"Es kam zu erheblichen Verzögerungen." Im untersuchten Zeitraum von 2016 bis 2018 seien keine angemessenen Nachweise des in Aschheim bei München ansässigen Unternehmens für angeblich vorhandene Zahlungseingänge und Kontoguthaben im Asiengeschäft erbracht worden. "Wir wollten die Daten analysieren, konnten es aber nicht", so Geschonneck. Auch ein Besuch vor Ort in der philippinischen Hauptstadt Manila habe im März 2020 keine weiteren Erkenntnisse gebracht. "Wir haben uns gewundert." Zahlen seien nicht erhältlich gewesen.

KPMG wurde im Herbst 2019 vom Wirecard-Aufsichtsrat mit dem Sondergutachten beauftragt, weil damals bereits zahlreiche Vorwürfe in Medien zu Bilanzunregelmäßigkeiten erhoben wurden. KPMG legte seinen kritischen Bericht dann Ende April 2020 vor - "nach erheblichen Hürden und Hindernissen von Wirecard", ergänzte Geschonneck. Im Juni rutschte der einstige Dax-Konzern in die Pleite, als die Luftbuchungen endgültig öffentlich wurden.

Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft Ex-Chef Markus Braun und weiteren Wirecard-Managern gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation vor. Das Unternehmen soll sich jahrelang schöngerechnet und damit Anlegern und Banken Milliardenschäden zugefügt haben.

WIRECARD-ABSCHLUSSPRÜFER EY UNTER DRUCK


Der Untersuchungsausschuss des Bundestages hat laut SPD-Politiker Jens Zimmermann zahlreiche Dokumente von KPMG erhalten. Der eigentliche Wirecard-Bilanzprüfer EY (Ernst & Young) habe bis zum April 2020 an die Existenz von Wirecard-Treuhandkonten im Umfang von 1,9 Milliarden Euro geglaubt, die in der Bilanz fehlen. "Das suggerieren zumindest Unterlagen, die wir gesichtet haben", so Zimmermann. KPMG müsse den Ruf der Branche retten.

Vor dem U-Ausschuss sollten am Donnerstag auch noch mehrere EY-Vertreter befragt werden. Das Unternehmen steht in der Kritik, weil es über Jahre die Wirecard-Bilanzen testiert hat. "Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten von Abschlussprüfern von EY im Fall Wirecard", sagte ein EY-Sprecher. "Jede andere Information wäre eine Falschinformation und würde einer massiven Rufschädigung gleichkommen."

EY hat nach Angaben mehrerer Abgeordneter im Vorfeld versucht, Aussagen ihrer Mitarbeiter im Bundestag zu verhindern. Der CSU-Politiker Hans Michelbach nannte dies ein unwürdiges Schauspiel: "EY-Vertreter dürfen sich keinen schlanken Fuß machen." Ähnlich äußerte sich Danyal Bayaz von den Grünen: EY komme regelmäßig an lukrative Aufträge des Staates, verweigere jetzt aber die Kooperation bei der Aufklärung des Skandals. "Das geht absolut nicht."

Auch die Aufsichtsbehörde APAS erhebt Vorwürfe gegen EY und hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München sagte, ein entsprechendes Schreiben der APAS liege den Strafverfolgern vor und es werde geprüft. Ein APAS-Sprecher ergänzte, die Untersuchungen zu Abschlussprüfungen bei Wirecard dauerten an. Zwischenstände würden aber nicht kommentiert. Ein Bundestagsabgeordneter sagte Reuters, die Dokumente lägen in der Geheimschutzstelle des Bundestags. Vonseiten der Generalstaatsanwaltschaft Berlin hieß es, es gebe keine Ermittlungen.

rtr