Der Mann habe die Vorwürfe "umfassend eingeräumt" und über eigene Straftaten hinaus Aufklärungshilfe geleistet, sagte Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk. Bundesinnenminister Horst Seehofer lobte, die Behörden hätten "sehr rasch, sehr effizient, sehr gut und rund um die Uhr gehandelt". Zugleich kündigte er verschärfte Maßnahmen zur Cybersicherheit an.

Der Verdächtige sei mangels Haftgründen am Montagabend wieder auf freien Fuß gesetzt worden, sagte Ungefuk. Es bestehe keine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr. Bei der Vernehmung habe der Mann erklärt, allein gehandelt zu haben. Auch BKA-Chef Holger Münch sagte, man gehe von einem Einzeltäter aus. Hinweise auf eine rechtsextreme Verstrickung des Täters gebe es nicht. Laut Seehofer muss aber noch ausgeleuchtet werden, warum bislang kein AfD-Politiker von den Leaks betroffen ist.

Zu seiner Motivation habe der Beschuldigte angegeben, aus Verärgerung über öffentliche Äußerungen der betroffenen Politiker, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens gehandelt zu haben, sagte Ungefuk. Zur abschließenden Klärung müssten noch Computer und Datenträger ausgewertet werden. Bei Twitter benutzte der Verdächtige die Accountnamen "G0d" und "0rbit". Der junge Mann lebt den Angaben zufolge noch bei den Eltern und geht zur Schule. Er habe keine computerspezifische Ausbildung, sondern habe sich die Kenntnisse über die Jahre selbst angeeignet.

SEEHOFER: ABSOLUTE SICHERHEIT KANN ES NICHT GEBEN



In den vergangenen Wochen war eine große Anzahl von persönlichen Daten und Dokumenten im Internet veröffentlicht worden. Betroffen sind mehr als 1000 in der Öffentlichkeit stehende Personen wie Politiker, Journalisten, Künstler und Mandatsträger. Laut dem Chef des Bundesamts für IT-Sicherheit (BSI), Arne Schönbohm, sind 994 aktive oder ehemalige Politiker darunter. Von 878 Personen seien die Telefonnummern, die Anschrift oder die E-Mailadresse, von 116 Personen auch Dokumente online gestellt worden. Laut Staatsanwalt Ungefuk befinden sich darunter etwa Kreditkartendaten, Fotos und Kommunikation.

Laut Münch war der bislang nicht vorbestrafte Tatverdächtige den Ermittlern bereits am Sonntag bekannt und damit schon rund 48 Stunden nach Aufnahme der Ermittlungen. Vor zwei Jahren sei er wegen einer ähnlichen Tat aufgefallen.

Ins Rollen kam die Aktion laut Münch und Seehofer durch einen Anruf aus dem Büro von SPD-Chefin Andrea Nahles. Deren Mitarbeiter hätten am Donnerstag gegen 22.40 Uhr dem Lagezentrum des BKA gemeldet, dass offenbar Daten abflössen und Nummern angerufen würden, die eigentlich nicht bekannt sein dürften.

Seehofer sagte, der Fall sei schmerzhaft für die Betroffenen, es ergebe sich daraus aber "keine Änderung der Sicherheitslage im Grundsatz". Es werde wohl nicht gelingen, die Verbreitung der Daten vollständig zu unterbinden, da Dritte sie erneut an beliebigen Stellen veröffentlichen könnten. Auch laut Schönbohm werden die Daten wohl auf absehbare Zeit im Internet verfügbar sein.

Seehofer unterstrich, absolute Sicherheit könne gerade im Cyberbereich nicht versprochen werden. Es müsse aber dafür gesorgt werden, ein "höchstmögliches Maß" an Sicherheit zu schaffen. Geprüft wird nach Angaben des CSU-Politikers etwa ein Frühwarnsystem zum Schutz vor Datenabfluss, wie zum Beispiel die Sperrung einer Twitteraccounts, der illegal Daten Dritter verbreite. Zudem sollten die Bürger verstärkt auf die Gefahren im Netz hingewiesen werden.

Seehofer kündigte an, er werde in der ersten Jahreshälfte den Entwurf für ein "IT-Sicherheitsgesetz 2.0" vorlegen. Es solle ein einheitliches IT-Sicherheitskennzeichen für Geräte wie beispielsweise Router vorstehen. Zudem solle der Verbraucherschutz als zusätzliche Aufgabe des BSI gesetzlich etabliert werden. Die Befugnisse der Behörde zum Schutz der Bundesverwaltung und der Gesellschaft sollten ausgeweitet werden. Bislang ist sie nur für den Schutz der Regierungsnetze zuständig. Zudem will Seehofer das Cyberabwehrzentrum fortentwickeln und hier die Länder ins Boot holen. Er wolle hier rund um die Uhr eine "einsatzfähige Crew" haben.

rtr