Der zuständige Ausschuss der EMA empfahl eine bedingte Zulassung des Impfstoffs für Personen ab 18 Jahren. Die finale Entscheidung liegt noch bei der Europäischen Kommission, deren Zustimmung aber als sicher gilt. Es wäre damit der dritte in der EU zugelassene Covid-19-Impfstoff nach den Mitteln von Biontech/Pfizer und Moderna. "Keiner von ihnen ist perfekt", sagte EMA-Chefin Emer Cooke. "Keiner von ihnen ist ein Zauberstab für sich, aber zusammen bieten sie Werkzeuge und Optionen."

Über den Impfstoff von AstraZeneca schwelt seit Tagen ein Lieferstreit zwischen der EU und dem Pharmakonzern. AstraZeneca hatte einräumen müssen, wegen Produktionsengpässen in einem Werk in Belgien die zugesagte Liefermenge bis Ende März nicht einhalten zu können. Die EU pocht aber auf mehr Lieferungen. Die EU-Kommission veröffentlichte am Freitag den Vertrag, mit dem man sich im August bis zu 400 Millionen Dosen gesichert hatte. Er sieht eine mögliche Produktion von Impfstoff für die EU auch in Großbritannien vor. AstraZeneca verweist jedoch darauf, durch einen Vertrag mit der britischen Regierung dazu verpflichtet zu sein, Impfstoff aus britischen Werken erst dann ins Ausland - einschließlich der EU - zu exportieren, wenn die britischen Aufträge vollständig abgearbeitet sind.

Strittig war zuletzt auch der Einsatz des Mittels bei älteren Menschen wegen unzureichender Datenlage bei dieser Altersgruppe. Eine Altersobergrenze nannte die EMA nicht. Die Behörde wies aber darauf hin, dass es noch nicht genügend Daten über die Wirksamkeit des Vakzins bei älteren Menschen über 55 Jahren gebe, um zu beurteilen, wie effektiv es bei diesen sei. Man gehe aber davon aus, dass der Impfstoff ältere Menschen schütze, da bei diesen eine Immunantwort beobachtet worden sei. Er könne bei dieser Altersgruppe verwendet werden.

Während in Großbritannien - wo der Impfstoff Ende Dezember eine Notfallgenehmigung erhielt - ältere Menschen mit dem Mittel geimpft werden, empfiehlt die deutsche Ständige Impfkommission (Stiko) laut einem Entwurf das Vakzin nur für unter 65-Jährige. "Zur Beurteilung der Impfeffektivität ab 65 Jahren liegen aktuell keine ausreichenden Daten vor", hieß es in dem am Donnerstag vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Entwurf der Stiko. Eine Entscheidung werde die Stiko aber erst auf Basis der EMA-Empfehlung fällen, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Freitag.

EMA NENNT WIRKSAMKEIT VON RUND 60 PROZENT


AstraZeneca hatte am Montag Berichte über eine geringere Wirksamkeit seines Impfstoffs bei älteren Menschen zurückgewiesen. Die Hauptstudie von AstraZeneca in Großbritannien begann mit Tests an Erwachsenen, die nicht älter als 55 Jahre waren, und konzentrierte sich zunächst auf medizinische und soziale Fachkräfte. Ältere Probanden wurden erst später in die Studie aufgenommen, so dass Daten zu Infektionen bei diesen erst später erfasst werden konnten. AstraZeneca und die Universität Oxford hatten aber diese Woche betont, dass eine Blutanalyse älterer Studienteilnehmer gezeigt habe, dass der Impfstoff eine starke Immunantwort hervorrufe.

Anders als die bereits in der EU zugelassenen Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna - die auf der sogenannten Boten-RNA (mRNA) und damit einer völlig neuen Technologie basieren - beruht der von AstraZeneca auf einer herkömmlichen Wirkungsweise. Das Mittel ist ein sogenannter Vektorimpfstoff, der auf Adenoviren von Affen basiert. Es bietet den Vorteil, dass es zu Kühlschranktemperaturen aufbewahrt werden und damit leichter gelagert und ausgeliefert werden kann. Der Biontech-Impfstoff benötigt dagegen eine Lagerung von minus 70 Grad und ist bei Kühlschranktemperaturen nur fünf Tage lang haltbar.

Zur Wirksamkeit hat AstraZeneca bislang erst Ergebnisse der Phase-3-Studien im Vereinigten Königreich und Brasilien veröffentlicht. Eine große Studie in den USA läuft noch. Danach zeigte der Impfstoff eine durchschnittliche Wirksamkeit von gut 70 Prozent, die sich durch unterschiedliche Dosierungsschemata ergab. Nach zwei vollen Dosen lag die Wirksamkeit nach Angaben von AstraZeneca bei gut 62 Prozent. Die EMA traf ihre Empfehlung auf Basis von Studiendaten aus dem Vereinigten Königreich, Brasilien und Südafrika mit insgesamt rund 24.000 Menschen, von denen die meisten zwischen 18 und 55 Jahren alt waren. Demnach zeigte sich eine Wirksamkeit von rund 60 Prozent nach zwei Dosen. Das Biontech-Vakzin hat Studien zufolge eine Wirksamkeit von 95 Prozent, das von Moderna gut 94 Prozent.

rtr