Die vielen Proteste großer Teile der Bevölkerung Hongkongs gegen den zunehmenden Einfluss der diktatorisch geführten Volksrepublik China haben das Augenmerk auf die Tatsache gerichtet, dass die Sonderverwaltungszone noch bis 2047 einen rechtlichen Sonderstatus genießt. Der gilt auch für steuerrechtliche Fragen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, das China das Recht einräumt, von deutschen Anlegern mit Dividendenerträgen eine Quellensteuer von zehn Prozent zu kassieren. Für Hongkong, die einstige Kronkolonie Großbritanniens, gilt dieses Abkommen aber zumindest bis zum Jahr 2046 nicht. Hongkong regiert bislang auch in Steuersachen autonom und erhebt auf Dividenden von genuinen Hongkong-Aktien überhaupt keine Quellensteuer.

An der Börse von Hongkong werden allerdings auch viele Bluechips gehandelt, die ihren Firmensitz ­eigentlich auf dem Festland haben, also in der Volksrepublik. Sie werden in drei ­Kategorien eingeteilt: A-, B- und H-Aktien. Die weitaus größte Gruppe umfasst A-Aktien, die an den Börsen Shanghai und Shenzhen in der chinesischen Währung Renminbi gehandelt werden.

Das sind Unternehmen mit Sitz und Geschäftstätigkeit auf dem Festland. Für ausländische Anleger ist diese Aktienkategorie erst seit wenigen Jahren überhaupt zugänglich. Die zweite Kategorie, B-Aktien, ist vom Handelsvolumen her unbedeutend - diese Aktien werden in ausländischer Währung wie US-Dollar oder Hongkong-Dollar ebenfalls in Shanghai und Shenzhen gehandelt.

Vier verschiedene Aktienkategorien


H-Aktien sind für deutsche Investoren am besten geeignet - das "H" steht für Hongkong. Diese insgesamt 200 Firmen haben ihren Sitz in der Volksrepublik, aber ihre Papiere dürfen von Chinesen nicht gekauft werden. Wegen ihrer Notierung in Hongkong werden diese Papiere in Hongkong-Dollar gehandelt. Unter den H-Aktien notieren viele Bluechips wie China Mobile, Petrochina, China Construction Bank, Bank of Communications, Tsingtao Brewery und China Life. Obwohl die Papiere in Hongkong erworben wurden, handelt es sich bei H-Aktien doch um Aktien aus der Volksrepublik. Deshalb fällt in jedem Fall für deutsche Anleger auch chinesische Quellensteuer auf die Dividende an.

Es gibt noch eine vierte Kategorie - echte Hongkong-Aktien, wie den Immobilienentwickler Henderson Land, die Hongkonger Börse HKEX Group oder den U-Bahn-Betreiber MTR. Auf deren Dividenden wird keine Quellensteuer erhoben.

Fällt chinesische Quellensteuer an, ist das zwar ärgerlich, sie wird aber von der inländischen Depotbank automatisch auf die deutsche Abgeltungsteuer von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer angerechnet. Hat ein deutscher Anleger seinen Sparerpauschbetrag bereits ausgeschöpft, zahlt er also auf seine Dividenden nur noch die verbleibenden 15 Prozent deutsche Abgel­tungsteuer plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.

Nur Anleger, die insgesamt Erträge unterhalb des Sparerpauschbetrags erwirtschaften, gucken bei dem System mit ihren Direktinvestments in die Röhre. Da sie dem deutschen Fiskus keine Abgaben schulden, läuft auch die Steueranrechnung aus ­China ins Leere. Kleinsparer bleiben auf dem zehnprozentigen Quellensteuerabzug sitzen.

ETF hilft Quellensteuer vermeiden


Tipp: Wer trotzdem in die wichtigsten Unternehmen Chinas investieren will, greift besser zu einem ETF auf den Hang Seng China Enterprises Index, beispielsweise den Lyxor China Enterprise (HSCEI) UCITS ETF (WKN: LYX 011). Damit umgeht man das Quellensteuerproblem. Anleger mit China-Aktien in ­einem Auslandsdepot und deutschem Wohnsitz müssen ihre ausländischen Kapitalerträge über die jährliche Einkommensteuererklärung nachdeklarieren, damit das Finanzamt über den Steuerbescheid die fällige Abgeltungsteuer nachberechnen kann. Bei der Gelegenheit kann man auch eine bisher noch nicht verrechnete chinesische Quellensteuer über die Anlage KAP (Seite 2, Zeile 52) verrechnen.