtens, dass sich die Konjunktursorgen für die Weltwirtschaft als übertrieben herausstellen sollten. Das Weltwirtschaftswachstum wird zwar im historischen Vergleich schwach ausfallen, sollte aber gegenüber dem letzten Jahr immerhin marginal stärker ausfallen.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2016?


Siehe 2.)

Welche Dax-Aktie(n) sollte(n) sich Anleger jetzt ins Depot legen?


Daimler, Merck und Beiersdorf.

Wir bleiben wie 2015 dabei, einen erhöhten Anteil an Total Return Produkten ins Portfolio beizumischen. Dies setzt jedoch einen sehr sorgfältigen Selektionsprozess voraus.
Matthias Thiel, Kapitalmarktstratege bei MM Warburg.


Bei welchen sonstigen Produkten sollten Anleger mit Blick auf 2016 zugreifen?


Wir bleiben wie 2015 dabei, einen erhöhten Anteil an Total Return Produkten ins Portfolio beizumischen. Dies setzt jedoch einen sehr sorgfältigen Selektionsprozess voraus. Darüber hinaus rechnen wir 2016 insgesamt mit einer sehr hohen Volatilität am Aktienmarkt. Dies können sich Anleger zunutze machen und an schwachen Tagen Discounter ins Portfolio aufnehmen.

Was sind Ihre Toppicks für 2016?


-

Neben der Entwicklung an den Aktienmärkten schauen viele Anleger besonders auf den Goldpreis. Wo dürfte der Preis für die Feinunze Gold Ende 2016 liegen?


950 US-Dollar je Feinunze.

Welchen Kurs des Euro in US-Dollar erwart