Hotel-Immobilien Anleger entdecken die Branche gerade neu. Großinvestoren beteiligen sich derzeit verstärkt an Hotel-Projektentwicklungen. Aktien und Geschlossene Fonds sind die Anlagealternativen für alle. Von Stefan Rullkötter
Direkte Buchbarkeit von Zimmern im Internet, responsive Websites und integriertes Online-Gästemanagement: Die Digitalisierung macht auch vor der Hotelbranche nicht halt. Mit diesem Trend verknüpfen 90 Prozent der Betriebe neue Wachstumschancen für ihre "Bed, Breakfast & more"-Geschäftsmodelle, so das "Hotel Investment Barometer Herbst 2016", das vom Fachmagazin "Hospitality Inside" und Union Investment aktuell ermittelt wurde.Eine Entwicklung, die Hotelimmobilien für Investoren immer attraktiver macht. Die Herbergen spielen beim gewerblichen Immobilen-Transaktionsvolumen mit derzeit neun Prozent immer noch eine eher untergeordnete Rolle, ihr Anteil am Gesamtmarkt hat sich seit 2007 aber mehr als vervierfacht. Viele Institutionelle legen zudem zurzeit erstmals Kapital in Hotels an. Bezogen auf das Transaktionsvolumen stellen sie aktuell zwei Drittel der gesamten Käufer.
London, Paris, München
In Europa führt London die Liste der Hotel-Deals mit einem Transaktionsvolumen von zuletzt 9,6 Milliarden Euro pro Jahr deutlich vor Paris und München an. "Investoren sehen sich wegen der wachsenden Nachfrage zunehmend mit leergefegten Märkten konfrontiert", sagt Thorsten Faasch vom Immobiliendienstleister JLL Hotels & Hospitality Group.
Folge: Die Zahl der Einzeltransaktionen steigt stetig, während der Verkauf von Hotelportfolios gegenwärtig eher Seltenheitswert hat.
Ein Ausweg aus dem zunehmend knapper werdenden Bestandsangebot: Die Großinvestoren beteiligen sich über sogenannte Forward Deals an Projektentwicklungen. Dabei verpflichtet sich der Verkäufer, ein schlüsselfertiges Gebäude zum Festpreis zu errichten. Er übernimmt Planung, Bau und Koordinierung einschließlich der Kosten. Der Käufer trägt das Marktpreis- und das Insolvenzrisiko.
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Hoffnung auf hohe Renditen
Die durchschnittliche Renditeerwartung der Hotelinvestoren liegt für Gesamteuropa nach einer JLL-Umfrage bei 7,2 Prozent pro Jahr - und damit deutlich über den Prognosen für die Metropolen hierzulande. Der Hotelstandort München rangiert mit 6,4 Prozent am unteren Ende der erhofften Rendite für deutsche Großstädte.
Angesichts der zuletzt stark gestiegenen Immobilienpreise in der bayerischen Landeshauptstadt ist das allerdings immer noch eine ambitionierte Kalkulation. Bei den bevorzugten Hotelstandorten dominieren europaweit die A-Metropolen mit zwei Drittel Marktanteil. Der Rest entfällt überwiegend auf B-Städte - C-Standorte sind für Investoren häufig unattraktiv.
Dieser Trend bestätigt sich auch in Deutschland: 54 Prozent des Hotel-Transaktionsvolumens entfielen im ersten Halbjahr 2016 auf die sieben größten Städte. Das Transaktionsvolumen von 4-Sterne-Hotels lag in diesem Zeitraum hierzulande bei 1,14 Milliarden Euro und damit um 20 Prozent höher als im Vorjahr. Bei den 3-Sterne-Herbergen gab es mit insgesamt 570 Millionen Euro eine Steigerung von 28 Prozent im Vergleich zu 2015.
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Gehobene Hotels mit viel Potenzial
"Der Investmentmarkt von 3- und 4-Sterne-Hotels bietet noch viel Potenzial - insbesondere im ,Food and Beverage‘-Bereich", meint Tina Froböse, Managing Partner der Hotel-Beratungsgesellschaft BBG-Consulting. "Die Technik wird aber entscheidend für den zukünftigen Erfolg eines Hotels sein - erforderlich sind ein maßgeschneidertes Konzept mit Blick auf den jeweiligen Standort und die richtige Zielgruppenansprache." "Für die Zukunft erwarten wir deutlich mehr Kapital asiatischer Investoren auf dem europäischen und damit auch auf dem deutschen Hotelmarkt", ergänzt Experte Faasch.
Zudem haben Private-Equity-Kapitalgeber auf der Suche nach risikoaversen Immobilientransaktionen Hotels neu entdeckt. Ihnen gefällt, dass aufseiten der Betreiber eine Konsolidierung der immer noch stark fragmentierten Hotelindustrie unvermeidbar ist.
Immer mehr institutionelle Investoren erwerben auch deshalb Hotels auf Basis von "Sandwichstrukturen" mit Franchisenehmern - bis Ende September wurden bereits 41 Prozent (rund 530 Millionen Euro) aller von Institutionen erworbenen Einzeltransaktionen auf Basis einer solchen Struktur gekauft.
Generell bleiben Ausländer Anhänger von Portfoliotransaktionen, während bei den Einzeldeals deutlich mehr deutsche Investoren als Käufer auftreten, so zuletzt auch die Deutsche Fondsvermögen (siehe Seite 5).
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Nicht Herr im eigenen Haus
Die Grundsätze für Hoteldirektinvestments gelten auch für börsennotierte Hotelketten. In vielen Fällen sind Unternehmen aber nur Mieter der von ihnen bewirtschafteten Objekte und ziehen Gewinne nur aus dem laufenden Hotelbetrieb.
Accor Hotels hat dagegen noch beträchtliche Immobilienvermögenswerte in der Konzernschublade, die nur angesichts der latenten weltweiten Terrorgefahr und des zurückhaltenden Buchungsverhaltens derzeit etwas verblassen.
Die Sharing-Economy, etwa der Online-Zimmervermittler Airbnb, ist dagegen für die Hotelbranche der neue Erzfeind. Accor will die Emporkömmlinge mit ihren eigenen Waffen schlagen - und übernahm aus dem Grund im April für 148 Millionen Euro das Start-up "One-finestay", das Luxusprivatwohnungen im Netz vermittelt.
Bei der Hyatt-Aktie, die bereits in der BÖRSE ONLINE-Ausgabe 15/2016 empfohlen wurde, ziehen wir Ziel- und Stoppkurs nach.
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Anlagealternative: Roomservice
Die Deutsche Fondsvermögen AG (DFV) bringt voraussichtlich Ende des Jahres den ersten alternativen Investmentfonds für Hotels in den Vertrieb. Die Schwestergesellschaft des Pflegeimmobilien-Konzerns Immac AG hat ein Wellness- und Tagungshotel in Weinheim zwischen Frankfurt und Mannheim gekauft. Der Frankfurter Flughafen ist in 40 Minuten zu erreichen.
Bei dieser unternehmerischen Beteiligung werden Investoren zu Kommanditisten, die bis zur Höhe ihrer Kapitaleinlage haften. Der Pachtvertrag mit der NH Gruppe läuft 15 Jahre und bringt Jahreseinnahmen von anfänglich 1,12 Millionen Euro. Auf der Basis liegt der Kaufpreisfaktor für das 1991 errichtete und inzwischen revitalisierte Business-Hotel bei 14,56.
Renditeprognosen können erst nach Vorliegen der Bafin-Gestattung veröffentlicht werden, dürften sich aber um vier Prozent pro Jahr bewegen.