Der Deal ist geplatzt. Die Fluggesellschaft Lufthansa hatte nach der AirBerlin-Pleite die profitable Tochter Niki übernehmen wollen. Doch daraus wird nun nichts, die Kranich-Airline zog ihr Angebot zurück. Der Grund: Kartellrechtliche Zweifel der EU-Kommission. In Brüssel hatte man die Sorge, dass die Lufthansa durch den Kauf ein Monopol auf einigen Strecken haben könnte. "Die Lufthansa hätte durch den Niki-Kauf Wettbewerb vermeiden wollen," sagt Gerald Wissel, Flugexperte bei der Unternehmensberatung Airborne Consulting.

Die Lufthansa selbst habe nach eigenen Angaben umfangreiche Zusagen gemacht, habe insbesondere auf Slots verzichten wollen. Diese Zugeständnisse hätten nach Ansicht der EU-Kommission nicht ausgereicht. "Es war keine Überraschung für Lufthansa, dass wir den Plan kritisch gesehen haben," sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Donnerstag in Brüssel.

Die österreichische Niki meldete am Mittwochabend Insolvenz an. Der Flugbetrieb wurde eingestellt. Durch den Rückzug der Lufthansa hat die AirBerlin-Tochter kein Geld mehr. Denn der Dax-Konzern hatte Niki in Erwartung der Übernahme mit einer Brückenfinanzierung in zweistelliger Millionenhöhe unter die Arme gegriffen - das fällt nun weg.

"Kein Beinbruch"



Im Oktober hatte sich die Lufthansa zunächst mit AirBerlin darauf geeinigt, sowohl Niki, als auch die Regionalflugtochter LGW zu übernehmen. Preis: 210 Millionen Euro. An dem Kauf der LGW hält der Dax-Konzern weiter fest. Diese soll nur rund 18 Millionen Euro kosten. Die EU-Kommission gab bekannt, dass die Untersuchung der LGW-Übernahme noch laufe. Die Entscheidung soll bis zum 21. Dezember fallen. Die LGW will die Lufthansa in die Billigtochter Eurowings integrieren. "Dass die Lufthansa die 20 Flugzeuge von Niki nicht bekommt, ist kein Beinbruch," sagt Wolfgang Donie, Analyst bei der NordLB. Bereits bei der AirBerlin-Pleite kündigte Lufthansa an, die Eurowings-Flotte um 60 Flugzeuge aufzustocken und 3000 neue Mitarbeiter einzustellen.

Wenn nicht kurzfristig ein Käufer für Niki gefunden wird, kommen die wichtigen Start- und Landerechte, die sogenannten Slots, auf den Markt. "Lufthansa wird hier zuschlagen," erwartet Donie.

Die Slots werden nach einem festen EU-Schlüssel neu verteilt. Bei der Vergabe werden Airlines bevorzugt, die an dem jeweiligen Flughafen bereits präsent sind, bestimmte Strecken allerdings noch nicht bedienen. Danach kommen Fluggesellschaften, die am Airport noch nicht stationiert sind. An letzter Stelle steht eine Airline, die eine Strecke bereits bedient. Die Lufthansa kann sich Hoffnung auf Slots an Flughäfen wie Wien, Düsseldorf, Köln-Bonn, München und Palma de Mallorca machen.

Tarifvertrag angenommen



Der Streit zwischen der Lufthansa und den Piloten ist seit Mittwoch endgültig beendet. In einer Urabstimmung billigten die Mitglieder der Vereinigung Cockpit den umfassenden Konzern-Tarifvertrag. Bevor es zu der Einigung kam, hatte es insgesamt 14 Streikrunden gegeben.

Die Piloten bekommen zeitlich gestaffelte Gehaltserhöhungen von insgesamt 10,3 Prozent und eine Einmalzahlung von bis zu 1,8 Monatsgehältern. Im Gegenzug gehen die Flugzeugführer zwei Jahre später als bislang in den Vorruhestand und tragen das Zinsrisiko der Betriebsrenten selbst.

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Einschätzung der Redaktion



Die Lufthansa-Aktie hat auf den geplatzten Kauf von Niki am Donnerstag mit Kurssprüngen reagiert und ist zeitweise an die Dax-Spitze geklettert. Die Nachricht über das Ende des Tarifstreits gab dem Kurs am Nachmittag wieder Schub.

Durch die Pleite von AirBerlin und Niki schrumpft das Angebot an Flügen. Die Nachfrage aber bleibt gleich - die Preise steigen.

Die Lufthansa setzt jetzt auf Linienverbindungen mit gut zahlenden Geschäftsreisen. Wenn die Kranich-Airline diese von AirBerlin übernehmen kann, kann sie die Marktführerschaft in Deutschland weiter ausbauen.

Der geplatzte Niki-Deal ist für die Lufthansa keine Katastrophe. Die Kranich-Airline hätte mit Niki Marktanteile im Feriengeschäft gewonnen - wo die Margen schwach sind.

Die Lufthansa kann auch über seine Tochter Austrian Airlines (AUA) von der Niki-Pleite profitieren. Die AUA sucht derzeit Mitarbeiter, darunter 200 fertig ausgebildete Piloten und etwa 300 Flugbegleiter. Von der Niki-Insolvenz sind rund 1000 Mitarbeiter betroffen. Diese wurden nun von der AUA aufgerufen, sich zu bewerben.

Die Einigung mit den Piloten ist positiv für die Lufthansa. Nach Konzern-Angaben sollen dadurch die Personalkosten für Flugzeugführer um 15 Prozent sinken. Die Piloten-Gehälter sind einer der größten Kostenpunkte im Konzern. Durch die vorangegangenen Streiks ist das Vertrauen der Passagiere in die Lufthansa gesunken. Diese Gefahr ist vorerst gebannt, der Vertrag gilt bis Juni 2022. Und: Bei dem größten Konkurrenten der Lufthansa, dem irischen Billigflieger Ryanair sind über die Weihnachtsferien Streiks angekündigt.

Herausforderungen ergeben sich für die Lufthansa - wie für alle Airlines - durch die Abhängigkeit vom Ölpreis. Dieser ist derzeit mit rund 62 Dollar je Barrel der Nordseesorte Brent ziemlich niedrig, kann aber auch wieder steigen.

Charttechnisch ist das Papier vielversprechend. Das Rekordhoch bei 30,34 Euro von Anfang Dezember rückt wieder in greifbare Nähe. Durch die Impulse vom Donnerstag ist eine Jahresendrally durchaus möglich. Die Aktie ist in den vergangenen zwölf Monaten bereits gut gelaufen, seit Jahresbeginn steht ein Plus von 144 Prozent. Deshalb bleiben wir bei Halten.

Empfehlung: Halten.

Kursziel: 33 Euro

Stoppkurs: 26 Euro