Das hat viel mit US-Präsident Donald Trump zu tun, der in seinen unzähligen Twitter-Kurznachrichten und Reden nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass für ihn "America First" gilt - und nicht die oft mühsame internationale Zusammenarbeit.

Dass ohne Unterstützung der stärksten Wirtschaftsmacht auch ein Forum wie die G20 nicht erfolgreich sein kann, hat Trump bereits beim Hamburger Gipfel vor gut einem Jahr klar gemacht. Nach langen Streitigkeiten über Prinzipien des internationalen Handels, über Zölle und die weltweite Verantwortung für den Klimaschutz gab es erstmals ein G20-Abschlusskommunique, das nicht im Konsens verabschiedet wurde, sondern einen Dissens offen wiedergab - nämlich in Sachen Klimapolitik. "Wo es keinen Konsens gibt, muss der Dissens festgehalten haben", hatte Merkel damals gesagt. In Buenos Aires geht es offenbar auf diesem Weg in den Abgrund für das einstmals so mächtige G20-Forum weiter.

DIE G20-ZÄSUR ZWEITER TEIL DROHT

Ein Jahr später und inmitten einer von Trump ausgelösten beispiellosen Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen, begleitet von massiven Vorwürfen gegen die US-Handelspartner, droht neues Ungemach. Womöglich wird es in Argentinien gar keine gemeinsame Abschlusserklärung mehr geben, heißt es in Kreisen der Chef-Gipfelvorbereiter. Wo die Gemeinsamkeiten schwinden, macht auch ein Dokument, dass Gemeinsamkeiten beschwört, kaum mehr Sinn. Einige hoffen allerdings noch, dass das vermieden werden kann.

Der diesjährige Gipfel-Gastgeber Argentinien formuliert auf seiner Webseite immer noch unverdrossen: "Am 30. November und 1. Dezember werden sich die Welt-Staatenführer in Buenos Aires treffen, um die G20-Arbeit im Jahre 2018 zusammenzufassen und eine Erklärung herausgeben, die den Fokus auf eine faire und nachhaltige Entwicklung setzt." Doch am Ende könnte es auch bei einer dürren Erklärung der argentinischen Präsidentschaft bleiben, die nicht gemeinsame Positionen der G20 zu den Herausforderungen für die Weltwirtschaft wiedergibt, sondern eher den Charakter eines Ergebnisprotokolls des Vorsitzes hat.

Dies würde zwar noch nicht das Ende der G20 bedeuten - zu wichtig ist wohl allen Beteiligten, dass man wenigstens im Gespräch bleibt -, aber einen neuen Tiefpunkt. Denn das G20-Forum der Staats- und Regierungschef hatte sich, als es 2008 in der tiefsten Finanz- und Wirtschaftskrise aus der Taufe gehoben wurde, einige Grundsätze: "Wir sind entschlossen, unsere Kooperation zu vertiefen und zusammenzuarbeiten, um das globale Wachstum wiederherzustellen und die notwendigen Reformen im Welt-Finanzsystem vorzunehmen", formulierten die G20-Staats und Regierungschefs in Washington Mitte November 2008.

Gastgeber dieses ersten G20-Gipfels war Trumps Vor-Vorgänger George Bush. Die Staatenführer verabschiedeten als Teil ihres Kommuniques ein Kapitel mit der Überschrift "Bekenntnis zu einer offenen Weltwirtschaft". Darin werden die "entscheidende Bedeutung" des Kampfes gegen den Protektionismus unterstrichen und die Länder davor gewarnt, sich in Zeiten der Krise auf sich selbst zurückzuziehen. Und nicht einmal ein halbes Jahr später, vor dem zweiten G20-Gipfel in London, kündigte der damals neu gewählte US-Präsident Barack Obama an: "Die Vereinigten Staaten sind bereit, die Führung zu übernehmen." Für seinen Nachfolger im Oval Office gilt das alles aber ausdrücklich nicht mehr.

Doch es ist nicht nur Trump, der die G20-Gruppe stetig schwächt. Auch in anderen Mitgliedsstaaten ist eine national ausgerichtete Politik im Vormarsch, was die Konsensfindung auf internationaler Ebene immer schwieriger macht.

So streiten die Europäer mit dem Vereinigten Königreich über den Brexit und mit den Italienern über ihre Haushaltspolitik. Im aufstrebenden Brasilien hat die Präsidentenwahl einen straff nationalen Sieger hervorgebracht. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, ebenfalls einer der Gäste in Buenos Aires, gilt nicht als Verfechter des Multilateralismus. Abseits dessen verfolgt das Schwergewicht China trotz einiger Öffnungsschritte konsequent seine eigene Agenda: mit staatlichen Subventionen in absehbarer Zeit Wirtschaftsmacht Nummer 1 zu werden.

Für die G20 bedeutet das: Die Gräben werden immer tiefer, Konsens immer schwieriger. Trotzig merkte ein G20-Finanzminister kürzlich an: "Wir werden dennoch weitermachen. Denn was ist die Alternative. Man muss doch zumindest im Gespräch bleiben".

rtr