Beide sind über die Grenzen Berlins hinaus kaum bekannt. Der 41-jährige, in Hildesheim geborene Stöß ist Verwaltungsrichter. Seit Juni 2012 ist der Zwei-Meter-Mann Berliner Parteichef. In den Sattel des Parteivorsitzes verhalf dem damaligen Sprecher der Parteilinken sein damaliger Verbündeter Saleh. Der 37-Jährige ist im palästinensischen Westjordanland geboren und in Berlin aufgewachsen. Nach einem abgebrochenen Medizinstudium war er leitender Angestellter eines Fastfood-Unternehmens und gründete dann ein Online-Druckereinetzwerk. Seit Dezember 2011 ist er Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus.
Auf Seite 2: STÖSS IM FRÜHJAHR VORLÄUFIGER SIEGER
STÖSS IM FRÜHJAHR VORLÄUFIGER SIEGER
Im Sommer 2012 hatten Stöß und Saleh ihre Kräfte noch gebündelt: Gemeinsam stürzten sie den langjährigen Parteichef Müller, der lange als Kronprinz von Wowereit galt. Ob Müller nun seinen Hut in den Ring werfen wird, blieb am Dienstag zunächst offen. Er sammelte zuletzt Punkte als Bausenator.
Es ist kaum vier Monate her, dass sich Saleh als erster Anwärter auf Wowereits Nachfolge in Stellung bringen wollte. Es kam zum vorläufigen Höhepunkt des Machtkampfes in der Partei - mit einem vorläufigen Sieger Stöß. Es war vor Ostern, als die Kreisverbände gerade ihre Delegierten für den Landesparteitag wählten. Plötzlich hieß es, Saleh sammele seine Truppen, um Stöß als Parteichef abzulösen. Saleh äußerte sich in den Osterferien nicht dazu, ließ die Debatte aber laufen - und sagte erst zwei Wochen vor dem Parteitag, dass er nicht antrete. Stöß habe "noch mal zwei Jahre Zeit, die Partei zu einen und kampagnenfähig zu machen", erklärte Saleh. "Er hat meine volle Unterstützung."
Ohne Saleh beim Namen zu nennen, schrieb Stöß per Twitter: "Manche denken wohl wie Schalke-Legende Rolf Rüssmann: 'Wenn wir nicht gewinnen können, treten wir wenigstens den Rasen kaputt'."
Stöß ging als Sieger vom Feld. Eine Rolle spielte dabei, dass es Saleh in der Partei übelgenommen wurde, dass er die Debatte über einen möglichen Sturz des Parteichefs inmitten des Europa-Wahlkampfes angezettelt oder zumindest zugelassen hatte. Über den Rückhalt von Stöß und dessen Aussichten auf die Nachfolge Wowereits sagt das wenig: Auf dem Parteitag bekam er nur knapp 69 Prozent der Delegierten-Stimmen, obwohl er alleine antrat.
Auf Seite 3: SALEH KÜNDIGT KANDIDATUR AN
SALEH KÜNDIGT KANDIDATUR AN
"Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen für meine Heimat Berlin." Mit diesen Worten warf Saleh am Dienstag seinen Hut in den Ring, als die SPD-Landesspitze zu einer Sondersitzung zusammentrat. Saleh ist kein Mitglied des Vorstandes. In Parteikreisen wurde erwartet, dass sich am Abend nach der Gremiensitzng auch Stöß zur Kandidatur bereiterklären würde. Der Landesvorstand werde keine Empfehlung für eine Person abgeben, aber wohl die Weichen für eine Mitgliederentscheidung stellen.
Neuwahlen dürften für die SPD keine Alternative sein. In den Umfragen ist sie weit hinter die CDU zurückgefallen. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 war sie mit 28,3 Prozent noch klar stärkste Kraft geworden. In einer Forsa-Umfrage für die "Berliner Zeitung" von Ende Juli lagen SPD und Grüne indes mit 21 Prozent gleichauf, während die CDU auf 28 Prozent kam.
Wowereit machte keinen Hehl aus seiner Verärgerung, dass seit Monaten über seine Nachfolge gestritten wird. Die von der SPD mitbeförderte Diskussion bringe "wenig Nutzen für meine Partei, aber viel Schaden für eine effektive Regierungsarbeit". Er wollte sich nicht in die Karten sehen lassen, wem er den Vorzug als Nachfolger im Roten Rathaus gäbe. Namentlich erwähnte er nur Saleh: "Ich danke meiner Fraktion und ihrem Vorsitzenden Saleh für die Loyalität." Nachfragen von Journalisten, ob er damit eine Präferenz für Saleh äußern wolle, beschied Wowereit mit einem Lächeln: "Das sind jetzt Ihre Spekulationen."
Reuters