Damit reihen sich die Tübinger nahtlos in die Bewertung anderer Hoffnungsträger wie Biontech oder Moderna ein, die 13,3 beziehungsweise sogar 22,5 Milliarden Euro auf die Börsenwaage bringen. Bei aller Begeisterung wird schnell vergessen, dass es vollkommen unklar ist, ob eine der Firmen überhaupt eine Zulassung erhalten wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Produkte in den Testverfahren scheitern werden, ist statistisch betrachtet höher, als das im Börsenkurs zum Ausdruck kommt. Anleger, die mit weniger Euphorie, aber trotzdem mit einigem Potenzial in dieses Thema investieren wollen, schauen deshalb mal in die Peripherie: etwa auf die Vorzugsaktie von Biotest (ISIN: DE 000 522 723 5).
Das Unternehmen stellt Immunglobuline, Gerinnungsfaktoren und Albumine her, die bei Erkrankungen des Immunsystems oder der blutbildenden Systeme zum Einsatz kommen. Die Hessen bauen ihr Geschäft um, was Kosten verursacht. Im laufenden Geschäft werden aber sehr hohe Margen verdient. Der Aktienkurs bildet dieses Ertragslevel nur bedingt ab. Die Chancen aus den Covid-19-Initiativen gibt es deshalb als Dreingabe. Biotest hat mit Trimodulin einen Wirkstoff gegen schwere Lungenentzündung in Phase III der klinischen Tests. Das Krankheitsbild ähnelt schweren Covid-19-Infektionen. Covid-19- Patienten sollen deshalb in die nächste Phase-III-Studie einbezogen werden. Zudem soll eine eigene Phase-II-Studie aufgesetzt werden. Hier könnte der Zulassungsprozess beschleunigt werden. Letztlich entwickelt Biotest ein Medikament gegen Covid-19, basierend auf Plasma von Spendern mit Antikörpern. Auch wenn Börsianer noch wegschauen, dürfte klar sein, dass Fortschritte bei den Initiativen nicht spurlos am Kurs vorübergehen werden.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.