Die Beteiligungsfirma Aurelius ist dynamisch unterwegs: Im Jahr 2022 gab es bereits zahlreiche Akquisitionen und Investments. Im Interview mit BÖRSE ONLINE spricht CEO Matthias Täubl über die weitere Entwicklung im laufenden Jahr, den gelungenen Exit der Beteiligung AKAD University und potenzielle Verkaufserlöse im mittleren bis oberen dreistelligen Millionenbereich. Der Österreicher erläutert zudem, warum der Ausblick besonderer Vorsicht bedarf, er aber dennoch sehr zuversichtlich in die Zukunft blickt.
Börse Online: In den ersten Monaten 2022 waren Sie sehr aktiv auf der Kaufseite. Aurelius hat bereits fünf Add-on-Akquisitionen und drei weitere Co-Investments vermeldet. Wird sich die Transaktionsdynamik im weiteren Jahresverlauf fortsetzen?
Matthias Täubl: Wir sehen weiterhin Chancen auf der Akquisitionsseite. Eben dies ist eine direkte Folge des Marktumfelds. Größere Unternehmen sind offen für Carve-out-Transaktionen und trennen sich aktuell eher von Randbereichen, die nicht mehr zum eigentlichen Kerngeschäft gehören. Uns als langjährige Experten für derart gelagerte Sondersituationen kommt diese Entwicklung zugute.
Börse Online: Als Meilenstein kann man sicherlich die Übernahme des britischen Geschäftsbereichs der McKesson Corporation bezeichnen. Welche Bedeutung hat diese Transaktion für Aurelius?
Täubl: Mit der Transaktion des britischen Geschäftsbereichs der McKesson Corporation gelang uns einerseits der größte Zukauf der Firmengeschichte. Andererseits belegt die Transaktion, dass wir in der Co-Investmentstruktur nun auch in der Champions League erste Erfolge feiern können.
Börse Online: Welche Rolle spielen die zahlreichen Add-on-Transaktionen in Ihrer Strategie?
Täubl: Hierbei ist ein Blick auf den Kern unserer Strategie wichtig: Wir setzen auf die Expertise unseres erfahrenen Operations-Teams mit rund 100 Kolleginnen und Kollegen. Damit geht Aurelius von Beginn an einen engen Schulterschluss mit unseren Portfolio-Unternehmen ein. Wir bauen Unternehmen auf, helfen Visionen voranzutreiben - auch über strategische Zukäufe, sogenannte Add-ons. Unser Plattforminvestment European Imaging Group ist hierfür ein geeignetes Beispiel: In den vergangenen Jahren haben wir aktiv daran gearbeitet, die Position des Unternehmens als führender pan-europäischer Foto- und Video-Spezialist im Multichannel-Einzelhandel zu stärken. Die kürzlichen Übernahmen von cameraNU.nl und Cyfrowe.pl markierten dabei einen weiteren Meilenstein für die Expansion in weitere europäische Märkte.
Börse Online: Sie verfügen über liquide Mittel von 220 Millionen Euro. Welche Summe davon steht potenziell für Zukäufe zur Verfügung?
Täubl: Bei den liquiden Mitteln sind die Abflüsse im ersten Quartal 2022 in Höhe von circa 70 Millionen Euro für Akquisitionen und mehr als zehn Millionen Euro aus dem weiterhin aktiven Aktienrückkaufprogramm bereits berücksichtigt. Dies zeigt auch, dass wir stabil auf dem Feld stehen und kurzfristig reagieren können. Für kommende M & A-Aktivitäten haben wir mehr als 180 Millionen Euro an Firepower zur Verfügung. Wir prüfen kontinuierlich verschiedenste Opportunitäten - natürlich immer auch abhängig vom aktuellen Marktumfeld. Mit unserem starken Rückgrat und der Co-Investmentstruktur im Hintergrund sind wir bestens gerüstet, Chancen dann zu ergreifen, wenn wir sie identifizieren.
Börse Online: Im ersten Quartal 2022 sind Umsatz und Gewinn gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgegangen. Woran lag das?
Täubl: Operativ sind unsere Portfoliounternehmen gewachsen. Das zeigt der Wert des annualisierten Konzernumsatzes von rund drei Milliarden Euro im ersten Quartal 2022. Der Umsatzrückgang auf Konzernebene steht vor allem im Zusammenhang mit dem Verkauf von Office Depot Europe im vierten Quartal 2021. Der moderate Rückgang beim operativen Ergebnis resultiert im Wesentlichen aus den erhöhten Aufwendungen im Zusammenhang mit getätigten Transaktionen, sowohl auf der Kauf- als auch auf der Exit-Seite. Zuversichtlich stimmt uns, dass es uns in diesem herausfordernden Umfeld gelungen ist, den NAV je Aktie im ersten Quartal von 35,26 Euro auf 36,11 Euro zu steigern.
Börse Online: Woher kommt der Zugewinn?
Täubl: Im Wesentlichen daher, dass wir unser Portfolio robust durch die krisenhafte Zeit steuern konnten. Wir haben mittlerweile eine Vielzahl von sehr profitablen Zugpferden in der Gruppe. Und auch die neu hinzugekommenen Unternehmen entwickeln sich durchwegs erfreulich.
Börse Online: Inwiefern sind die Co-Investments wie McKesson bereits beim NAV berücksichtigt?
Täubl: Die Co-Investments sind zum 30. März in der NAV-Berechnung in einer Größenordnung von 26,9 Millionen Euro berücksichtigt. Zu beachten ist, dass diese Investments separat ausgewiesen sind, da es sich um Minderheitsbeteiligungen handelt. Erstmalig sind darin die Werte von Advanced Power Solutions und Enerveo zum Fair Value sowie Minova zum Kaufpreis berücksichtigt. Weitere Co-Investments, McKesson oder CTD, finden aufgrund der Stichtagsbetrachtung im zweiten Quartal Berücksichtigung.
Börse Online: Bei welchen Beteiligungen erwarten Sie im laufenden Jahr operativ die größten Fortschritte?
Täubl: Ein Ausblick in das laufende Geschäftsjahr bedarf besonderer Vorsicht. Wir müssen grundsätzlich weiter wachsam bleiben, da das Umfeld nach wie vor von einer hohen makroökonomischen Unsicherheit geprägt ist. Zuversichtlich sind wir dennoch. Aufgrund der intensiven Einbindung unserer Operationsexperten tragen wir zu Wachstum, aber auch Gefahrenabwehr bei unserem Portfolio bei. Besonders gut haben sich im ersten Quartal 2022 unsere Beteiligungen Distrelec, Moveero, Silvan, VAG und Zentia entwickelt.
Börse Online: Was sind aktuell die größten Risiken für Aurelius?
Täubl: Wir prüfen Szenarien mit verschiedenen Risikoprofilen kontinuierlich und sehen uns dabei den gleichen Herausforderungen gegenüber wie auch andere Akteure im Markt. Entsprechend blicken wir wachsam auf die angespannten Rohstoffmärkte und beobachten die gestressten Lieferketten, um Verwerfungen zu antizipieren und strategisch erfolgreich zu reagieren.
Börse Online: Mit dem Verkauf der AKAD University ist Ihnen ein erfolgreicher Exit gelungen. Können Ihre Aktionäre in den nächsten Quartalen weitere Verkäufe erwarten?
Täubl: Der erfolgreiche Verkauf von AKAD, der deutlich oberhalb des NAV-Ansatzes erfolgte, unterstreicht das Potenzial unseres Geschäftsmodells. Zugleich hat er gezeigt, dass wir stille Reserven im Portfolio haben. Mit Blick auf unsere Beteiligung sehen wir aktuell acht bis neun weitere Kandidaten für Exits in den nächsten 18 bis 24 Monaten mit potenziellen Verkaufserlösen im mittleren bis oberen dreistelligen Millionenbereich. Wir spüren die Nachfrage, einige Prozesse sind bereits angestoßen. Jedoch haben wir die gesamte Marktsituation sorgfältig im Blick und lassen uns nicht zu kurzfristigen Handlungen hinreißen. Bis Ende des Jahres erwarten wir eine weitere Entspannung des Umfelds und entsprechend auch eine hohe Dynamik im M & A-Markt.
Börse Online: Warum sollten Anleger Ihrer Meinung nach die Aktie von Aurelius jetzt kaufen?
Täubl: Der NAV je Aktie liegt gut 50 Prozent über dem aktuellen Kurs, die Kursziele von Analysten teils sogar deutlich darüber. Zudem weist unser Papier auf Basis der geplanten Ausschüttung von 1,50 Euro je Aktie eine Dividendenrendite von rund sechs Prozent auf. Im November 2021 hatten wir zudem ein weiteres Aktienrückkaufprogramm im Umfang von einer Million Aktien gestartet. Ende Mai 2022 haben wir dieses Programm bereits voll ausgeschöpft und damit erfolgreich beendet. Auch dies dient unserem stetig verfolgten Ziel, den Shareholder Value weiter auszubauen. Für Investoren gibt es derzeit also viele gute Gründe für den Kauf unserer Aktie.
Börse Online: Herr Täubl, vielen Dank für das Interview.
Interview: Lars Winter
Matthias Täubl: Der Firmenchef von Aurelius ist seit 2008 im Unternehmen. Der Österreicher war zuvor unter anderem für Knorr-Bremse tätig