BÖRSE ONLINE: Herr Knobel, Procter&Gamble (P&G) kontrolliert in Amerika im Waschmittel-Premiumsegment 40 Prozent des Marktes. Zählt man das preisgünstige Segment dazu, in dem Henkel mit Purex präsent ist, kommt P&G sogar auf 60 Prozent. Bisher fehlt im US-Markt eine starke Nummer 2 und 3. Traut sich Henkel diese Position zu?
Carsten Knobel: Ja, das ist unser Anspruch. Um in einem Land im Konsumentengeschäft gut aufgestellt zu sein, streben wir mittelfristig immer eine Top-3-Position an.
Wird Henkel deshalb jetzt auch mehr als die bisherigen drei Prozent vom Umsatz in die Produktentwicklung investieren?
Nein. Wir fühlen uns mit dieser F & E-Quote und Innovationsraten von über 45 Prozent im Konsumentenbereich und 30 Prozent bei Klebstoffen gut aufgestellt. Innovation ist nicht nur Forschung und Entwicklung, es geht auch um Investitionen in unsere Marken. So wollen wir ein nachhaltig profitables Wachstum, also einen ausreichend hohen organischen Zuwachs erreichen, um damit Marktanteile zu erhöhen und die Profitabilität zu verbessern. Dabei hilft uns, dass wir unser Portfolio von ursprünglich mehr als 1000 Marken auf weniger als 300 reduziert haben.
Auf Seite 2: Wann ist eine Trendwende in China zu erwarten?
In China, Henkels drittgrößtem Markt, lässt das Wachstum nach, sodass auch die Gesamtprognose reduziert wurde. Wann ist eine Trendwende zu erwarten?
Das können wir nicht genau absehen. Gebremst wird unser Geschäft mit Industrieklebstoffen durch ein geringeres Wachstum der Produktion bei unseren Kunden in China. Dadurch sinkt die Nachfrage unserer Distributoren, die ihre Lagerbestände zurückfahren. Wir gehen nicht davon aus, dass sich der Stau nach einem oder zwei Quartalen auflösen wird. Die Entwicklung im Klebstoffbereich liegt wegen der konjunkturellen Rahmenbedingungen bisher unter unseren Erwartungen. Daher haben wir auch unsere Umsatzprognose auf Konzernebene leicht korrigiert. Zudem haben wir uns für eine Beschleunigung geplanter Strukturanpassungen im Klebstoffbereich entschieden.
Über den Abbau von 1200 Arbeitsplätzen, überwiegend in Asien und China?
Wir haben angekündigt, dass wir bis zu 1200 Stellen abbauen wollen, aber nicht nur in China oder Asien, sondern weltweit. Der Stellenabbau, der bis Mitte 2016 dauern wird, erfolgt über die komplette Wertschöpfung bei Klebstoffen. Im dritten Quartal hat sich das schon positiv bemerkbar gemacht.
Während Henkel seine mittelfristige Prognose für 2013 bis 2016 beim Gewinnwachstum voraussichtlich erreichen wird, könnte es bei den beiden Umsatzzielen, 20 Milliarden Euro insgesamt, zehn Milliarden davon in Schwellenländern, eng werden. Müssen Sie deshalb jetzt Prioritäten setzen?
Oberste Priorität hat für uns der bereinigte Gewinn pro Aktie. Mit diesem Ziel für den Vierjahreszyklus bis 2016 wollen wir klar machen, dass wir uns bei der Wertsteigerung für unsere Aktionäre flexibel aufgestellt haben. Bei starkem Wachstum und hoher Marge bedeutet mehr Umsatz auch mehr Ergebnis. Um den gleichen Effekt beim Ergebnis mit einem geringeren Umsatzwachstum zu erreichen, müssen wir die Profitabilität stärker steigern. In der Umsatzentwicklung hat uns das schwierige wirtschaftliche Umfeld auch in Zusammenhang mit den vielen geopolitischen Krisen gebremst. Deshalb haben wir uns in unserem Zielkorridor von drei bis fünf Prozent organischem Umsatzwachstum während der vergangenen drei Jahre unterhalb von vier Prozent bewegt.
Auf Seite 3: Ziele in den Emerging Markets
Und Ihre Ziele in den Emerging Markets?
Die zehn Milliarden Euro in Schwellenländern sind, auch mit Blick auf die Abwertung der Währungen in diesen Ländern, sicherlich sehr ambitioniert. Wichtiger ist uns aber die organische Umsatzentwicklung in den Wachstumsregionen, also ohne die Berücksichtigung der Währungseffekte. So gesehen hatten wir dort 2013 und 2014 jeweils etwa acht Prozent organisches Wachstum. In diesem Jahr liegen wir nach neun Monaten bei 6,4 Prozent. Ohne die Währungseffekte, auf die wir keinen Einfluss haben, schaffen wir in den Schwellenländern überdurchschnittliches Wachstum, wie wir es in der Strategie festgelegt haben. Wir sind mit der Entwicklung in diesen Regionen sehr zufrieden, unabhängig davon, dass wir uns die Marke von zehn Milliarden Euro Umsatz gesetzt haben.
Wird Henkel seine Kriterien für Zukäufe deshalb abschwächen, um seine ausgegebenen Ziele für 2016 noch zu erreichen?
Auf keinen Fall. Wir wissen, dass die Ziele herausfordernd sind, aber wir werden keine Kompromisse machen. Erste Priorität hat das Ziel, den Gewinn pro Aktie bis 2016 durchschnittlich um mindestens zehn Prozent pro Jahr zu steigern. Wir sind gut unterwegs.
Sind Klebstoffe für Henkel, trotz 50 Prozent Umsatzanteil und Weltmarktführerschaft, auch ein Bereich für größere Zukäufe?
Wir sehen alle drei Bereiche im Fokus für Akquisitionen in allen Größenordnungen. Es gibt keine Ziele in Bezug auf die Verteilung des Umsatzes auf die drei Konzernbereiche. Unterschiede sehen wir bei der Art der Zukäufe: Bei Klebstoffen wollen wir zusätzliche Technologiekompetenzen erwerben, in den Konsumsparten wollen wir in Kategorien in bestimmten Ländern größer oder stärker werden. Um profitabel zu bleiben, muss Henkel in einer Kategorie innerhalb eines Landes mittelfristig zu den Top 3 gehören.
Auf Seite 4: Entwicklung der Dividende
Nach der zuletzt positiven Entwicklung erwarten Analysten eine um etwa zehn Prozent höhere Dividende. Stimmt diese Tendenz?
Während der vergangenen beiden Jahre haben wir innerhalb unseres Korridors von 25 Prozent bis 35 Prozent des bereinigten Überschusses jeweils 30 Prozent ausgeschüttet. Uns ist wichtig, dass Aktionäre nicht nur über die Kursentwicklung, sondern auch über die Dividende beteiligt werden. Wir haben das Geschäft während der ersten neun Monate mit 11,9 Prozent mehr Gewinn pro Aktie sehr erfolgreich weiterentwickelt.
Deshalb wird jetzt auch die 1,3-Milliarden-Euro-Hybridanleihe frühzeitig zurückgezahlt. Wie beeinflusst das Zukäufe?
Nicht im Geringsten. Wenn es erforderlich ist, könnten wir jederzeit eine neue Hybridanleihe auflegen.