Gleichzeitig werden Verträge seltener gekündigt. Die Aussicht auf nachhaltig niedrige Zinsen sorgt zudem dafür, dass die Verschuldung zu einem vernachlässigbaren Problem wird, die großen Konzerne refinanzieren sich fast zum Nulltarif. Trotzdem schneiden die Aktien nicht gut ab. Der europäische Branchenindex büßte im Jahresverlauf fast ein Fünftel ein. Dass die Befürchtungen der Börsianer übertrieben sein könnten, zeigt das Interesse der Beteiligungsfirma EQT an einer Übernahme des niederländischen Platzhirschs KPN. Klar ist dabei: Wenn hinter den Kulissen verhandelt wird, dürfte EQT ein ordentliches Aufgeld gegenüber dem aktuellen Kurs von 2,40 Euro bieten. Werden vergleichbare Übernahmen als Maßstab genommen, müssten die Schweden ein gutes Drittel mehr zahlen.
Auch anderswo ist der Unterschied zwischen einem möglichen Deal-Wert und dem Börsenkurs hoch. Etwa bei Telecom Italia. Die Aktie notiert trotz messbarer Fortschritte bei der Restrukturierung auf historischen Tiefstkursen. Dass hier etwas zu holen sein könnte, zeigt etwa das Engagement des US-Hedgefonds Elliott, der rund sieben Prozent der Anteile hält. Größter Aktionär ist im Übrigen der französische Medienkonzern Vivendi, bei dem der früher als Corporate Raider bezeichnete Vincent Bolloré das Zepter schwingt. Bei einer Zerschlagung dürfte der Konzern sicherlich das Doppelte wert sein. Hoch ist nach Auskunft britischer Banker auch der Discount bei BT Group. Werden die Cashflows mit den aktuellen Kapitalzinsen diskontiert, müsste die Aktie 200 Pence wert sein. Aktuell notiert sie bei der Hälfte. Offensichtlich sieht auch das Management die Gefahr, übernommen zu werden. Die US-Investmentbank Goldman Sachs wurde daher beauftragt, die Strategie zur Verhinderung einer feindlichen Übernahme zu überarbeiten.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.